Christoph Laimer

Christoph Laimer ist Chefredakteur von dérive.


Keinen Schwerpunkt sondern eine Samplerausgabe mit einer großen Bandbreite an Texten geschrieben von sehr prominenten ebenso wie in der Öffentlichkeit völlig unbekannten AutorInnen bietet dérive 33. Das Heft beginnt mit einem Artikel von Reinhard Jakits über Armut und informelle Ökonomien in Quito, der Hauptstadt von Ecuador, auf den ein Text von Richard Sennett inkl. eines Kommentars von Manfred Russo folgt. Darin beschäftigt sich Sennett mit den Auswirkungen des globalen Kapitalismus auf die Arbeitswelt im Allgemeinen und dem ständig schrumpfenden Zugehörigkeitsgefühl von MitarbeiterInnen von New Economy-Betrieben im Besonderen. Das Thema Arbeit Leben ist auch das Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe von dérive, die Ende des Jahres erscheint.

Pamela Bartar hat für dérive Martí Peran, den Leiter des Projekts Post-It City. Occasional urbanities und Kurator einer gleichnamigen Ausstellung in Barcelona, interviewt und ihn um eine Zwischenbilanz der dreijährigen Forschungstätigkeit seines Teams gebeten. Die Soziologin und Kunsthistorikerin Pelin Tan schreibt in ihrem Beitrag über die Vertreibungspolitik von Bauträgern in Kooperation mit der städtischen Verwaltung in unterschiedlichen Istanbuler Vierteln und die Möglichkeiten und Strategien dagegen erfolgreich Widerstand zu leisten. Einem völlig anderen Thema widmet sich Daniel Kalt: Er stellt sich in seinem Beitrag die Frage, wie der Zusammenhang zwischen Pavillons und dem Themenkomplex Kunst im öffentlichen Raum gedacht werden kann und präsentiert zu diesem Zweck einige ausgewählte Beispiele. Den schönen Titel Hochschullehre zwischen Dada, Dérive und Didaktik haben Ulrich Berding und Florian Kluge ihrem Artikel gegeben, der das Thema anhand eines konkreten Beispiels an der RWTH Aachen diskutiert. Hilary Tsui stellt ihr Projekt Urban Imaginary Series: Cities of Desire vor, das zurzeit in der Galerie der IG Bildende Kunst in Wien zu sehen ist. Damit will sie auf Kunstpraxen hinweisen, die sich nicht den inflationären und hegemonialen top-down place-making -Strategien unter- oder einordnen, sondern diese kritisieren. Es folgen drei weitere Projektvorstellungen: Die erste beschäftigt sich mit den Möglichkeiten Stadtteile so zu gestalten, dass ein selbstbestimmtes Altern unterstützt wird. Die zweite zeigt anhand eines Projekts im Rahmen von Stadt 2030 in Pliensauvorstadt (Essen), „welche Probleme, aber auch welche Lösungsmöglichkeiten es in Bezug auf eine gleichberechtigte, öffentliche Partizipation“ geben kann. Die dritte ist schließlich dem in der Brainstormingphase befindlichen Stadtteil Graz Reininghaus gewidmet. Den Abschluss dieses Heftteils schließlich bildet der Vorabdruck eines Auszugs aus der Neuauflage und -übersetzung von J.G. Ballards Roman Liebe und Napalm.

Kritische Reaktionen gab es auf die Besprechung des Buches Besetze deine Stadt in der letzten Ausgabe von dérive. Die Herausgeber sahen sich bestenfalls missinterpretiert, Leser, die das Buch bereits kannten und als Vorbereitung für einen Kopenhagen-Aufenthalt genutzt hatten, fanden im Gegensatz zum Rezensenten nur lobende Worte für den Band. Ich hoffe, dass sich durch die Besprechung in dérive niemand von der Lektüre hat abschrecken lassen und zitiere aus Andreas Rumpfhubers Rezension: „Deshalb gilt wie immer: Selbst lesen.“ Ein paar Exemplare des Buches gibt es noch als Geschenk für LeserInnen, die dérive jetzt für zwei Jahre abonnieren.


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