» Texte / Bidonvilles, Fischkistensiedlungen, Bretteldörfer

Andre Krammer

Andre Krammer ist selbstständiger Architekt und Urbanist in Wien.

Friedrich Hauer

ist Stadtforscher und Umwelthistoriker in Wien.


Die informelle Stadt ist in aller Munde. Gedacht wird dabei oft reflexartig an Favelas, Shantytowns, Barriadas – an die zahlreichen Slums des globalen Südens. Wir wollen mit dieser Ausgabe von dérive zeigen, dass informelle Siedlungen eine räumlich ausgreifende, bis heute vielfach präsente Realität der europäischen Stadt waren bzw. sind. Ihre Entwicklungsgeschichte ist in der Forschung unterrepräsentiert und tritt meist nur lokalhistorisch in Erscheinung. Dieser Umstand ist der sozialhistorischen wie urbanistischen Bedeutung informeller Siedlungen nicht angemessen.
Der vorliegende Schwerpunkt versammelt Anschauungsmaterial aus 100 Jahren informeller Stadtproduktion in Europa. Er beleuchtet neben ihren Ursachen verschiedene Formen des Umgangs mit dieser (wie Upgrading, Downgrading, Konsolidierungsprozesse, Räumungen etc.) und ihre Deutung. Der Fokus dieser Ausgabe von dérive liegt auf informellen Siedlungsstrukturen, die in Reaktion auf soziale und existentielle Not als Selbsthilfeprojekte entstanden sind. Es sind Entwicklungen, die weiter andauern: Roma-Siedlungen, Wagenplätze, Obdachlosigkeit oder informelle Flüchtlingslager existieren heute in Europa oft nur wenige Meter entfernt von Investorentürmen und den Quartieren der Wohlhabenden.
Auf die Vielschichtigkeit der Thematik ist dabei hinzuweisen: Informelle Raumproduktion kann auch von Partikularinteressen ökonomisch und sozial potenter AkteurInnen vorangetrieben werden – in Italien verdanken etwa unzählige Villen, Hotels und Spekulationsobjekte ihre Existenz der Abwesenheit einer gesellschaftlich als verbindlich angesehenen Raum- und Bauordnung.

Bretteldörfer – ein globales Phänomen zwischen Kritik und Romantisierung

Spätestens seit dem UN-Report The Challenge of Slums von 2003 wird Informalität nicht zuletzt als ein »Ausdruck struktureller Anpassungen an globale Marktkräfte« gesehen (Altvater 2005, S. 309). Die Zahlen der UN-Studie veranschaulichen, dass es sich bei der global rasch anwachsenden informellen Stadt an den Rändern der Metropolen keineswegs um eine vernachlässigbare Erscheinung handelt. 2003 lebte bereits jeder sechste Mensch weltweit – insgesamt eine Milliarde – in einer informellen Siedlung. Den US-amerikanischen Urbanisten Mike Davis motivierte der UN-Bericht zu vertiefenden Recherchen. In seinem Buch Planet of Slums (2006) belegt er Ausmaß und Zusammenhänge der weltweit rasant zunehmenden Elendsurbanisierung, insbesondere in den Metropolen des Südens. Davis sieht das Wachstum der informellen Stadt durch neoliberale Politik angestoßen – nicht zuletzt durch die berüchtigten IWF-Programme zur Strukturanpassung, die weite Bevölkerungsschichten ökonomisch und räumlich marginalisierten. Für viele, die massenhaft in die Städte strömen, wird die informelle Siedlung dabei von der Übergangs- zur Dauerlösung.
Neben der neomarxistischen Sichtweise Davis’, die den Planet der Slums als Krisensymptom des globalisierten Kapitalismus interpretiert, sind auch zahlreiche sich als pragmatisch verstehende Annäherungen an das Phänomen der informellen Raumproduktion zu verzeichnen. Diese eint die Vorstellung, das Informelle nach dem Motto Learning from... in zukünftige kapitalistische Stadtmodelle auf produktive Weise integrieren zu können. Prominente VertreterInnen dieses Ansatzes sind u.a. der holländische Stararchitekt Rem Koolhaas[1], der peruanische Ökonom Hernando de Soto[2] oder der britisch-kanadische Journalist Doug Saunders[3]. Der Selbstorganisation und der Improvisation wird dabei ein unternehmerisches Potenzial zugeschrieben, dass es mit dem neoliberalen Imperativ der Eigeninitiative kompatibel macht (Hagemann 2012, S. 76f.). Das Informelle wird zum »Experimentierfeld für die Untersuchung von Anpassungs- und Innovationsprozessen« erklärt (Brillembourg 2005, S. 302) bzw. en passant zur Keimzelle einer neuen »solidarischen Ökonomie« ausgerufen (Altvater 2005, S. 309). Diese teils offen affirmativen Zugänge tendieren dazu, Armut zu ästhetisieren und so einer Slum-Faszination, einem Favela-Chic und einem überwunden geglaubten kolonialen Gestus zu unterliegen (Krasny 2012, S. 23; Hagemann 2012, S. 73). Dabei bleibt die Rezeption des Informellen meist selektiv und tendenziell phänomenologisch verkürzt. So kann etwa das – an sich durchaus berechtigte – akademische Interesse an Formen des Selbstbaus die Tatsache verdecken, dass informelle Siedlungen auch Ausdruck von globalen wie lokalen Machtstrukturen, Marginalisierung und Ausbeutung sind (Hagemann 2012, S. 73f.). Auf der Berliner Weltkonferenz zur Zukunft der Städte URBAN 21 im Jahr 2000 wurden sogar bis dahin eher als ein Übel angesehene illegale Landbesetzungen als wirtschaftlicher Motor der Stadtentwicklung gefeiert (Becker 2003, S. 14) – und informelle Urbanisierung damit unter der Hand auch als eine Art Neoliberalismus von unten vereinnahmt.

