Angelika Psenner


Das Bild einer Stadt wird – auch – durch die öffentlichen Räume ihrer Straßen und Plätze definiert. Diese spielen eine wichtige Rolle im Zusammenleben der Menschen, sie sind die frei zugängliche Orte, wo Menschen in ihrem Alltagsleben aufeinandertreffen. Aber wie wirkt der von PlanerInnen und BauherrInnen geschaffene architektonische Raum einer Stadt auf jene Menschen, die ihn beleben und benutzen? Wie wird er wahrgenommen, und wie lässt sich diese Wahrnehmung wissenschaftlich erforschen? Können wir in diesem Zusammenhang von einer Interaktion zwischen gebautem Raum und BenutzerIn sprechen? Oder bleiben (artifizielle) Räume – bzw. die Wahrnehmung dieser Räume – unverändert, d.h. in jeder Situation und für jeden Betrachter oder jede Benutzerin gleich? Was bedeutet Raum? Was ist Wahrnehmung?

Diesem Fragenkomplex widmeten sich StadtforscherInnen erstmals in den 60er- und 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Auf erste grundlegende Studien – genannt sei hier vor allem »The Image of the City« von Kevin Lynch (1960) – sind jedoch keine nennenswerten themenverwandten, wissenschaftlichen Arbeiten mehr gefolgt. Eine Mitverantwortung dafür trägt meiner Ansicht nach das Auseinanderdriften der verschiedenen Disziplinen.[1] Zumindest was die Soziologie und die Architektur betrifft, kann ich derzeit keine beständige interdisziplinäre Zusammenarbeit erkennen; vielmehr wirft man sich gegenseitig realitätsferne Unanwendbarkeit der Ergebnisse einerseits und unwissenschaftliche Oberflächlichkeit der Vorgangsweise andererseits vor: »Architects can’t read and they invent their own language that nobody beside them can understand«[2] oder »Soziologen machen sich nicht die Mühe zu schauen, sie wollen alles verbalisieren«.
Die Stadt oder der städtische Raum gilt nun einmal als eines der »komplexesten aller menschlichen Artefakte« (Rykwert 1990) und gerade in dieser Komplexität liegen die Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung mit städtischem Raum als Thema für wissenschaftliche Forschung. Ein großes Versäumnis sehe ich dabei im interdisziplinären Kontext. In meiner Arbeit (Psenner 2001) sollte demnach der Versuch unternommen werden, einen Aspekt der Thematik Stadtraum in einer sparten-übergreifenden Form zu erfassen, d.h. einerseits mit einem wissenschaftlich anerkannten Instrumentarium zu bearbeiten und dabei andererseits für Stadtplanung und Architektur zu übersetzbaren und im planerischen Alltag anwendbaren Ergebnissen zu kommen. Im vorliegenden Text geht es um die analytische Behandlung von Raumwahrnehmung, die anhand eines realen räumlichen Beispiels diskutiert werden soll. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen StraßenbenutzerInnen, also in erster Linie architektonische LaiInnen.

