Parterre
Wechselwirkung zwischen Erdgeschoß und Straßenraum in WienDie Stadt Wien vollzieht eine Bewegung »nach oben«: Dabei wird das Erdgeschoß in seiner ursprünglichen Nutzungsstruktur aufgelöst und die auf diese Weise verlorenen Kubaturen auf das Dach verdrängt. Zu beobachten sind derzeit verschiedene Ausformungen dieser Entwicklung: Zum einen gibt es die vielen Leerstände von Wohnungen und Gassenlokalen; die meisten Areale abseits der florierenden Einkaufsstraßen sind davon betroffen. Neben dieser, wohl augenfälligsten Facette kann man aber auch beobachten, dass das Parterre der Wohnhäuser zunehmend ausgehöhlt wird: bestehende Häuser bekommen »Löcher« in Form von Zufahrten, oder sie werden zu uneinsichtigen Höhlen versiegelt.
Die Fenster – die ursprünglich die Verbindung zwischen öffentlich und privat herstellten, die zur Interaktion einluden und damit das Erdgeschosslokal, sofern dies mit der Nutzung kompatibel war, zum halb öffentlichen Raum machten – diese Fenster werden nun verspiegelt, mit Plakaten verklebt oder ganz zugemauert. Sodass die mit der Straße korrelierenden Räume des Hauses endgültig von der städtischen Öffentlichkeit abgetrennt werden. Damit verliert der Straßenraum eine Sphäre, die über die rein euklidischen Raumabmessungen weit hinausgeht. Das ambivalente Nutzungsangebot, das Nebeneinander von gegensätzlichen Möglichkeiten, die Widersprüche und die daraus erwachsende Spannung die das – wie Häußermann/Siebel es formulieren – »positive Moment«[1] der urbanen Lebensqualität, des Stadtlebens im Allgemeinen ausmachen, wird damit beträchtlich reduziert.
Entwicklung der Straßenstruktur Wiens
Der Siedlungsraum einer Großstadt ist von der Landschaft, in der er zur Entfaltung kommt, wesentlich bestimmt. Auch Wien hat in seiner Entwicklung auf das vorliegende Terrain und die klimatische Situation reagiert. Die Stadt »breitet sich von der tief gelegenen Donau segmentförmig aus und baut sich, terrassenartig ansteigend, bis zu den Hängen des Wienerwaldes auf. Diese – im Ursprung von Fluss- und Bachläufen durchzogene und dadurch stark gegliederte – Landschaft bildet mit dem der Natur nachgezogenen Grundstraßennetz das Fundament der Stadtentwicklung.«[2]
1840 zählte man in der Inneren Stadt und den 34 Vorstädten 400.000 Einwohner. Um 1910 überschritt die Bevölkerungszahl die Zweimillionengrenze. Drei Viertel des vor 1840 vorhandenen Bestandes an Wohnhäusern wurden in der Gründerzeit – der bedeutendsten Bauperiode Wiens – abgerissen und neu aufgebaut. [3] Dabei wurde das grobmaschige Netz der ins Hinterland führenden und dabei das Gelände nachformenden Straßenzüge begradigt, mittels orthogonalen Straßenrasters aufgefüllt und verdichtet. Man kann also festhalten, dass die für diese Untersuchung relevanten Straßenräume größten Teils auf jene Bauphase rekurrieren. Und dass nicht zuletzt auch die Einhaltung der damals gültigen Baubestimmungen zur aktuellen prekären Nutzungssituation führte. 1843 wurden für jede »neu angetragene Fahrtstraße wenigstens fünf Klafter«[4](das sind ungefähr 9,5m) vorgeschrieben. Die BO von 1868 sieht bereits acht Klafter, also 15,17m vor. Außerdem müssen jetzt die Straßen »möglichst geradlinig sein« und »ein möglichst gleiches und geringes Gefälle« einhalten.