Formell-informell

Die Stadtforscherin Anke Hagemann charakterisiert das Informelle als einen unscharfen, schillernden Sammelbegriff. Er leitet sich vom lateinischen informis ab, das übersetzt unförmig, formlos, aber auch unschön, hässlich, garstig bedeuten kann. Verschiedene, oft schwer voneinander zu trennende strukturalistische, ästhetische und moralische Perspektiven tönen da mit. Das Informelle beinhaltet immer eine Negation, bezieht sich stets auf etwas, das es selbst nicht ist.
Die informelle Stadt ist demnach nur in ihrem Verhältnis zur formalisierten, geordneten, konsolidierten Stadt versteh- und analysierbar. Bei der formellen und der informellen Stadt handelt es sich allerdings keineswegs um parallele Welten, etwa eine produktive und eine parasitäre Sphäre oder eine normierte und eine ungezwungene Lebenswelt, sondern um ökonomisch und sozial vielfach miteinander verflochtene Strukturen (Becker 2003, S. 13). Der postmoderne Slum ist – wie schon sein viktorianischer Vorfahre – in ein übergeordnetes sozioökonomisches Gesamtsystem eingebettet, auf dessen innere Mechanismen und Widersprüche er bezogen bleibt. Die realen Lebensbedingungen in der informellen Stadt, die nicht selten von Kriminalität, Armut, Krankheit, Immobilienspekulation und Ausbeutung geprägt sind, dürfen dabei nicht ausgeblendet werden. Insbesondere auf den ersten Blick positive Maßnahmen der Aufwertung, der Formalisierung und der Legalisierung sollten jedoch immer auch in Hinblick auf inhärente repressive Agenden analysiert werden: Was wird gegen den Anschluss an das kommunale Wasser- und Stromnetz, gegen den formellen Status etc. eingetauscht? Und wer profitiert davon?
Heute kann das Formelle nicht mehr vereinfachend mit einer Top-down-Planung, das Informelle nicht mit einer Raumproduktion Bottom-Up gleichgesetzt werden. Das Primat des Ökonomischen, das die unternehmerische Stadt[4] (Harvey 1989, S. 3-17) der Gegenwart prägt, hat längst zu einer Erosion hoheitlicher Zugriffsmöglichkeiten auf die Raumproduktion geführt. Stadtentwicklung ist heute bekanntlich oft nur die Summe von Einzelinteressen am Markt Konkurrierender. Auch die deregulierte unternehmerische Stadt basiert somit auf einer Form der Informalisierung, doch wird diese nicht von unten und für alle, sondern privatwirtschaftlich von oben und sehr selektiv vorangetrieben.