Raum-Betrachtungen

Mit »Raum« ist in diesem Zusammenhang nicht der euklidisch geometrische Raum oder die materielle räumliche Ausdehnung gemeint, denn Raum und das Erleben von Raum besteht aus weit mehr als Territorium, Kubikmeter oder der Textur eingrenzender Oberflächen. Wahrscheinlich ist bereits der Singularbegriff »Raum« irreführend, weil er die Existenz eines »allumfassenden«, alles einschließenden, immer existenten Raums andeutet. In der Philosophie spricht man in diesem Kontext von Behälterraum. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die Antike, auf die aristotelische Vorstellung eines endlichen, durch Fixsterne begrenzten Raums, dessen Zentrum die unbewegliche, kugelförmige Erde bildet. Die Physik liefert heutzutage jedoch bereits Nachweise dafür, dass Raum so wie Zeit eine relative, dynamische Größe ist.
Auch in der alltagsweltlichen Erfahrung gibt es nicht den Raum. Es gibt vielmehr Räume. Ihre Entstehung, ihre Wahrnehmung, ihr Erleben ist ein sozial konstruierter Prozess. Entsprechend unseren eigenen biografischen Erfahrungen bilden wir Raumstrukturen aus, die in dieser Form nur für das einzelne Individuum bestehen. Sie werden zusammengefügt aus den Räumen, die wir tagtäglich erfassen und konstituieren.
Soziale »Verinselung«[3], technologische Entwicklung und Globalisierung führten zu einer Abschwächung der Vorstellung des Behälterraums. Wir bewegen uns hin zur Idee der einzelnen, relationalen Raumeinheiten, die wir ständig neu ausbilden und untereinander zu unserem individuellen Raum verknüpfen. Dieser Aspekt zeigt, dass Raum in keinem Fall statisch ist – er entsteht vielmehr gemäß unseren Ansichten. Das bedeutet:

  • die Entstehung von Räumen ist ein soziales, prozesshaftes Phänomen;
  • Raum ist eine relationale Anordnung von Lebewesen und sozialen Gütern;
  • Raum entsteht in der Wechselwirkung zwischen Handeln und Strukturen, und er wird unter vorstrukturierten Bedingungen konzipiert;
  • Räume werden meist in Routineverhalten und in repetitiven Handlungen produziert (Löw 2001).
    Ich denke, dass wir eine sozialisierte und symbolisierte Art der Wahrnehmung entwickeln, die uns hilft, mit dem Überangebot an Information umzugehen. Diese Hypothese beinhaltet die Annahme, dass Raumwahrnehmung, wenn sie in der Gesellschaft entwickelt wird, auch in einer gewissen Abhängigkeit zu ihr steht. Damit meine ich, dass Menschen aus verschiedenen sozialen Umfeldern unterschiedlich wahrnehmen.
    Aus meinem Straßenprojekt wird deutlich, dass Menschen dazu neigen, Orte (sogar jene in der »eigenen« Stadt) mit Images (Vorstellungen, mentalen Bildern) zu vergleichen, wobei es sich dabei zumeist um Medienprodukte aus Fernsehen und Film handelt. Dies tritt besonders dann in den Vordergrund, wenn es sich dabei um der Testperson unbekannte Orte handelt, die noch nicht mit eigenen Erfahrungen behaftet sind und wo internalisierte Schemata keine direkten, persönlichen Bezüge herzustellen vermögen.

(Visuelle) Wahrnehmung

Wahrnehmungsforschung wird in verschiedenen Fachbereichen betrieben, wodurch sich eine breite Palette an möglichen Zugängen ergibt: Philosophie, Medizin, Biologie, Psychologie usw. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die theoretischen Modelle, die dafür in den letzten fünf Jahrzehnten entwickelt wurden, zunehmend an Komplexität gewannen. Vor allem in letzter Zeit wurde eine fächerübergreifende Abhandlung der Thematik angestrebt.
Die einfachen, linearen Informationsverarbeitungsmodelle der 60er-Jahre, hatten das Individuum zum passiven Empfänger gemacht, der lediglich auf äußere Umstände reagiert. Der sequenzielle Aufbau dieser Modelle bot auch keine Erklärung dafür, in welcher Weise die verschiedenen einfließenden Informationen durch unsere simultan arbeitenden Sinne koordiniert und korreliert werden. Ulrich Neisser hingegen interpretiert Wahrnehmung als konstruktiven Prozess, als kontinuierliche Tätigkeit und Aktivität, die sich nicht nur auf ein einzelnes Sinnessystem beschränkt (Neisser 1978, 89ff.). Sehen ist untrennbar mit unseren Vorstellungen von der Welt, mit unserer Neugier, mit unseren reflexartigen Bewegungen (eyemovements und Körperbewegungen, z.B. ein leichtes Drehen des Kopfes) und mit richtigen Erkundungsaktionen (unter Einsatz aller Sinne) verbunden. Wahrnehmung kann man also erlernen und trainieren. Und: was wir sehen steht in Abhängigkeit zu dem, was wir erwarten zu sehen. Unsere Wahrnehmung ist nicht allein von der vorgefundenen Information abhängig, sie wird vielmehr auch von unseren Anlagen, unseren Vorstellungen, unseren Erfahrungen beeinflusst. Dies bestätigt auch die Gestalttheorie.
Sehen ist abhängig von:

