Daniel Kalt

Daniel Kalt lebt als Kulturwissenschaftler, freiberuflicher Journalist und Übersetzer in Paris.


Von Jürgen Funke-Wieneke und Gabriele Klein anlässlich des 18. Sportwissenschaftlichen Hochschultages herausgegeben, bietet der bei transcript erschienene Sammelband Bewegungsraum und Stadtkultur auf vorzügliche Weise Einblick in einen in der Forschung unterrepräsentierten Aspekt von Stadtentwicklung und –leben in der postfordistischen Ära. Im Besonderen ist dabei bemerkenswert, wie ein weitgehender Funktionsverlust und damit korrelierende Umwidmungsprozesse auf ein erweitertes Freizeit- und Erholungsangebot für die StadtnutzerInnen hinauslaufen.

Dabei geht es unter anderem um ein Phänomen der Theatralisierung und Eventisierung der Stadt, die Ende des 20. Jahrhunderts aus ihren tradierten Fugen zu geraten scheint. Sport entpuppt sich dabei als Trumpf in einer global knallhart betriebenen Standortprofilierung. Nicht umsonst werden in zunehmendem Maße sportliche Großereignisse zum Anlass für mitunter radikale städtebauliche Eingriffe genommen, die durch gesteigerte Aufmerksamkeit seitens einer interessierten Weltöffentlichkeit gerechtfertigt werden. Sport also, schreibt Christoph Rasche in seinem Beitrag, als mögliche Ergänzung einer bis dato von StadtstrategInnen bevorzugten Trias symbolischen Kapitals: „Wurde bislang im Rahmen der Metropolenevaluation bei den ‚weichen‘ Faktoren vornehmlich auf ‚Kunst, Kultur und Kulinaria‘ abgestellt, so blieb es hinsichtlich der Qualität und Quantität des aktiven und passiven Sportangebots häufig bei einer Randnotiz.“ Neue Impulse freilich haben in den letzten Jahren zu einer anders gelagerten Entwicklung geführt, so dass wiederholt Sportstätten als Beispiele einer selbstbewussten signature architecture und somit als neue Monumente der Global Cities bei ArchitektInnen ersten Ranges in Auftrag gegeben wurden.

Obendrein von Bedeutung ist natürlich der Aspekt des sich durch die Stadt in sportlicher Manier bewegenden Körpers, von dem eine Dynamisierung des öffentlichen Stadtraumes ausgeht, die mit zur Affirmation des vielgestaltigen Kunstcharakters von Stadt beizutragen vermag. Mit voller Berechtigung unterstreicht Herausgeberin Gabriele Klein: „Städte sind dynamische Kunstwerke, also nicht nur Objekte, reine Materialitäten oder unbewegliche Figuren, sondern Prozesse; Städte sind Skulpturen, die leben, sich bewegen und […] von Menschen in Bewegung gehalten werden.“ Eine mögliche Konsequenz: Der öffentliche Körper auch als Vehikel einer kunstaffinen Dynamik im öffentlichen Raum. Und da möchte man noch jemanden sagen hören, dass Sport und Kunst nicht auf einen natürlichen Nenner zu bringen seien.


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