Frankfurt am Arsch
Gegenwärtig gibt es eine Debatte über schrumpfende Städte. In der Regel denkt man dabei in Deutschland an niedergehende Regionen im Ruhrgebiet oder an verödete Stadtlandschaften im Osten. Möglicherweise kann man an der gegenwärtigen Entwicklung von Frankfurt einen neuen Typus ausmachen, nämlich den der »schrumpfenden Dienstleistungsstadt« . Hatte die Metropole in den 1980er Jahren entscheidend von der Internationalisierung der Ökonomie profitieren können, so scheint der gegenwärtige Globalisierungsschub die Fundamente der städtischen Wirtschaft zu unterminieren.
Aufstieg zur Global City
Welche Gründe waren für den Aufstieg Frankfurts zu einer »Global City« verantwortlich? Gewissermaßen profitierte die Stadt von den Folgen des Zweiten Weltkrieges. So entschieden sich die westlichen Alliierten, die Stadt wegen ihrer zentralen geografischen Lage zum Verwaltungssitz des vereinigten Wirtschaftsgebietes der drei Besatzungszonen zu machen. Auch die Gründung der »Bank deutscher Länder«, der Vorläuferin der späteren Bundesbank, und das Abwandern vieler Geldinstitute aus der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin stellten weitere Bausteine für den Ausbau zu einem europäischen Finanzzentrum dar. In wachsendem Maße siedelten sich hier auch Unternehmen und Institutionen mit Zentralfunktionen an. Bereits zu Beginn der sechziger Jahre umfasste der tertiäre Sektor mehr als die Hälfte der bestehenden Arbeitsplätze. Frankfurt lag damit an der Spitze aller bundesdeutschen Städte. Von strategischer Bedeutung war aber auch ein moderner Industriebestand – die chemische Industrie und der Elektronikbereich –, von dem wichtige Impulse für die Nachfrage nach hochwertigen Dienstleistungen ausgingen.
Natürlich profitierte die lokale Finanzindustrie vom ökonomischen Potenzial der stark exportorientierten deutschen Wirtschaft und der Bedeutung der D-Mark als zweitwichtigste Reservewährung der Welt. Immer mehr ausländische Banken ließen sich in Frankfurt nieder und werteten den Standort beständig auf. Auch der beständige Ausbau des Flughafens und die Aufwertung des Messekomplexes trugen wesentlich zur Stärkung der »Global City« -Strukturen bei. In den 1990er Jahren hegten nicht wenige KommunalpolitikerInnen und BankerInnen den Traum, die hessische Metropole könne bald die Londoner City strategisch überholen. Fast alle ExpertInnen gingen damals davon aus, dass sich die Arbeitsplätze in der Bankenbranche schon bald verdoppeln würden. Das Gegenteil ist eingetreten.
Der Ausbau der Headquarter-Ökonomie vollzog sich allerdings nicht bruchlos. Die fast ausschließliche Orientierung der lokalen Administration an wirtschaftlichen Interessen und die funktionale Modernisierung der Stadt verschafften Frankfurt bald das Image eines »Mainhattan von Deutschland« . Kommunalpolitik und Planung waren von einer Wachstumsphilosophie geprägt, die rigoros auf die Expansion der Tertiär-Ökonomie im Kernstadtbereich setzte. Gegen solche Ambitionen artikulierte sich gegen Ende der 1960er Jahre ein wachsender Widerstand, der sich nicht mit dieser hemdsärmeligen Planungs- und Wachstumspolitik abfinden wollte. Vor allem die so genannte Häuserkampfbewegung machte der Stadtverwaltung und der Politik eine Weile das Leben schwer. Diese Phase heftiger sozialer Auseinandersetzungen endete schließlich im Jahr 1977 zwar mit der Abwahl der sozialdemokratischen Stadtregierung, aber die bauliche Expansion der Finanzindustrie ging ungebrochen weiter.