  • der mentalen Vorstellung (unser Bild von der Welt und unsere Erwartungen);
  • der perzeptuellen Erkundung (Augenbewegungen, eine durch Greifen und Tasten erfolgende haptische Erkundung , also dem Gebrauch der anderen Sinne);
  • dem Angebot an vorgefundener Information.
    Wenn wir davon ausgehen, dass wir aktives Wahrnehmen erlernen und unsere Fähigkeit des Sehens entwickeln, so lässt sich ein direkter Rückschluss zu unserem gesellschaftlichen Umfeld ziehen: Unsere Wahrnehmung steht demnach auch in Abhängigkeit zu unserem sozialen Leben. Davon gehe ich aus, und das bedeutet: Die Gesellschaft, in der wir leben, lehrt uns unsere Umgebung in einer bestimmten Art und Weise zu lesen. Die Perzeption von städtischem Raum hängt – auch – von den sozialen Voraussetzungen der wahrnehmenden Person ab.
    Diese hier nur kurz angeführten, theoretischen Abhandlungen zu den Themen Raum und Wahrnehmung werden als Voraussetzung zu einer stimmigen Bearbeitung des Feldforschungsprojekts angesehen.

Die Praterstraße

Der Aufwand der Datenerhebung – es handelt sich dabei um Dokumentenforschung einerseits und eine elaborierte, zeitaufwendige Feldstudie andererseits – machte eine klare Definition des Forschungsfeldes notwendig. Die Wahl fiel auf die Praterstraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk, die Leopoldstadt. Zur Begründung dieser Wahl lassen sich mehrere Punkte anführen:

  • ihre Relevanz im heutigen Stadtsystem;
  • ihre reich facettierte historische Entwicklung;
  • und letztendlich der Umstand, dass ihre Geschichte und ihre unterschiedlichen stadtsystemischen Positionen historisch und literarisch[4] gut dokumentiert sind. Diese Straße wurde mit einer, für die Wiener Vorstadt untypischen, großzügigen Maßstäblichkeit angelegt: es gibt mehrgeschossige, prachtvolle Bürgerhäuser mit urbanen Erdgeschoßzonen und geräumigen Gehsteigen. Ihr breiter Straßenquerschnitt und die verkehrstechnisch günstige Lage ließen die Praterstraße die Funktion einer Verbindung zwischen Stadtkern und Stadtrand übernehmen. Was sie außerdem auszeichnet und ihr Boulevard-Charakter verleiht, ist die Verflechtung verschiedener wichtiger Funktionen. Denn neben einer stark belasteten Verkehrsader erfüllt diese Straße auch die Aufgaben einer Einkaufsstraße, einer Nahversorgungsader, und sie ist außerdem Spazier- und Flanierweg für AnrainerInnen und PraterausflüglerInnen. Diese Vermischung der Funktionen, die reiche Facettierung ihrer Gestalt, machen sie zum geeigneten Forschungsfeld.

Aufbau und Ablauf der Feldstudie

Um die Frage »Wie wird urbaner öffentlicher Raum wahrgenommen?« behandeln zu können, wurde für das Forschungsfeld Praterstraße eine besondere Testreihe entwickelt. Die einzelnen Tests nenne ich Spaziergänge, denn es handelte sich dabei um die Inszenierung einer kleinen Stadtwanderung. Dabei wurde die Praterstraße in ihrer ganzen Länge (ca. zwei km) auf einem standardisierten Weg abgeschritten. Die Testpersonen wurden ersucht, ihre Wahrnehmungen zu verbalisieren, zu werten und fotografisch zu dokumentieren. Die Transkription der Interviews erfolgte silben- und dialektgetreu, wodurch eine über den textorientierten, sachlichen Inhalt hinausgehende Interpretation ermöglicht wurde.