Die Regulierungspläne, nach denen die städtebauliche Entwicklung der Gründerzeit ablief, bezweckten die Schaffung möglichst vieler, rationell bebaubarer Parzellen um für die ständig anwachsende Bevölkerung Wohnraum zu schaffen. Daher erklären sich die geradlinige und orthogonale Rasterstruktur und die per Gesetz tolerierte extreme Ausnutzung der Grundstücksflächen: In der Spätgründerzeit erlaubte die WBO eine 85%ige Verbauung des Grundstücks. Erst um 1900 verlangsamte sich das Bevölkerungswachstum, um mit dem ersten Weltkrieg, bzw. der anschließenden Auflösung der Monarchie endgültig zu stagnieren. Die Nivellierung der WBO von 1923 setzte daraufhin den maximalen Verbauungsgrad der Grundstücke endlich auf 60% herab.[5]
Auf die hier beschriebene Weise strukturierte sich also, vornehmlich in der Gründerzeit, jene dominierende Bausubstanz, die heute den Straßenraum der Wiener Kernstadt prägt: Die durchschnittliche Straßenbreite liegt bei ca. 15 Metern – im zweiten Bezirk auch oft darunter, bei ca. 11 Metern – und ist damit, in Relation zu den faktischen Gebäudehöhen (von zumeist vier bis fünf Geschoßen, das entspricht einer Höhe von 21 Metern und darüber) relativ gering bemessen. Mit gängigen 30 bis 35 Metern Straßenbreite ist die Dimensionierung der Berliner Wohnstraße z.B. zwei bis drei Mal so breit. Daraus ergibt sich für Wien eine relativ schwache Lichtversorgung der unteren Geschoße und diese schlechte Belichtungssituation über die enge Straße wird hofseitig noch übertroffen durch minimal bemessene Licht- und Luftschachte.
In Teilen der Stadt NY, besonders im Südosten von Manhattan in der Lower East Side trifft man auf eine noch extremere Situation: Während die nord-süd verlaufenden Avenues eine Breite von 30m aufweisen, messen die ost-west gerichteten Verbindungsstraßen nur 18m. Diese Rasterung schreibt rechteckige Bebauungsblöcke der Größe 61m x 183-244m ein, für welche ursprünglich ein 50%iger Verbauungsgrad vorgesehen war[6]. Mit den tenement houses wurde dieser jedoch bis auf 90 % erhöht, wodurch eine ausreichende Belüftung und Belichtung der Wohnungen nicht mehr gewährleistet werden konnte.[7] Zum Vorteil ist der Stadt jedoch, dass die Gebäudehöhen der klassischen zwei- bis fünfgeschoßigen Backsteinbauten im Normalfall die Straßenbreite nicht übertreffen.[8] Damit ergibt sich eine angenehme Atmosphäre für den Straßenraum und damit ist auch die hinreichende Belichtung der Erdgeschoßfenster gegeben.
In Wien wurde nach 1868 das Bewohnen der unteren Stockwerke erst ab einem gewissen Niveau erlaubt, sodass die, bis zum 19. Jahrhundert vorgesehene Nutzung für Billigst- und Conciergewohnungen eine gewisse Einschränkung erfuhr.[9] Heute ist die Wohnnutzung des Erdgeschoßes im dicht verbauten Gebiet nicht mehr vorgesehen. Die rigiden Bestimmungen über den vorgeschriebenen natürlichen Lichteinfall für Hauptfenster – §78 der WBO sieht einen natürlichen Lichteinfallwinkel von 45°, eventuell um 30° seitlich gekippt vor – schließen das Bewohnen des Parterres, bei dem besprochenen, gängigen Straßenprofil von vorne herein aus. [10] Diese Regelung trägt insofern negativ zur Straßenatmosphäre bei, als die Erdgeschoße – nach der derzeit gültigen Gesetzeslage – dadurch schwer bespielbar werden. Kleinhandel und Gewerbe ziehen zunehmend aus dieser Zone ab und eine Wohnnutzung scheint nach gesundheitshygienischen Gesichtspunkten nicht vertretbar.