Der Wahlsieg der CDU unter der Führung von Walter Wallmann basierte vor allem auf der tiefen politischen Krise der lokalen SPD, die es nicht verstanden hatte, die Metropolitanisierung der Stadt mit einer passenden Integrationsstrategie zu verbinden. Im Unterschied zu den Sozialdemokraten hatte der Führungszirkel der Konservativen begriffen, dass die Erringung von Wahlmehrheiten und die Durchsetzung von Stadtprojekten zunehmend auch darauf beruhte, Identitätsangebote an die Bevölkerung zu machen. Kultur entwickelte sich so zum »Ferment der Kommunalpolitik« (Walter Wallmann). Mit Hilfe eines expansiven Etats konnte innerhalb weniger Jahre eine ganze Kulturlandschaft aus dem Boden gestampft werden – die heute am Zerfallen ist. Dieses Konzept trug entscheidend dazu bei, für lange Zeit die konservative Vorherrschaft über die Stadt abzusichern. Dass Frankfurt schon in den 1980er Jahren zu den höchstverschuldeten Kommunen der Bundesrepublik zählte, schien dabei – in Erwartung eines ungebrochenen ökonomischen Wachstums – unerheblich. Doch damit wurde ein Grundstein für das heutige Desaster des städtischen Haushalts gelegt.
Der zweite wichtige Einschnitt auf dem Weg zur Global City war der Konflikt um den Ausbau des Flughafens. In gewisser Weise kann man die Bewegung gegen die neue Startbahn auch als Widerstand gegen die »Global-Stadt-Funktion« auffassen. Auch wenn es vordergründig um die ökologischen Grenzen des Wachstums ging, kam der Niederlage der Anti-Startbahn-Bewegung im Kontext der Metropolitanisierung Frankfurts eine strategische Bedeutung zu: Die Flughafenökonomie entwickelte sich in den 1980er Jahren endgültig zu einem zentralen Standbein für die Headquarter-Ökonomie.
Katerstimmung nach der Globalisierungsparty
Der Weltstadt-Traum hat in letzter Zeit gehörige Dämpfer bekommen. So wurde die städtische Öffentlichkeit von einer Mitteilung der europäischen Statistikbehörde Eurostat aufgeschreckt, wonach die Rhein-Main-Region mitsamt Frankfurt nach der Wirtschaftskraft nur noch auf dem zwölften Platz der Ballungsräume in der Europäischen Union rangiere und damit binnen sechs Jahren fünf Plätze verloren habe. Ebenso kam ein Gutachten der lokalen Industrie- und Handelskammer zu dem Schluss, die Stadt verliere vor allem Arbeitsplätze in den Schlüsselsektoren. Zwar sei Frankfurt noch immer der führende Finanzplatz in Kontinentaleuropa, allerdings gebe es nirgendwo sonst eine derartige einseitige Konzentration auf eine Branche. Tatsächlich weist unter den deutschen Metropolregionen das Rhein-Main-Gebiet den am wenigsten ausgeprägten Branchenmix aus. Drei Viertel der Leistungskraft werden aus dem Dienstleistungsbereich und hier vor allem aus dem Finanzsektor geschöpft. Welche nachteiligen Effekte damit verbunden sind, belegt eine weitere Studie, die die Entwicklung europäischer Agglomerationsräume zwischen 1988 und 2000 miteinander verglichen hat. Die größten Zuwächse bei der Gesamtbeschäftigung in den neunziger Jahren erzielten demnach Städte wie Madrid und München. Die Rhein-Main-Region schnitt dagegen – im industriellen Bereich wie bei den Dienstleistungen – sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene unterdurchschnittlich ab. Den »Gewinnerregionen« ist gemeinsam, dass sie sich auch im Industriebereich relativ erfolgreich behaupten konnten. Das Erfolgsmodell in den 1990er Jahren waren also nicht Global Cities wie Frankfurt, sondern offensichtlich Stadtregionen, in denen der Industrie-Dienstleistungskomplex besonders stark ist.
Deindustrialisierung
Seit Mitte der siebziger Jahre lässt sich in den meisten Stadtregionen ein Deindustrialisierungsprozess beobachten. Dank neuer Produktionskonzepte, die auf verstärkte Rationalisierung, »Verschlankung« der Betriebseinheiten und Outsourcing setzten, begann die industrielle Basis der städtischen Ökonomien allmählich zu zerbröseln. Im Fall von Frankfurt wurde dies noch durch die wachsende Dominanz der Finanzindustrie beschleunigt. Aufgrund des angeheizten Immobilienmarktes versprach die Verwertung der Betriebsgrundstücke mehr Profit als die Fortführung der Produktion.