Analyse und Methodik

Die Spaziergänge ergaben einen enormen Output an Material, in Form von Bildern und Text, die es in weiterer Folge mit adäquater Methode zu analysieren galt. In der Evaluation und Auswertung der Fotos bediente ich mich wissenschaftlicher Methoden aus den Fachbereichen Soziologie und Visual Research, welche mit bewährten systematischen Analysemethoden der Architektur ergänzt und ausgebaut wurden. Damit sollten fachbedingte Voreingenommenheit und eine eventuell existierende Erwartungshaltung unterbunden und so ein neuer Zugang zur Materie ermöglicht werden.
Fotos werden in meiner Arbeit niemals mit Wahrnehmung gleichgesetzt – wer durch eine Kamera schaut, benimmt sich anders als jemand, der »so nebenbei« den Raum erforscht, durch den er/sie sich bewegt und mit seinen Augen sowie mit all seinen Sinnen abtastet. Wohl aber können Fotos einen Hinweis auf die Wahrnehmung geben, sofern sie zusammen mit dem Text der Interviews behandelt werden.

Lesemaschine

Um die insgesamt 373 Bilder in eine überschaubare und lesbare Form zu bringen, wurde eine interpretatorisch handlungsleitende »Lesemaschine« entwickelt. Sie ermöglicht sowohl den Überblick über das gesamte Material als auch die Komparation in verschiedene Richtungen. Die Lesemaschine besteht in der Aneinanderreihung der verschiedenen Fotoserien der einzelnen Testpersonen. Jeder vertikale Streifen entspricht der Aufnahmereihe einer Testperson. Die horizontale Linie markiert eine bestimmte Stelle in der Straße. Mit dieser Analysemethode werden Überschneidungen in der Wahrnehmung bzw. Diskrepanzen sichtbar.

Kartografierung

Eine weitere Bearbeitungsmethode stellt die Kartografierung der Bilder dar. Dabei werden die Fotos, aber auch die Bewegung der Testperson im Raum nach speziellen Schemata in den Straßenplan eingetragen. Mithilfe der üblichen Plan-, Symbol- und Legendengrafik werden dabei der Testablauf und das Wahrnehmungsergebnis im Einzelnen ablesbar. Bei der Eintragung der Fotografien wurde unterschieden, ob diese mit Normalobjektiv, Zoom oder Detailzoom gemacht wurden, oder ob Panoramaaufnahmen entstanden sind. Daraus werden auch Zusammenhänge zwischen den vom Raum gebotenen Möglichkeiten und der Wahrnehmung selbst erkennbar.
Bei der Überlagerung aller 14 auswertbaren Einzelpläne ergibt sich ein Sammelplan, der bereits interessante und aufschlussreiche Interpretationsmöglichkeiten etwa zum Thema »Dichtzonen/Leerstellen« bietet.

Ergebnisse

Die Entstehung des Raums ist ein soziales Phänomen und als solches steht es in engstem Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungen. Es gilt demnach, die Wahrnehmung von Räumen als prozess-haftes Phänomen zu begreifen.
Die »absolutistische« Raumvorstellung der vergangenen Jahrhunderte gilt als überholt. Dies betrifft also die Vorstellung vom Raum als Behälter von Dingen und Menschen, verbunden mit der Ansicht, dass Raum als eigene Realität existiert und nicht als Folge von menschlichem Handeln verstanden werden muss. Diese Vorstellung ist somit für unsere Gesellschaft nicht mehr anwendbar. Wenn nun aber Raum nicht länger als starrer Hintergrund für unsere Handlungen begriffen, sondern vielmehr in den Handlungskontext eingebunden wird, dann kommen wir dem verlangten prozessualen Raumbegriff schon sehr nahe. Dieses Begriffsverständnis leitete die Analyse des Feldforschungsprojekts »Praterstraße«.
Was lässt sich nun im Allgemeinen über die Wahrnehmung des gewählten Raumbeispiels sagen, und wo ist es als PlanerIn möglich, bei zukünftige Entwicklungen des städtischen Raum anzusetzen oder auch in diese regulativ einzugreifen? Aus raumtechnischen Gründen können diese Fragen hier lediglich anhand eines ausgewählten Untersuchungsbereichs andiskutiert werden.

