landscapes_
Maria Theresia Litschauer setzt sich schon seit geraumer Zeit mit Stadtbildern auseinander, damit, wie die Stadt erscheint, wie sie uns erscheint und wie sie so in immer anderer Weise erscheint. Ihre letzten – in Österreich gezeigten – Ausstellungen hatten New York zum Thema: urban grid - personal city im Mai 2000 in der Neuen Galerie Graz und NY Trespassing im Februar/März 1999 in der MAK-Galerie in Wien.
landscapes_ ist vom 3. März bis zum 5. Mai 2002 in der Kunsthalle Krems zu sehen, präsentiert von ORTE architekturnetzwerk niederösterreich und der Kunsthalle Krems.
Maria Theresia Litschauer setzt sich schon seit geraumer Zeit mit Stadtbildern auseinander, damit, wie die Stadt erscheint, wie sie uns erscheint und wie sie so in immer anderer Weise erscheint. Ihre letzten – in Österreich gezeigten – Ausstellungen hatten New York zum Thema: urban grid - personal city im Mai 2000 in der Neuen Galerie Graz und NY Trespassing im Februar/März 1999 in der MAK-Galerie in Wien. Wenn bisher das Phänomen Urbanität untersucht wurde, dann nun, was scheinbar nicht urban ist: Mit ihrer neuen Arbeit ist Litschauer nach Niederösterreich gegangen, genauer: ins Waldviertel, das – zumindest von Wien aus gesehen – noch das Versprechen einer Andersheit, einer ursprünglichen Landschaft und Lebensweise mit sich führt. Dieser Mythos wird grundlegend aufgerollt, nicht die Andersheit des Landes wird entdeckt, sondern seine Annäherung an die Stadt; Urbanisierung des Landes und Ruralisierung der Stadt mit dem Ergebnis einer suburbanen Landschaft. Was Land war, wird negiert und ersetzt durch seine Formierung, topographische Besonderheiten durch die immer gleichen Formen von Straßen, Brücken, Leitungen, Häusern, Supermärkten und Freizeiteinrichungen. Von Landschaften zu landscapes_.
Was offensichtlich scheint, ist es nicht: nicht die sich endlos ausbreitenden gleichförmigen suburbanen Strukturen werden von den Menschen gesehen, die sich dort ansiedeln, sondern Leben im Grünen, Freiräume, ein eigenes Heim, individuell gestaltet, ein individuelles Leben versprechend. Und daran wird gebaut, auf durchschnittlichen 700 m2, umgeben von immergrünen Thujenhecken, geschützt von ausladenden Dächern, möglichst mit Krüppelwalm. Wichtig ist auch die individuelle und rasche Erreichbarkeit, eine abwechslungsreiche Versorgung, verschiedene Angebote für die Freizeit ... Was Litschauer mit ihren Aufnahmen und deren Zusammenstellung thematisiert, ist dieser Wunsch und seine Bedeutung: die Sehnsucht nach dem Eigenen, dem Individuellen wie dem Traditionellen, nach einem Stück »Land« und was entsteht, wenn diese Träume gebaut werden. Ihr Blick ist kein denunziatorischer und auch keiner, der es besser weiß; er beschränkt sich darauf zu beschreiben, was er gesehen hat, was aber nicht notwendig gesehen werden muss. Es ist ein neutraler und analytischer Blick, der die Ambivalenz unserer Wünsche aufdeckt und in ihrer ganzen Bandbreite darstellt. Ihre Künstlichkeit und ihre Natürlichkeit. Ihre Berechtigung und ihren Wahnsinn. Und ihren unendlichen Expansionswillen.
Diesen Wunschstrukturen hat sich Maria Theresia Litschauer nicht nur fotografisch genähert, sie hat auch in Archiven und Ämtern recherchiert und aussagekräftiges Datenmaterial zusammengetragen. Die sechs untersuchten Bereiche _routes, _malls, _homes, _fun, _power, _dumps werden in Bild und Text vorgestellt, die Fotos von Gesetzestexten und politischen Leitlinien für die Raumordnung und Bauordnung sowie Zahlen und Fakten der Statistik bestätigt wie auch konterkariert. Auch hier spricht das Material – fast – von selbst: die Interpretation beschränkt sich auf Auswahl und Zusammenstellung; mehr ist auch nicht notwendig, die Widersprüche werden von selbst sichtbar. Wo von Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs oder Verdichtung gesprochen wird, geben Zahlen und Fotos ein beredtes Bild von der Situation: aufgelassene Nebenstrecken, rasch wachsende Einfamilienhaussiedlungen und unkontrolliert wuchernde Gewerbeparks sind die Realität. Wo Gemeinschaftssinn vorgegeben wird, offenbaren sich Privatinteressen. Die tatsächlichen Wünsche stecken tiefer, als eingestanden werden kann; aber was sich der Sprache entzieht, kommt dennoch an die Oberfläche und tritt in gebauter sichtbarer Form in Erscheinung ... deren strukturelle Symptomatik sich einer Analyse nicht gänzlich entziehen kann.
Die Bilder sind Schwarz-Weiß-Reproduktionen von Farbfotos, die in der Ausstellung als C-prints im Format 40 x 50 cm, bzw. 120 x 150 cm gezeigt wurden.
Christa Kamleithner
Maria Theresia Litschauer