Europäische Ursprünge

Die räumliche Entwicklung der europäischen Stadt ist von spezifischen Ausgrenzungsmustern geprägt. Das moderne Armenviertel war nicht zuletzt eine zwangsläufige Begleiterscheinung der industriellen Revolution. Die Schlammviertel (Spiller 1911/2008) begleiten die moderne Großstadt gleichsam als ihr langer Modernisierungsschatten. Die Augen des Bürgertums nahmen sie häufig als gefährlichen Stadtdschungel wahr und sie riefen früh SozialreformerInnen[5] auf den Plan. Die Armen galten als gefährliche, zu Kriminalität und Unmoral neigende Masse (Evans 1997, S. 99). Hier wurde eine Tradition mitbegründet, die in die Agenden der Moderne im 20. Jahrhundert eingehen und diese mitprägen sollte: Die Vorstellung einer kausalen Verknüpfung von Raumdisposition und sozialen Verhältnissen.
Selbst der revolutionär gesinnte Flügel der sozialistischen ArbeiterInnenbewegung hatte allerdings seine Probleme mit dem inhomogenen Subproletariat, setzte man doch allein auf die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt. So heißt es bereits bei Marx und Engels im Kommunistischen Manifest von 1848: »Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft, wird durch eine proletarische Revolution stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebenslage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen.« (Marx, Engels 2007, S. 8)
Eine eigenwillige Verkehrung dieses Standpunkts findet sich 160 Jahre später bei dem Philosophen Slavoj Žižek, der die global wachsende Menge an SlumbewohnerInnen und Überflüssigen leichthin zum neuen, zukünftigen revolutionären Subjekt erklärt (Žižek 2009, S. 256f.). Das bedrohliche Pendant dazu bilden Szenarien und Planspiele zur counter-insurgency aus Militärkreisen, die sich gegen die potenziell gefährlichen »Armeen der Armen« richten (Davis 2006, S. 214). In derartigen Zuspitzungen ist nicht zuletzt die Warnung enthalten, dass Worte und ideologische Zuschreibungen jederzeit – wie in der Vergangenheit allzu oft – in nackte Gewalt umschlagen können.

Ein blinder Fleck?

In der bis heute wirksamen Erzählung, in der die europäische Stadt des 19. Jahrhunderts posthum zur keimfreien Idealwelt bürgerlicher Urbanität verklärt wird, ebenso wie in der Geschichte der funktionalen Stadt der klassischen Moderne gelten die Bretteldörfer und Barackensiedlungen eher als Störgeräusche. Dabei ist es auffällig, dass gerade die informellen Armensiedlungen als Zerrbild und Vorläuferinnen des z.B. von der Bauhaus-Avantgarde propagierten industriellen Wohnbaus gesehen werden können. Es waren die Elenden und Marginalisierten, die sich lange vor dem fordistischen Nachkriegsboom aus industriell gefertigten Massenprodukten wie Kanistern (frz.: bidon) und Fischkisten, Kohlewägen, ausrangierten Eisenbahnwaggons oder den Chassis von alten Autobussen ihre Unterkünfte bauten.
Auch der Topos der Siedlung selbst und die dort erprobte genossenschaftliche Organisation wurde zeitweise zu einem wichtigen, wenn auch ambivalenten Leitbild der architektonischen Moderne. Eine Aussage des sozialdemokratischen Wiener Ökonomen und Theoretikers Otto Neurath aus dem Jahr 1921 spricht das an: »Genossenschaftsleben hat zwei Verwandte: kleinbürgerliche Vereinsmeierei und Organisationstreiben breiter Massen. Es hängt von der geschichtlichen Lage ab, in welcher Richtung es sich entwickelt.« (Neurath, Arbeiter-Zeitung vom 20.11.1921, S. 7)