In niederländischen Städten sind Erdgeschoßwohnungen auch in der geschlossenen Bauweise Standard – ebenso in London. Die Bebauungsstruktur ist dort jedoch eine grundsätzlich andere. London weist eine relativ flache Bebauung auf. Im Wohnbau hat sich das schmale, drei- bis viergeschoßige Wohnhaus durchgesetzt, wodurch sich in der Straße dicht an dicht die einzelnen Haus- und zugleich Wohnungseingänge reihen. Die Belichtung ist dabei, aufgrund des ausgewogenen Verhältnisses zwischen Straßenbreite und Bebauungshöhe so gut, dass sogar noch das (Halb)Kellergeschoß, als Aufenthaltsraum, zumeist als Küche und Essraum genützt wird. In Amsterdam und Rotterdam wird auch bei Neubauten das Erdgeschoß so ausgebildet, dass es sich zur Wohnnutzung eignet. Und diese Wohnungen werden auch sehr gut angenommen.
Neben dem Wohnen stellt der Handel, besonders aber der Kleinhandel, eine weitere historisch bedingte Nutzungsmöglichkeit für Räume in Erdgeschoßlage dar. 1913 schreibt Paul Busson in seinen Wiener Stimmungen: »Die Hauptstraßen der Stadt sind wie ein Museum mit Hunderten von glänzenden Vitrinen, in denen alles zu sehen ist, was Kunst, Natur und Gewerbefleiß hervorbringen. (…) Hier und vor den großen Konfektionshäusern mit ihren kunstvollen Arrangements von Spitzen, Kleidern, Schirmen, Batisthöschen und Seidenstoffen drängen sich die Frauen.«
Das Schaufenster oder generell das aktiv genützte Fenster in Passantenhöhe wird in Wien abseits der Einkaufstraßen oder der City zunehmend rarer. Denn das, aufgrund der analysierten baulichen Umstände – enge Straßenschluchten, hohe und dichte Bebauung, ungünstige Belichtungssituation – schwer bespielbare Erdgeschoß bleibt zunehmend ungenutzt. Verstärkt wird diese Entwicklung durch marktwirtschaftliche Faktoren wie das fortschreitende Kleinhandelsterben. Die Leerstände der Erdgeschoßlokale in Rand- und Nebenlage werden auf bis zu 5.000 geschätzt. Dabei sind zwei Drittel dieser Lokale nicht wirklich frei verfügbar, da sie einer Subnutzung dienen (zumeist als Lager) oder aufgrund von Miet- oder Erbstreitigkeiten nicht benutzbar sind. [11] Leere Erdgeschoßlokale ziehen jedoch weder über ihre Funktion noch über ihrer Gestaltung Menschen an, sodass sich der Leerstand auch auf die angrenzenden Geschäfte ausbreitet. Die Besucherfrequenz geht zurück, bis die Standortqualität – im Negativszenario – für den gesamten Straßenzug verloren geht. Die Läden verkommen zu Lagerräumen, die Vitrinen werden mit Plakaten verklebt und schlussendlich werden die leer stehenden Räumlichkeiten zu kleinen, in den meisten Fällen aufgrund ihrer durchwegs kleinteiligen Grundrissstruktur besonders ungünstigen Parkgaragen für Autos umgebaut.
ErdgeschoßbewohnerInnen, seien es nun wirkliche AnrainerInnen oder LadenbesitzerInnen, beleben die Straße, sie erweitern das Geschehen in der Straße um eine zusätzliche Dimension. In der Nacht scheint Licht durch die Wohnungs- oder Ladenfenster auf die Straße wodurch signalisiert wird, dass der Ort nicht verlassen ist. Dieses Licht erhellt die Fußwege und unterstützt mein Sicherheitsgefühl. Wird das Erdgeschoß von Menschen genutzt, so wird dieser Teil des Stadtraumes als »belebt« erfahren. Im Englischen spricht man in diesem Zusammenhang von windows facing the street – Fenster, die ihr Gesicht der Straße zuwenden, die aber auch der Straße ein Gesicht verleihen.