Am Frankfurter Chemiekonzern Hoechst lässt sich zudem exemplarisch nachvollziehen, welche Auswirkungen die so genannte Shareholder-Orientierung auf den regionalen Standort hat. Vereinfacht gesagt geht es bei Shareholder darum, der Profitabilität eine höhere Priorität einzuräumen als dem Unternehmenswachstum. Daraus ergibt sich eine starke Tendenz zum Umbau und zur Restrukturierung von Unternehmensnetzwerken. Die Übernahmen und Fusionen orientieren sich auf jene Leistungsbereiche, in denen eine überdurchschnittliche Verwertungschance erwartet wird.
Bis Anfang der 1990er Jahre schien der Chemiekonzern ein typisches Beispiel für ein kapitalmarktabgewandtes Unternehmen zu sein. Dies änderte sich aber im Laufe des Jahrzehnts. Nun galt der Aktienkurs als Richtgröße der Unternehmenspolitik. Betriebsbereiche, die für das Kerngeschäft nicht mehr als notwendig galten, wurden abgestoßen und die Ausschüttungen an die Anteilseigner deutlich erhöht. Die Hoechst AG glich einer Großbaustelle: Einerseits wurde der Konzern in mehrere selbständig agierende business units aufgeteilt, gleichzeitig konzentrierte man sich immer mehr auf die Geschäftsbereiche Landwirtschaft und Pharma (life science). Hatte noch zu Beginn der 1990er Jahre die damalige Unternehmensleitung es abgelehnt, strategische Bereiche ins Ausland zu verlagern, so änderte sich dies mit dem Übergang zur Shareholder-Value-Orientierung. Der Anteil der in Deutschland beschäftigten Hoechst-Arbeitnehmer sank nun kontinuierlich. Zugleich stieg mit zunehmender internationaler Diversifizierung die Fähigkeit des Unternehmens, durch Gewinnverlagerungen Steuern zu vermeiden. 1998 erreichte die weltweite Steuerquote des Hoechst-Konzerns mit 37 Prozent einen historischen Tiefstand. Zum Vergleich: 1982 betrug sie 75 Prozent.
In einem wechselseitig sich verstärkenden Prozess von zunehmender Aktionärsorientierung und Internationalisierung lösten sich die Bindungen zum Standort Frankfurt/Rhein-Main immer mehr auf. 1999 wurde die Chemiesparte abgespalten und als eigenständige Firma namens Celanese an die Börse gebracht. Zugleich entstand aus der Fusion mit dem französischen Konzern Rhône-Poulenc die neue Aventis-Gruppe mit Sitz in Straßburg. Von den ehemals 45 000 Beschäftigten in der Rhein-Main-Region blieben am Ende ganze 9 000 erhalten. Mit der aktuellen Übernahme von Aventis durch Sanofi geht das Fusionsspiel in die nächste Runde. Denn damit entsteht der drittgrößte Pharmakonzern der Welt, der seinen Sitz in Paris haben wird. Für die französische Regierung besitzt die Pharmabranche eine ebenso große strategische Bedeutung wie etwa der Energiebereich, die Rüstungs- und Luftfahrtbranche oder die Telekommunikation. Aventis hat zwar den Beschäftigten in der Rhein-Main-Region eine Bestandsgarantie bis Ende 2007 eingeräumt, aber mittelfristig prognostizieren Finanzanalysten bei Sanofi-Aventis einen Abbau von bis zu 10 000 Arbeitsplätzen.
Krise der Finanzindustrie
Die Hoffnung, Frankfurt könne London ernsthaft Konkurrenz machen, ist wie eine Seifenblase geplatzt. Dass die Bundesregierung die Europäische Zentralbank nach Frankfurt holen konnte, erwies sich im Nachhinein eher als Pyrrhussieg. Die Absage der Briten an den Euro hat London keineswegs geschwächt, sondern eher geholfen: Mit dem Wegfall der nationalen Währungen in Europa kam es zur Konzentration des Euro-Dollar-Yen-Handels in London. Der Devisenhandel hat sich auf dem Kontinent weit gehend erübrigt. Wo Europas wichtigster Finanzplatz liegt, dokumentierten die europäischen Finanzminister auch mit ihrer Entscheidung, den künftigen Bankenausschuss der EU in London und nicht – wie hier sehnlichst erwünscht – in Frankfurt anzusiedeln.