Jahreszeiten – geplanter, konzipierter Raum

Die Wahrnehmung von urbanem öffentlichem Raum steht in direkter Abhängigkeit zu Temperatur, Klima und Naturerscheinungen. Die Jahreszeit übt demnach beträchtlichen Einfluss aus. Im Winter ließ sich bei den Testpersonen eine starke Objektbezogenheit im gewählten städtischen Raum beobachten, während in der wärmeren Jahreszeit die Bereitschaft zur Wahrnehmung von Räumen größer ist. Während in der kalten Jahreszeit also die Perzeption von einzelnen Objekten, von Straßenmobiliar oder Fassadendetails überwiegte, verschmolzen diese »Detailaufnahmen« in den warmen Monaten eher zu einer räumlichen Einheit, die Testpersonen sprachen dann von einem »Platz«, einer »Nische«, einer charakteristischen »Ecke«.
Die in der Planung konzipierten klein-städtischen Raum- oder Platzeinheiten werden demnach erst unter wirklich günstigen Bedingungen nachvollzogen. In dieser Weise »vor-arrangierte« und nicht ihrer Intention entsprechend erkannte Räume werden von der Wahrnehmung ausgespart oder aber als negativ bewertet.
Da es sich bei Wahrnehmung um sozialisiertes Verhalten handelt, werden Raumkonzepte dann erkannt, wenn sie auch »gelesen« werden können, also wenn die verwendeten Symbole und Codes dem eigenen Lebenswandel oder der Erfahrung entsprechen. So reagieren am Land oder in der Kleinstadt lebende (oder aufgewachsene) Testpersonen durchwegs stärker auf »Platzklischees«, wie den Bodenbelag (Pflastersteine), eine rustikale Holzbank, einen Baum oder einen Brunnen. Bei den sogenannten »Stadtkindern« gehen hingegen diese Codes im Sammelsurium aller übrigen Eindrücke unter und werden nicht ausgefiltert. Planerische Inszenierung im öffentlichen Raum ist nicht für alle in gleichem Maße wahrnehmbar.

Aussichten

Das Potenzial der vorliegenden bildlichen und textlichen Daten sowie der angewendeten Methode selbst ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. So ließe sich etwa untersuchen, ob es Unterschiede zwischen weiblicher und männlicher Raumwahrnehmung gibt oder inwiefern das Alter einer Testperson ihr »Sehen« beeinflusst. Auf diese Aspekte konnte in meiner Analyse allerdings nicht eingegangen werden, da sie zugunsten der Erarbeitung einer kombinierten visuellen Methodik relativ kurz gehalten wurde. Es wurde jedoch ein erstes, anfangs formuliertes Ziel erreicht: Mit einem (neuen) wissenschaftlichen Instrumentarium Aussagen über einen ausgewählten Straßenzug zu tätigen, die in eine künftige planerische Arbeit einfließen können.
Die Forschungsfrage: »Wie wird ein spezieller öffentlicher urbaner Raum wahrgenommen?« wurde hier unter einem bestimmten Aspekt und – was den konkreten, praktischen Nutzen betrifft – auch für einen bestimmten LeserInnenkreis (vor allem PlanerInnen und ArchitektInnen) beantwortet.