Der Gehsteig
Vitale Funktionsverflechtung – als Voraussetzung für belebten Stadtraum – lässt sich natürlich nicht nur über eine adäquat bespielbare Erdgeschoßzone erreichen. Vielmehr müssen auch weitere Parameter stimmen: eine stadtsystemisch und verkehrstechnisch günstige Lage des Areals z.B., oder eine sozial vielschichtige Durchmischung der Bevölkerungsstruktur, welche jedoch in erster Linie über ein reiches Angebots an unterschiedlichen, in den oberen Geschoßen angeordneten Wohnungstypen erreicht wird. Dennoch liefert das Erdgeschoß einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssteigerung des Straßenraums, da es mit unseren Sinnen direkt erfahrbar ist. Voraussetzung für die zuvor angesprochene Betrachtung von Schaufenstern oder gar für die Interaktion mit Händlern ist das Vorhandensein von Freiraum. Enge Gehwegsituationen bringen Fußgänger dazu den Schritt zu beschleunigen und die Aufmerksamkeit auf das Ende dieser, als unangenehm und beengt empfundenen Situation zu lenken. [12] Eine geeignete Gehsteigbreite ist zudem Voraussetzung um sich in angenehmer Distanz zu begegnen und sich in Gruppen aufhalten zu können; dieses social gathering führt dann wiederum dazu, dass öffentlicher Raum vorteilhaft wahrgenommen wird. Die durchschnittliche Gehsteigbreite der Wiener Wohnstraße beträgt jedoch lediglich 1,70–2 ,30 Meter. Im Vergleich dazu misst der New Yorker sidewalk mindestens vier Meter.
Der ruhende Verkehr
Die im öffentlichen Raum geparkten Autos nehmen in der eng bemessenen Wiener Wohnstraße besonders viel Platz ein. Die jüngst veröffentlichte Studie der Universität für Bodenkultur zeigt für die kommenden drei Jahrzehnte ein starkes Ansteigen des Stadtverkehrs und damit auch der erforderlichen Parkflächen auf. Derzeit sind in Wien rund 652.000 PKWs zugelassen. Prognostizierte Zuwachsraten von 7.000 - 8.000 Autos per Jahr[13] zeigen, dass der Trend zum Autobesitz ungebrochen scheint und lassen vermuten, dass der bestehende (wirtschaftliche und politische) Einfluss der Autolobby weiter ansteigen wird. Zwar propagiert die Stadtverwaltung,[14] eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs um 25% bis zum Jahr 2010, doch scheinen diesbezügliche Maßnahmen nicht zu greifen. Beim Bau von so genannten Volksgaragen – Parkhäuser, deren Erstellung über öffentliche Subventionen finanziert wird – ist z.B. eine Reduktion von Stellplätzen im Einzugsbereich der neuen Garage vorgesehen. Ziel dieser Aktion ist das Einfrieren des aktuellen Stands der Verkehrsbelastung durch den Rückbau von ausgewiesenen Verkehrsflächen. Jedoch wird in relevanten Gemeinderats- und Landtagssitzungen immer wieder darüber debattiert, dass der eingeforderte Rückbau in der Praxis nicht durchgeführt wird[15]
Stellplatzverpflichtung
Der Ausbau der Dachgeschoße zu Wohnungen – die derzeit wichtigste bauliche Veränderung der Stadt – hat auch eine Veränderung des Parterres zur Folge. Denn dabei tritt, so wie bei jedem Neu- oder Zubau, die so genannte Stellplatzverpflichtung in Kraft; wobei die Bauherrschaft verpflichtet wird, auf dem Bauplatz Pkw-Stellplätze in entsprechender Anzahl zu errichten. Zwar kann diese Verpflichtung unter gewissen Voraussetzungen auch durch die Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien erfüllt werden oder durch eine vertraglich abgesicherte Einstellmöglichkeit im Umkreis von 500m zum Bauplatz – allein, wird diese Alternative selten genützt, in den meisten Fällen kommt es wirklich zum Einbau einer Kleingarage in den ohnedies leer stehenden Erdgeschoßlokalen. Nun sind die Grundrisse der alten Zinshäuser ursprünglich auf Wohnungen bzw. Geschäftslokale zugeschnitten und gestatten schwerlich die Ausführung von – für Garagen zweckdienliche – stützfreien Großräumen. Deshalb sehen die zur Einreichung gebrachten Pläne, oft gerade mal zwei Stellplätze vor, welche in die kleinen Wohnschlafzimmer oder Lagerräume gezwängt werden.