Der Finanzstandort Frankfurt zeigt deutliche Schwächen. Zu Beginn des Jahres 2002 wurde kolportiert, die Deutsche Bank wolle ihren Sitz von Frankfurt nach London verlagern. Darauf folgte die Krise aller Institute mit massivem Arbeitsplatzabbau. Parallel sorgte der weltweite Einbruch der Aktienkurse für einen Rückzug der privaten Anleger von der deutschen Leitbörse. Dann diagnostizierte die Beraterfirma McKinsey, dass sich der Frankfurter Finanzplatz in Auflösung befinde. Tatsächlich war die Zahl der in Frankfurt vertretenen Banken in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und bewegte sich im Jahre 2001 auf dem Niveau von 1985. Schließlich setzt gegenwärtig eine neue Fusionswelle in der globalen Finanzbranche ein. Die Frage steht nun im Raum, ob auch die großen deutschen Banken zum Ziel einer Übernahme aus dem Ausland werden könnten.
Die gesamte Finanzindustrie hat eine tief greifende Transformation erfahren. In den 1990er Jahren schwangen sich vor allem angelsächsische Investmentbanken zu den entscheidenden Arrangeuren bei Fusionen und der Restrukturierung ganzer Branchen auf. Deren wachsende Vorherrschaft im internationalen Finanzgeschäft führte zu einem Bedeutungsverlust kreditbasierter Finanzsysteme und hierauf ausgerichteter Banken. Dies traf auch auf die deutschen Großbanken zu. Verantwortlich dafür war nicht zuletzt das Modell der »Deutschland AG« , das jahrzehntelang die hiesige Wirtschaft geprägt hatte. Der so genannte Rheinische Kapitalismus beruhte auf einer Selbstregulierung von Produktions- und Finanzunternehmen und ihrer Verbände unter Einschluss der Gewerkschaften. Die deutschen Großbanken betrieben eine aktive Industriepolitik, während der Staat auf die Beschäftigung achtete und die Kreditinstitute immer wieder für politisch gewünschte Finanzierungsvorhaben – wie etwa bei spektakulären Krisenfällen – in die Pflicht nahm. Durch eine starke Verflechtung mit Industrieunternehmen versuchten die Banken eine risikomindernde Wirkung bei der Vergabe von Krediten zu erzielen.
Eine Vielzahl spektakulärer Insolvenzen belegte jedoch in den 1990er Jahren, dass sich die Risiken des Kreditgeschäfts deutlich erhöht hatten. Aus der Sicht der Banken rechneten sich gesamtwirtschaftliche Engagements immer weniger. Man glaubte deshalb, sich auf lukrative Felder wie dem Handel mit Aktien und Wertpapieren umorientieren zu müssen. Gerade die Deutsche Bank hatte sich große Mühe gegeben, durch entsprechende Einkäufe in den USA zum Global Player aufzusteigen. Gleichwohl kam es mit der seit Anfang 2000 andauernden Börsenflaute, die vor allem auf dem Zusammenbruch der »New Economy« beruhte, zu einem Einbruch, von dem die deutsche Finanzindustrie besonders getroffen wurde. Diese Krise wird nun mit den üblichen Mitteln – Entlassungen und Rationalisierung – bearbeitet. Man schätzt, dass bislang allein die drei großen deutschen Kreditinstitute an die 50 000 Arbeitsplätze gestrichen haben.
Um Personalkosten einzusparen, übernehmen die Banken auch Strategien, die im Industriebereich als Outsourcing bekannt sind. Neben dem Übertragen bestimmter Prozesse an spezialisierte heimische Anbieter gewinnt deren Verlagerung in das kostengünstigere Ausland an Bedeutung (»Offshoring« ). Betroffen sind vor allem Abteilungen wie Datenverarbeitung, die Informationstechnik oder Call Center. Lange war es bei IT-Diensten zwingend, dass sie an einem Ort erbracht und auch »verbraucht« wurden. Moderne Informations- und Kommunikationstechnik erlaubt es aber mittlerweile, sie weltweit über Netze preisgünstig zu vertreiben. In Deutschland stehen nach verschiedenen Studien bis 2008 möglicherweise 50 000 bis 130 000 IT-Arbeitsplätze durch Offshoring zur Disposition.
