Christoph Laimer

Christoph Laimer ist Chefredakteur von dérive.


In der letzten Ausgabe von dérive waren die nächtlichen urbanen Vergnügungen und die damit verknüpften Debatten um Überwachung, Kommerzialisierung, Monopolisierung, Vertreibung und Ausschluss das Schwerpunktthema. In der vorliegenden Ausgabe geht es ein weiteres Mal ums urbane Vergnügen: Diesmal stehen die Freizeit-, Vergnügungs-, und Lunaparks, die seit jeher als Gegenwelt zum urbanen Alltag beschrieben worden sind und sich doch als als immanenter Teil desselben erweisen, und die Eventisierung der öffentlichen Räume im Fokus der Beiträge.
Die Vergnügungsareale dienen als Referenzpunkte und Impulsgeber für die fortschreitende Eventisierung städtischer Alltagsräume (Geographien der Faszination von Heiko Schmid), als Mittel und Strategie der Politik (Flower Power für Medellín von Eva Schwab), bilden Anknüpfungspunkte für Städtebau und Regulation urbaner Entwicklung (Die Welt als Luna Park – Ein Wiedersehen in Coney Island von André Krammer) und fungieren als Projektionsraum der Imagination (Schwellenräume der Imagination und des Gespenstischen von Thomas Ballhausen). Alles weitere zum Schwerpunkt im Einleitungsartikel unseres Schwerpunkt-Chefs und dérive-Redakteurs Erik Meinharter ab Seite 4.
Der Magazinteil des Heftes widmet sich in zwei Beiträgen der amerikanischen Stadtforscherin Jane Jacobs, ihrem Wirken, ihrer Bedeutung für die Entwicklung New Yorks und ihrer Publikationstätigkeit und setzt somit einen zweiten thematischen Schwerpunkt in dieser Ausgabe. Der 50. Jahrestag des Erscheinens von Jacobs’ Buch »The Death and Life of Great American Cities«, dessen Einfluss auf den stadtplanerischen Diskurs kaum überschätzt werden kann, ist Anlass für Dirk Schubert sich die Rezeptionsgeschichte des Buches vor allem auch im deutschsprachigen Raum und ganz allgemein die Publikationstätigkeit von Jane Jacobs genauer anzusehen. Manfred Russos neue Folge seiner Serie Geschichte der Urbanität, die sich zum dritten Mal der urbanen Mobilmachung New Yorks in den Jahren 1920 bis 1960 widmet, stellt nach Robert Moses diesmal seine späte Gegenspielerin Jane Jacobs in den Mittelpunkt. Ergänzend dazu kann André Krammers Artikel im *Urbane Vergnügungen-*Schwerpunkt, der sich mit Coney Island auseinandersetzt, auch aus der Perspektive Moses/Jacobs gelesen werden.
Neben dem Themenkomplex Jane Jacobs/New York liefert der Magazinteil einen Artikel von Monika Litscher, der sich mit Wegweisungen in Schweizer Städten beschäftigt. Ein Thema, das wir leider auch aus Wien nur allzu gut kennen. Weitaus kulinarischer ist Jon von Wetzlars Analyse der Imbissbude (also known as Würstelstand) als kommunikatives Element der Stadt. Das Kunstinsert mit dem Titel Arrangement stammt diesmal von Karl Heinz Klopf und zeigt Videostills seines kommenden Films Plan. Mehr dazu von Paul Rajakovics und Barbara Holub auf Seite 32.
Für den Fall, dass Sie dieses Editorial lesen und Ihr Kalender noch die erste Oktoberhälfte anzeigt, sollten Sie dringend einen Blick auf unsere Festival-Website www.urbanize.at werfen. urbani2e! Internationales Festival für urbane Erkundungen geht von 7. bis 16. Oktober 2011 zum zweiten Mal in Wien über die Bühne und erkundet 10 Tage lang die Stadt als Zentrum gesellschaftspolitischer, kultureller und wissenschaftlicher Entwicklungen. In Vorträgen, Performances, Forschungsreisen, Multimedia-Aktionen, Diskussionen, Spaziergängen, Sound Walk + Talk, Filmen, Alltagsforschungen und künstlerischen Interventionen erforscht urbanize! den urbanen Raum mittels vielfältiger Formate und quer durch die Disziplinen. Indoor und Outdoor. Kurz: Einmal Stadtforschungs-Universum und zurück, bitte.
dérive – Radio für Stadtforschung muss im November leider entfallen, die nächste Sendung gibt es am 6. Dezember 2011. Alle bisherigen Beiträge stehen in unserem Sendungsarchiv als Download oder Stream zur Verfügung (http://cba.fro.at/series/1235). Eine interessante Lektüre wünscht

Christoph Laimer


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