Diese Art der Parkplatzschaffung geht also mit einem enormen Raumverlust, sowohl im Wohnhaus selbst, als auch im Straßenraum einher. Denn durch die Errichtung der Garageneinfahrt gehen automatisch Stellplätze im öffentlichen Raum verloren. Eine Verordnung aus dem Jahr 2001 schreibt nun ein 1-zu-mehr-Verhältnis zwischen verlorenen und neu geschaffenen Stellplätzen vor. Damit wird der problematische Sachverhalt zwar begrenzt, jedoch nicht wirklich zielführend geregelt. Denn es wird nach wie vor eine große Anzahl kleiner Solitärprojekte durchgeführt, die im Allgemeinen hohe Investkosten verursachen und dabei dem Problem der Parkraumnot nicht effizient entgegenwirken. Eine Kleingarage ist eine bautechnische Causa, sodass ihre Erstellung keiner Umwidmung bedarf. Jede/r Bauwerber/in hat demnach Rechtsanspruch auf Baugenehmigung, wenn hinsichtlich der Bauordnung alle Anforderungen erfüllt werden und wenn ausreichend Parkraum vorgesehen wird, d.h. wenn mehr Stellplätze geschaffen werden, als im Straßenraum verloren gehen. In manchen Bezirkten sind clusterartige Häufungen von Kleingaragen zu bemerken. Dies weist darauf hin, dass man – entsprechend der Situation in der Immobilienbranche – von einem »Ankermieter« ausgehen kann, der die Entwicklung im Katalysatoreffekt injiziert. Wenn ein Hausbesitzer in der Straße eine eigene Garage besitzt, wird dies zum Ansporn für seine Nachbarn, denselben sozialen Status – der damit offensichtlich verbunden wird – zu erreichen. Dadurch sind auch sofort eventuelle Einsprüche der Anrainer, die zur Bauverhandlung geladen werden müssen und die ein solches Projekt kippen könnten, von vorne herein ausgeschlossen. Von seiten der Stadtverwaltung gibt es derzeit keine anwendbaren Steuerungselemente, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. So entstehen auf diese Weise immer mehr Kleinstgaragen.
Aus städtebaulichen Überlegungen kann allenfalls die Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA19) ein Negativgutachten erstellen; jedoch nur, wenn Bedenken hinsichtlich des örtlichen Stadtbildes bestehen, und um den Erhalt historischer Fassaden sicher zu stellen. In solchen, ausschließlich die Wiener Schutzzonen [16] betreffenden Fällen werden dann zumeist lediglich höhere Ansprüche an die architektonische Gestaltung der Einfahrt gestellt. Es wird also versucht: »die Fassade bestmöglichst zu erhalten und die Gestaltung des Umbaus so anzulegen, dass sie sich in die gegebenen Proportionen der historischen Substanz eingliedert. Vorhandene Fenster bleiben erhalten, werden jedoch aus Gründen des Feuerschutzes »blind« ausgeführt.«
Tatsache ist, dass aus stadtplanerischer Sicht keine übergreifende Strategie erarbeitet wird, um die Baubewilligungen für Kleingaragen anhand eines anwendbaren Entwicklungskonzeptes für den öffentlichen Raum der Straße zu lenken. Über die Begutachtung der Umbauprojekte durch die MA19 ist die Stadtverwaltung in erster Linie bemüht die Fassadengestaltung in Bezug auf eine rein visuelle, architekturhistorisch vertretbare Lösung zu beeinflussen. Dabei wird in jüngerer Zeit besonderer Wert auf eine minimale Dimensionierung der Garageneinfahrt gelegt, welche durch den Einsatz technisch fortschrittlicher Parkierungssysteme (z.B. Hebebühnen) erreicht werden kann. Damit will man dem ungünstigen Trend nach großen Garagentoren – als Folge der Modewelle von Geländewagen und Dachsarg – entgegenwirken. Oft wird in diesem Zusammenhang der Haupteingang, die alte Kutscheneinfahrt umgestaltet und dafür ein neuer Hauseingang errichtet. Dabei zählen diese zu den prächtigsten halböffentlichen Räumen der Stadt des 19. und 20. Jahrhunderts. Nach Ansicht der Salzburger Stadtverwaltung werden sie sogar zum öffentlichen Raum gezählt und sind dementsprechend denkmalgeschützt.