Da die wirtschaftliche Struktur der Rhein-Main-Region stark auf den Finanzmarkt und Frankfurts Funktion als »Finanzmetropole« ausgerichtet ist, ist eine Entwicklung, wie man sie aus dem Ruhrgebiet kennt, nicht völlig auszuschließen. Das Revier kam vor mehr als 30 Jahren auch deswegen in eine schwere Krise, weil es stark monostrukturiert war. Durch die fortschreitende Rationalisierung und Internationalisierung der Finanzmärkte wird der Personalbedarf in diesem Bereich mittelfristig sinken. Da von jeder Bank oder Versicherung weitere Unternehmen abhängen, die ergänzende Dienstleistungen anbieten, wie z. B. Gebäudereinigung oder Rechtsberatung, ist davon auszugehen, dass sich der Stellenabbau im Finanzgewerbe wie ein Dominoeffekt auch auf andere Bereiche auswirken wird. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich Restrukturierungsprozesse der Global-Ökonomie auf den lokalen Raum durchschlagen – hier liegt ein entscheidender Unterschied zu der sich lang hinziehenden Strukturkrise der Montanindustrie im Ruhrgebiet –, kann sich der Absturz der Frankfurter Headquarter-Ökonomie in einem relativ kurzem Zyklus vollziehen.
Abfluss an das Umland
Auch die ökonomischen Bewegungen zwischen der Kernstadt Frankfurt und der Region lassen sich als einseitiger Schrumpfungsprozess beschreiben: Es geht um das Gefälle zwischen suburbanem Speckgürtel und Peripherisierung des Zentrums. Viele Umlandgemeinden verzeichnen mittlerweile die größte Dynamik, was das Wachstum betrifft. Nicht nur beim Wohnen, sondern auch bei den Arbeitsplätzen kommt es zu einer Verlagerung in das Umland. Der Verdrängungsdruck vieler Unternehmen aus der Kernstadt, die zunehmenden Flächenansprüche der Just-in Time-Ökonomie und der Spekulationsboom bei gewerblichen Immobilien haben das Gesicht der gesamten Region verändert. Um Frankfurt ist ein regelrechter Ring von Bürostandorten, Distributionszentren und Gewerbeparks entstanden. Am Wohn- und Arbeitsort Frankfurt selbst schafft die veränderte Funktionsteilung zwischen Stadt und Umland wiederum neue soziale Risiken. Die Verschiebung der ökonomischen Dynamik in die Peripherie lässt sich zwar in allen Städten beobachten; dennoch ist die Polarität zwischen Kernstadt und Umland in der Rhein-Main-Region aufgrund der geringen räumlichen Ausdehnung Frankfurts besonders deutlich ausgeprägt. Angesichts eines regional und lokal schrumpfenden Arbeitsvolumens verschärft sich die Konkurrenz auf dem Frankfurter Arbeitsmarkt, wächst gerade in der Kernstadt die Anzahl der Arbeitslosen und SozialhilfeempfängerInnen.
Die aktuellen Bestrebungen der Frankfurter Stadtregierung, reiche Umlandstandorte einzugemeinden, sind vor allem der nackten Not einer ehemals reichen Metropole geschuldet. Gleichzeitig steht hinter der Regionalisierungsdebatte die Furcht, in der Hierarchie der internationalen Stadtregionen noch weiter zurückzufallen. Im Kern handelt es sich dabei um ein Konzept, das den in den 1980er Jahren dominanten Diskurs der »Urbanität« überlagert und eine Verschiebung der urbanen Krise anzeigt: Stand zuvor die Aufwertung des Metropolen-Zentrums im Vordergrund, so geht es nun um eine Neuformierung der zersplitterten Region, die zu einer Kampfplattform für die Metropolenkonkurrenz umgebaut werden soll. Diese Strategie wird aber vorerst scheitern. Die tief verwurzelte Abneigung der Umlandgemeinden gegenüber dem arroganten Frankfurt gewinnt angesichts der ökonomischen Krisensituation eher noch an Schärfe. Die Umlandgemeinden betonen vielmehr ihrerseits, dass Frankfurt über seine Verhältnisse gelebt habe und deshalb die hausgemachten Probleme selber lösen müsse. »Nein danke« heißt es auch zu den sozialen Problemen der Stadt, die man nicht in die Vorortgemeinden exportiert haben möchte. Ein territorialer Kompromiss für die widersprüchlichen Verflechtungen von Stadt und Region ist deshalb nicht zu erwarten. Dabei widersprechen einander die Positionen gar nicht wirklich. Alle wollen irgendwie die Metropole und konkurrieren um die erwünschten Globalisierungseffkte. Aber alle wollen die damit verbundenen sozialen oder infrastrukturellen Probleme vom Hals haben.