Die Gegenwart des Informellen in Europa

Die in den Nachkriegszeiten des 20. Jahrhunderts der Not entsprungenen ungeregelten Landnahmen, die nach wie vor oft informellen Siedlungen der Roma und Sinti (siehe dérive Nr. 64) sowie die bis heute existierenden französischen Bidonvilles (siehe den Artikel von Muriel Cohen & Marie-Claude Blanc-Chaléard auf S. 24) werden trotz ihrer Ausdehnung und Permanenz häufig immer noch als urbanistischer Nebenschauplatz gehandelt.
Anders stellt sich die Situation – wie bereits angedeutet – im südeuropäischen Kontext dar. Als Beispiel bietet sich Italien an, das mit mehr als 20 Millionen ohne Rücksicht auf Baugesetze und Raumordnung errichteten Objekten so etwas wie das Kernland des informellen Bauens unter den Industrienationen ist (vgl. Dominik Straub, Der Standard vom 3.9.2017)[6]. In manchen südlichen Regionen wie Kalabrien, Kampanien oder Sizilien wird der Anteil der illegalen Bauführungen gegenwärtig auf etwa ein Drittel geschätzt (Maura Salerno, Edilizia e Territorio vom 3.12.2015)[7], seit den 1980er Jahren gab es mehrere landesweite Generalamnestien für Bausünder. Auch wenn wir das komplexe Phänomen der italienischen case abusive hier nicht weiter thematisieren können, halten wir es für wichtig, auf den Fall hinzuweisen, weil es sich dabei seit Jahrzehnten um ein klassenübergreifendes Massenphänomen handelt. Durch die schiere Menge illegaler oder halblegaler Gebäude wird – falls existent – regelmäßig die Raumplanung unterlaufen, das Konzept der formellen Stadt relativiert und letztlich der bürgerliche Rechtsstaat in Frage gestellt. Da es sich nur in kleinen Teilen um Elendsurbanisierung handelt und es zudem regelmäßig um die Zersiedlung ökologisch sensibler und oft geschützter Gebiete und verbreitet um Immobilienspekulation geht (Biffi 2014)[8], erweist sich einmal mehr: Informell und Bottom-up sind weder gleichzusetzen noch a priori positive oder emanzipatorische Kategorien.
Dubravka Sekulić zeichnet in ihrem Artikel für diesen Schwerpunkt die Entwicklung illegaler Landnahme und Bautätigkeit an der Belgrader Peripherie nach. Im damaligen Jugoslawien setzten die wilden SiedlerInnen der sozialistischen Logik gemeinschaftlichen Eigentums und kommunaler Wohnraumversorgung – die in der ökonomischen Krise der 1970er und 80er Jahre nicht mehr Wohnraum für alle bereitstellen konnte – Eigeninitiative und die Logik einer privaten Raumproduktion entgegen, die auch als Vorläufer der späteren, marktförmigen Entwicklung angesehen werden kann.
In Mittel- und Nordeuropa stellt sich die europäische Stadt für ZuwanderInnen längst als eine Ankunftsstadt, eine weitere globale arrival city dar (Saunders 2013). Dort sind sie – meist in peripheren Zonen –, um ihr Überleben sichern zu können, weitgehend auf informelle räumliche und soziale Praktiken angewiesen. Informelle und halb-formelle Flüchtlingslager, wie sie sich etwa in Frankreich herausgebildet haben – bezeichnenderweise wurde das bekannteste von ihnen in post-viktorianischer Manier Calais Jungle benannt –, verweisen zudem auf die ungebrochene Aktualität des Themas. Zunehmend repressive Migrationsregime und Phantasmagorien einer räumlichen Ausgrenzung gigantischen Ausmaßes, wie sie sich im hermetischen Bild der Festung Europa manifestieren, können daran wenig ändern.
Informelle Stadtproduktion hat in der Vergangenheit entscheidend dazu beigetragen, Krisen- und Modernisierungsschübe zu bewältigen. Wie die Rezeption in neueren Arbeiten zu umkämpftem Grün und urban commons zeigt, besitzen die semi-subsistenten Modelle kollektiver Selbsthilfe in Wien nach 1918 noch immer eine gewisse Strahlkraft (Kumnig et al. 2017; Baldauf et al. 2016). Auch unser Beitrag für diesen Schwerpunkt zeigt: Das rote und das wilde Wien waren zwei Systeme, die nicht nur in der Zwischenkriegszeit ökonomisch und stadträumlich aufeinander bezogen waren. Die wilden Siedlungen in der Übergangszone zwischen Stadt und Land waren ein der Not entsprungenes Laboratorium einer neuartigen bukolischen Urbanität, die noch zu erforschen wäre. Auch die gegenwärtige, zunehmend globalisierte Recht-auf-Stadt-Bewegung kann von historischen Formen einer Stadt von unten etwas lernen und so die eigene Positionierung in der Geschichte sozial-räumlicher Selbstermächtigung und Emanzipation genauer verorten.[9]

Andre Krammer und Friedrich Hauer sind Stadtforscher in Wien.