Fußnoten
»Die positiven Momente einer städtischen Lebenskultur gehen immer dann verloren, wenn eine Seite ihrer Ambivalenz verabsolutiert wird, wenn die Dialektik von Heimat und Anonymität, von Aneignung und Entlastung negiert oder aufgehoben wird in einseitigen Rezepten einer städtischen Lebensform.« Häußermann/Siebel 1987:245 ↩︎
Frei 1993:68 ↩︎
H. Schmidt-Brümmer, Stadt und Zeichen. Lesearten der täglichen Umwelt. Köln, 1976:15. Zitiert in Frei 1993:73 ↩︎
BOW (Bauordnung für Wien) von 1843: §10 ↩︎
Frei 1993:75 ↩︎
Diese Rasterung wurde 1811 im Commissioners Plan festgelegt (vgl.: Psenner 1998:40) ↩︎
Psenner 1998:40 ↩︎
Die Hochhäuser machen weniger als 8% der Gesamtbebauung der Stadt aus. (Vgl.: von Engel W. »Das Wohnbauprogramm der Stadt New York« Vortrag an der TU Wien, zitiert in Psenner 1998:3) ↩︎
BOW 1868, §36: Die Fußböden aller ebenerdigen Wohnungen sind in der Regel bei neu zu erbauenden Häusern mind. sechs Zoll [15,78cm] über das bestimmte Straßenniveau zu legen (...) Wohnungen unter diesem Niveau sind nur gegen dem zulässig, dass dieselben vollkommen trocken licht und luftig hergestellt (...) werden. ↩︎
BOW §78. (1) Für Hauptfenster muss (...) der freie Lichteinfall unter 45° auf die nach §88 Abs. 2 erforderliche Fensterfläche gesichert sein (...) (direkter Lichteinfall). (2) Der Lichteinfall ist noch als gesichert anzusehen, wenn ein Lichtprisma gebildet werden kann, dessen seitliche Flächen (...) um nicht mehr als 30° abweichen (seitlicher Lichteinfall). (5) An Straßenfronten, an denen die zulässige Höhe der gegenüberliegenden Gebäude nach §75 Abs. 4 und 5 zu berechnen ist, gilt der Lichteinfall für Hauptfenster jedenfalls als gesichert. Dies gilt auch an den zu Verkehrsflächen gerichteten Gebäudefronten in Schutzzonen ab dem ersten Stockwerk. ↩︎
Interview mit Guido Miklautsch, SCG-Projektleiter. Das ServiceCenter Geschäftslokale (SCG) ist eine Informationsplattform; organisatorisch ist diese eingebettet im Wiener Einkaufsstraßen-Management, dessen Schwerpunkt die Erhaltung und Verbesserung von Einkaufsgebieten ist. ↩︎
Psenner 2004:133 ↩︎
»Wien droht doppelt so viel Autoverkehr« Standard, 24./25. April 2004:11 ↩︎
z.B. im Masterplan Verkehr, der Teil des Stadtentwicklungsplans STEP 2005 ist ↩︎
z.B. Gemeinderatssitzung 4.11.2003, S:94f. wien.gv.at ↩︎
Die Altstadterhaltungsnovelle von 1972 legt fest, dass, unabhängig vom Denkmalschutz Schutzzonen festgelegt werden können, um charakteristische Gebäudeensembles vor Abbruch oder Überformung zu bewahren. ↩︎
Angelika Psenner