Stadtplanung im Ruck-zuck-Kapitalismus
Die Willfährigkeit der Kommunalpolitik gegenüber den Forderungen der Ökonomie hat zwar gerade in Metropolen wie Frankfurt eine lange Tradition, bekommt aber mit der Strukturkrise der Städte und der wachsenden Dominanz neoliberaler Konzepte eine neue Qualität. Ging es in den siebziger Jahren noch darum, die Ungleichheit der Räume zugunsten einer einheitlichen nationalen Dimension aufzuheben, so setzt nun der Staat verstärkt auf die lokale Dimension. Die Städte sehen sich dazu veranlasst, unternehmerische Profile zu entwickeln und eine aktive lokale Arbeits- und Sozialpolitik zu betreiben. Nicht mehr die Bereitstellung sozialer Infrastrukturen, sondern die marktförmige Organisation des städtischen Raums erhält für die lokalstaatliche Politik einen zentralen Stellenwert. Die Abwendung vom etatistischen Solidarprinzip und die Mobilisierung des Raums als strategische Ressource sind die entscheidenden Merkmale der »unternehmerischen Stadt« .
Diese Ausrichtung bringt auch spezifische Territorialstrategien mit sich. So treibt das »Urban Management« den Ausbau der Kernstadt zur Konsum- und Erlebnislandschaft für einkommensstärkere Bevölkerungsgruppen und TouristInnen voran. Und am Rande der Zentren entstehen multifunktionale Raumeinheiten, die in irgendeiner Weise Arbeiten, Wohnen und Entertainment miteinander verknüpfen. Vor allem diesen beiden Formen von Städtebau gilt die Aufmerksamkeit der Planungspolitik. Gleichzeitig zieht sich die kommunale Administration aus der gleichmäßigen Verantwortung für die gesamte Stadt zurück. Sie folgt dabei der Logik einer Standortkonkurrenz, die den Stadtraum durch die Aufwertung einzelner Fragmente hierarchisiert: Bürotürme, Shopping Malls oder »Wohnen am Fluss« sollen für die urbane Qualität der ganzen Metropole bürgen.
Weltstadtniveau I
Jede Stadt produziert ihren eigenen Mythos. Im Fall von Frankfurt spielt insbesondere der Weltstadtanspruch eine besondere Rolle. Die immer dichter werdende Skyline hat sich zum zentralen Raumbild entwickelt. Es steht für ökonomische Prosperität und verheißt zugleich großstädtische Urbanität. Dem Bemühen, endlich auch im Unterhaltungsbereich Weltniveau zu erreichen, ist das Planungsprojekt »Europaviertel« entsprungen, dessen Herzstück aus einem urbanen Erlebniszentrum (UEC) bestehen soll.
Bereits in den 1990er Jahren hatten die lokalen Planungsbehörden ein Entwicklungskonzept für das frei werdende Gleisgelände des stillgelegten Güterbahnhofs erarbeitet, das zwischen Messe, Hauptbahnhof und Bankenviertel liegt. Auf dem östlichen Teil des Areals sollte ein urbanes Erlebniszentrum mit Musicaltheater und Großkino entstehen. Als Entwickler hatten sich die Eisenbahn Immobilien Management GmbH (EIM), eine gemeinsame Tochtergesellschaft der Bahn AG und des Bundes, und der Großinvestor TrizecHahn zusammengefunden. Während die EIM das Grundstück einbrachte, sollte das kanadische Unternehmen seine Erfahrungen als internationaler Investor zur Verfügung stellen.