Das Symposium Bretteldorf revisited (5.-6. 10. 2018 im AZW in Wien) widmet sich der Frage der informellen Raumproduktion in Wien und darüber hinaus. Die Arbeit an diesem Schwerpunktheft ist Teil des Projekts Bretteldorf revisited (Hauer, Hollaus, Krammer). Dieses wurde vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich und der Kulturabteilung der Stadt Wien (im Rahmen der Projektausschreibung 100 Jahre Republik in Österreich gefördert.

Die Verfasser danken Bettina Büttner-Krammer, Judith Leitner und Anna Eberle.

Andre Krammer widmet seine Beiträge in diesem Heft seinem jüngst verstorbenen Vater Reinhard Krammer (1949-2017), Historiker und Geschichtsdidaktiker an der Universität Salzburg.

Fußnoten


  1. Rem Koolhaas hat im Rahmen des Forschungsprojekts Harvard Project on the City die nigerianische Metropole Lagos untersucht, die besonders stark von informellem Wachstum geprägt ist. Seine neo-organizistische Perspektive vernachlässigt dabei – wie KritikerInnen anmerkten – die drückende Armut, Gewalt und infrastrukturelle Defizite, die in den informellen Armenvierteln der afrikanischen Metropole den Alltag prägen. ↩︎

  2. Hernando de Soto ist ein peruanischer Ökonom, der mit seinen Arbeiten zur informellen Ökonomie bekannt wurde. De Soto betont die Bedeutung von Eigentumsrechten für wirtschaftliche Prosperität. Er hält die globalen SlumbewohnerInnen für TrägerInnen heute noch ungenutzten Reichtums. Zentral für De Soto ist mittelfristig die Schaffung von privaten Besitzrechten in Folge der zuerst informellen Landnahme. Er propagiert eine Revolution und eine Zukunft des Kapitalismus durch eine Marktwirtschaft von unten – der Favela-BewohnerInnen von heute als KapitalistInnen von morgen. ↩︎

  3. Siehe: Saunders’ (2013) Buch kann teilweise als Gegenthese zu Mike Davis Planet der Slums gelesen werden. Auch hier werden mit Slums, die Saunders Ankunftsstädte nennt, wirtschaftliche Potenziale für die Zukunft verknüpft. Die Ankunftsstadt ist in dieser Sichtweise eine notwendige Übergangszone für jene, die vom Land in die Stadt strömen. ↩︎

  4. Harvey prägte in seinem Aufsatz den Begriff eines urban entrepreneurialism, der im deutschen Sprachraum in der Übersetzung unternehmerische Stadt Karriere machte. ↩︎

  5. Etwa Charles Booth, britischer Sozialforscher und Philanthrop, gemeinsam mit Henry Mayhew ein Pionier der Stadtforschung, erforschte die Londoner Arbeiterklasse Ende des 19. Jahrhunderts. ↩︎

  6. Siehe: derstandard.at/2000063485588/Italien-Das-Land-in-dem-alle-Bausuenden-vergeben-werden. ↩︎

  7. Siehe: www.ediliziaeterritorio.ilsole24ore.com/art/citta-e-urbanistica/2015-12-02/istat-italia-patria-abusivismo-sud-illegali-quasi-60-fabbricati-100--162429.php?uuid=ACk5wclB&refresh_ce=1 ↩︎

  8. Siehe: www.legambiente.it/sites/default/files/docs/abusivismo_litalia_frana_il_parlamento_condona-_dossierfile.pdf ↩︎

  9. Siehe auch: dérive Nr. 60 Henri Lefebvre und das Recht auf Stadt; dérive Nr. 61 Perspektiven eines kooperativen Urbanismus; dérive 49 Stadt selber machen bzw. Festival urbanize. 2015: Do it together, etc. ↩︎


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Literaturliste

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Baldauf, Anette; Gruber, Stefan; Hille, Moira; Krauss, Annette; Miller, Vladimir; Verlic´, Mara; Wang, Hong-Kai & Wieger, Julia (2016): Spaces of Commoning. Artistic Research and the Utopia of the Everyday. Berlin, New York: Sternberg Press.
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