Fußnoten


  1. Diese Annahme sehe ich z.B. durch den Umstand bestätigt, dass im konzeptionellen und daher transdisziplinär agierenden Kunstbereich seit jeher, aber besonders in den letzten Jahren, eine starke und intensive Auseinandersetzung mit Stadtraumwahrnehmung stattfindet. Beispiel dafür sind: 17:48. Eine Arbeit im Institut für Gegenwartskunst und im Stadtraum von Wien (Wien, 1994), Studiocity. L.A. (fleeting instruction 4) (Los Angeles/Wien, 1997), Die televisionierte Stadt (Wien, 1999), rebound (Tokyo/Wien, 2001). ↩︎

  2. Zitat von Edward W. Soja am Kongress Technopolis (14.-17. November 2001 am Institut für Kulturwissenschaften, Wien). ↩︎

  3. Damit meine ich – mit Bezug auf die Arbeit von Martina Löw (2001) – eine besondere räumliche Vergesellschaftung unserer Zeit, nämlich den Umstand, dass Kinder im Heranwachsen keine kontinuierliche Vergrößerung ihres räumlichen Umfelds erleben, sondern ihnen einzelne Räume gezeigt werden, die »wie Inseln über die Stadt verteilt« liegen. Sie werden in einen ausgewählten Kindergarten, später in die geeignete Schule gefahren, die Eltern bringen sie am Nachmittag in den Sportklub oder zum Musik- und Sprachenunterricht. Dadurch bildet sich ein Freundeskreis aus, der sich ebenso über die ganze Stadt verteilt. Die verstreut liegenden Wohnungen der FreundInnen werden zu weiteren Inseln, aus denen sich der bekannte, erforschte Raum des Kindes zusammensetzt. Dabei bleibt das eigene Wohnumfeld oft bis zu einem Alter von neun oder zehn Jahren ausgespart, denn erst in diesem Alter beginnen Stadtkinder eigenständig ihre Ort aufzusuchen und ihre direkte Umgebung zu erkunden. ↩︎

  4. In vielen Biografien jüdischer SchriftstellerInnen finden sich detaillierte Aufzeichnungen zu ihrem Heimatbezirk, der Leopoldstadt, und häufig auch zur Praterstraße. ↩︎


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Literaturliste

Burgin, Victor (1996) In/Different Spaces. Place and Memory in Visual Culture. Berkeley/Los Angeles.

Foucault, Michel (1991) Andere Räume. In: Wentz, Martin (Hg) Stadt-Räume. Die Zukunft des Städtischen. Frankfurter Beiträge, Bd.2. Frankfurt/ New York, 65-72.

Goffman, Erving (1997) Das Individuum im öffentlichen Austausch. Mikrostudien zur öffentlichen Ordnung. Frankfurt.
Harvey, David (1989) The Experience of Space and Time. In: Harvey, David The Condition of Postmodernity. Cambridge, 201-225.

Löw, Martina (2001) Raumsoziologie. Frankfurt.

Lynch, Kevin (1989/ Orig. 1960) Das Bild der Stadt (The Image of the City). (Bauwelt Fundamente 16) Braunschweig/ Wiesbaden.

Neisser, Ulrich (1978) Perceiving, Anticipating, and Imagining. In: Wade Savage, C. (ed.) Perception and Cognition. Issues in the Foundation of Psychology. Minneapolis, 89–105.

Psenner, Angelika (2001) Wahrnehmung im urbanen öffentlichen Raum. Ein Feldforschungs-projekt in der Praterstraße. Wien/ Leopoldstadt. Dissertation an der TU-Wien

Psenner, Angelika (2002) »Also unten ist’s schön und oben ist’s Bibione« (Visuelles) Wahrnehmen im urbanen öffentlichen Raum. In: SWS-Rundschau Heft 1-2002

Reichert, Dagmar (1996) Räumliches Denken als Ordnen der Dinge. In: Reichert, Dagmar (Hgin) Räumliches Denken. Zürich, 15-55.