» Texte / Arch, Architektúra & Urbanizmus und Projekt

Margot Fürtsch


»Die Fragen der Urbanität werden tagespolitisch nicht diskutiert.« Trotzdem gibt es drei slowakische Architekturzeitschriften. Über deren Inhalte sprach dérive mit Henrieta H. Moravèiková, Chefredakteurin von ARCH sowie Redakteurin bei Architektúra & Urbanizmus.
Das älteste Architekturmagazin am Markt ist projekt (www.archinet.sk). Die Plattform der slowakischen ArchitektInnenvereinigung existiert seit den 50er-Jahren. projekt ist »als Revue konzipiert: Alles was hier (in der Slowakei) auf dem Gebiet der Architektur geschieht, kann in projekt präsentiert werden.« Der unkritische Überblick über das aktuelle slowakische Baugeschehen erscheint monatlich.
In den 60er-Jahren begann die Akademie der Wissenschaften mit der Herausgabe von Architektúra & Urbanizmus (<http://nic.savba.sk/sav/ ustarch/Arch/>). Dieses historisch-theoretisch orientierte Magazin wird getragen von Matúš Dulla, Architekt und wichtigster Architekturkritiker der Slowakei. Die momentane Kernkompetenz des Magazins liegt in der Architektur des zwanzigsten Jahrhunderts. Architektúra & Urbanizmus erscheint zweimal im Jahr, Einfluss auf die ohnehin spärliche Architekturdebatte nimmt das Magazin nicht.
Nicht Alles kommt in ARCH (www.archnet.sk) hinein. ARCH trägt am ehesten zur Architekturdiskussion bei, und das monatlich. Es ist »die einzige aktive« Zeitschrift. Und auch die jüngste: als »ein Produkt der freien Marktwirtschaft« existiert das Magazin seit 1995.
Eine kontinuierliche Architekturdebatte zu führen, gestaltet sich aber schwierig: »ARCH ist auch nicht wirklich kritisch. Die Leute sind nicht vorbereitet auf eine kritische Diskussion. Kritik wird zu schnell zu persönlich genommen«, Konfrontationen geht man aus dem Weg.
Wurzeln für dieses Verhalten findet man vielleicht in der Starrheit des Systems: »Mit dem Ende der Ära des Sozialismus hat es auf der Ebene der Stadtplanung keine Innovation gegeben.« Stadtentwicklungskonzepte hinken den Plänen ausländischer Investoren nach. Die momentane Bautätigkeit in Bratislava »passiert zu schnell, praktisch im Wildwuchs, ausländisches Kapital ist tonangebend. Die Stadt hat kein geeignetes Instrument, dem entgegenzuwirken.«
Und auf den drei Architekturfakultäten »sitzen immer noch die selben Leute wie in den 80er-Jahren. In Prag ist das anders (dort wurden 1989 alle Lehrenden ausgetauscht), neue Leute sind gekommen. Vielleicht war es für manche zu revolutionär, aber es funktionierte. Hier ist es nicht so, niemand ist weggegangen. Die revolutionären Zeiten sind vorbei, jetzt muss man sich an die Regeln halten.«
ARCH konzentriert sich dennoch auf die Reflexion der eigenen Szene. »Auf die Sachen, die mit der europäischen Diskussion kompatibel sind und auf lokale Probleme, die mit der allgemeinen europäischen Diskussion zusammenhängen. Auch wenn wir noch nicht auf so einer Ebene sind, um wirklich in die Diskussion eingreifen zu können«. Mit diesem Anspruch grenzt ARCH die eigene Szene topografisch auf Bratislava und Umgebung ein: »Zeitgenössische Architektur passiert sozusagen ausschließlich hier. Außerhalb Bratislava passiert sehr wenig, und wenn, sind es die vom Ungarischen Regionalismus geprägten Architekturen, die von der Architekturfakultät in Košice vertreten werden.«
Ein Heft im Jahr ist der tschechischen Architektur gewidmet. So versucht ARCH der drohenden Trennung einer gemeinsamen Architekturdebatte entgegenzuwirken. »Gewollt hat man diese Trennung nicht. Aber die Kontakte sind nicht mehr so wie zu Zeiten der Tschechoslowakei, und die jüngere Generation steht praktisch in keinem Kontakt mit der tschechischen Szene. Wir sind einfach nicht mehr so verknüpft.«
Ein weiters Diskussionsproblem birgt die Sprache: Bei ARCH rückten an die Stelle der englischen Übersetzungen, die es anfangs von jedem Beitrag gab, vereinzelt kurze englische Resümees: »Aus ökonomischen Gründen«. projekt ist ausschließlich in slowakischer Sprache. Lediglich Architektúra & Urbanizmus ist mit ausführlichen englischsprachigen Zusammenfassungen zu haben: »Im historischen Bereich sind wir selbstbewusster.«


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