Heinrich Hoffer


Der Sammelband Zukunft Alter ist in der Folge eines städtebaulichen Kolloquiums an der TU Dortmund entstanden und bringt die Sichtweisen unterschiedlicher Disziplinen und AkteurInnen zusammen. (Zum Thema Altern siehe auch den Beitrag Im Stadtteil altern in dérive 33.) In der Einleitung führen die HerausgeberInnen Volker Kreuzer, Christa Reicher und Tobias Scholz drei Kriterien für die Planung altersgerechter Städte an: die Ermöglichung eines selbstständigen, selbstbestimmten und persönlich zufriedenstellenden Lebens im Alter. Dazu unterteilt sich der Band in vier Blöcke: Erstens die demografische Alterung als Herausforderung für die Stadtentwicklung – was aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit von deutschen und österreichischen Verhältnissen (für österreichische LeserInnen) nicht so lesenswert scheint. Zweitens die Grundlagen altersgerechter Stadt- und Quartiersentwicklung: Hier werden anhand von Wohnen, sozialen Netze und Unterstützung, öffentlichen Räumen und Mobilität, Nahversorgung und Freizeit mit wissenschaftlicher Unterstützung die richtigen Fragen gestellt. Drittens altersgerechtes Planen in der Praxis, mit zahlreichen Beispielen für verschiedene Siedlungstypen aus unterschiedlichen Bauepochen in Stadt und Land, und schließlich viertens Studien zu einer altersgerechten Stadt- und Quartiersentwicklung, wobei die Handlungsempfehlungen zum Quartier der 1950er Jahre besonders interessant sind – für Ilka Mecklenbrauck geht es nicht um Sonderlösungen für eine Gruppe, vielmehr sieht sie Alte „als Angehörige von sozialen Gruppen, von Familien und Lebensgemeinschaften, von Nachbarschaften mit einem Netz sozialer und ökonomischer Beziehungen zu unterschiedlichen Altersstufen“. Sie versucht zwei Problemfelder – 1950er-Jahre-Viertel und älter werdende Bevölkerung – als Entwicklungschancen neu sichtbar zu machen. Nebenher unterstreicht sie die drei zentralen Bestandteile einer Anpassungsstrategie: eine integrierte, akteursübergreifende und partizipative Stadtentwicklung. Mecklenbrauck bietet „akzeptable“ Alternativen für BewohnerInnen, die im angestammten Quartier bleiben können, und für ein altersdurchmischtes Wohnen. Besonders sympathisch ist der Vorschlag eines „Generationenpfads“, der eine Siedlung neu erschließt und verbindet und für eine Stadt (München) sozial verträgliche, neue Nutzungen für Stadtteile erreichen will.

Birgit Ottensmeier und Gerhard Krayss fragen in ihrem Beitrag, was es braucht, um die „alte“ Nachbarschaft in einer Zeit zerfallender Strukturen und Institutionen neu zu beleben oder zu erfinden. Wer muss mit wem ins Gespräch kommen, welche Ängste und Barrieren müssen aus dem Weg geräumt werden? Welche „amtlichen“ Positionen können dabei helfen, welche sind hinderlich – wie lässt sich das kommunikative „Chaos“ der Vielen bündeln und leiten? Auch dann noch, wenn das Gefälle zwischen Hilfsbedürftigkeit und Dienstleistungen immer beachtlicher wird? Die richtige Mischung aus sozialen Angeboten, Wohnen, Pflege und Kooperation wird in diesem Text – unter besonderer Berücksichtigung des Finanzierungsthemas – an vier Beispielen beleuchtet. Implizit geht es darum, ein richtiges Verhältnis im Geben und Nehmen zusammen zu stellen, um ein gelingendes Miteinander im Quartier zu ermöglichen.

Alles in allem bietet Zukunft Alter pragmatische, aber durchaus praktikable Ansätze, wobei die Altersgerechtigkeit gegenüber dem „neuen“ Quartierskonzept an Bedeutung verliert. Schade, dass die Verortung des Quartiers in politischer und demokratischer Hinsicht, vor allem in Hinblick auf gesellschaftliche Entwicklungen großer Städte, kaum Platz gefunden hat.


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