Im Sommer 1999, als man sich gerade anschickte, die Verträge abzuschließen, preschte die Deutsche Bank mit einem eigenen Projekt vor. Zur Überraschung aller Beteiligten präsentierte sie der Öffentlichkeit den Entwurf einer »Messestadt« , der das bisherige Konzept gänzlich über den Haufen warf. Der damalige Bankchef Ralf Breuer hatte es sich in den Kopf gesetzt, auf dem gesamten Gelände ein neues Stadtviertel mit Mehrzweckhalle und Fußballstadion sowie einer riesigen Shopping Mall aus dem Boden zu stampfen. Die fast zweijährige Geheimhaltung des Vorhabens begründete die Deutsche Bank mit dem Hinweis, man habe verhindern wollen, dass ein solch »großer Wurf« sofort »zerredet« und zu einer Ansammlung »fauler Kompromisse« umgebogen werde. Der Versuch, ganz auf die geballte Macht des eigenen Unternehmens zu setzen, entspricht der vorherrschenden neoliberalen Unternehmensphilosophie. Demnach lässt sich der Prozess der Globalisierung nur durch eine »Entpolitisierung« vorantreiben, d. h. unter Umgehung lokalpolitischer Gremien und Bürgerbeteiligungen. Auf diese Weise wolle man – so das Argument aus der Vorstandsetage – der »provinziellen Verwurzelung« im Wählerwillen entkommen. Frankfurt müsse für qualifizierte Dienstleister aus dem Ausland attraktiver werden. Als internationale Finanzmetropole sei die Stadt zwar anerkannt, doch fehle es an markanten urbanen Höhepunkten, um wirklich einen Spitzenplatz in der Metropolenkonkurrenz einnehmen zu können. Breuers Vision scheiterte dann aber eher am eigenen Dilettantismus als an der kritischen Urteilskraft des Parlaments
Als Reaktion auf den Versuch einer »feindlichen Übernahme« durch die Deutsche Bank entschlossen sich die Grundstückseigentümer nun dazu, das gesamte Gleisgelände in eigener Regie überbauen zu lassen. Als erster Abschnitt war der Errichtung des urbanen Erlebniszentrums projektiert. Ähnlich wie zuvor die Deutsche Bank begründete der Ex-Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl, Mitglied im Aufsichtsrat von TrizecHahn, die Notwenigkeit des Projekts mit dem Verweis auf die Provinzialität von Frankfurt. Als große Vorbilder für den Entwurf wurden der Times Square in New York und der Piccadilly Circus in London bemüht.
Nach der ursprünglichen Planung war für den Unterhaltungskomplex auch ein Musicaltheater vorgesehen. Die Abgeordneten im Römer-Parlament billigten das Projekt nicht zuletzt wegen der Zusage der Investoren, das Disney-Musical »König der Löwen« aufzuführen. Doch als das Musical-Unternehmen Stella AG wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten aussteigen musste, war auch die massenwirksame Attraktion entschwunden. Mehr aus Verlegenheit kam man auf die Idee, stattdessen ein Großaquarium zu errichten oder ein so genanntes Dinner Theater als Unterhaltungselement einzubauen. Diese Varianten wurden aber auch verworfen, weil sie nicht die Anziehungskraft von Musicals besaßen, die ihrerseits in Deutschland längst als Auslaufmodell gelten.
Ein Schicksal, das auch dem urbanen Erlebniszentrum zu drohen scheint. Hatten KommunalpolitikerInnen und ProjektentwicklerInnen den Bau solcher Erlebniskomplexe als zukunftsträchtige Immobilie betrachtet, mit deren Hilfe vor allem brachliegende Liegenschaften von Post und Bahn aufgewertet werden sollten, so mussten die beteiligten AkteurInnen in den letzten Jahren die Erfahrung machen, dass die Begeisterung für diesen neuen Unterhaltungstypus abebbte und damit die Risiken der Investoren wuchsen: Angesichts eines sich schnell wandelnden Publikumsgeschmacks und eines drohenden Überangebotes reagierte der Markt zunehmend verunsichert.
Vorreiter dieser Abwärtsentwicklung waren die Musical-Theater, von denen Ende der 1990er Jahre einige Produktionen schon kurz nach ihrer Einführung wieder eingestellt werden mussten, weil Investoren wie PlanerInnen die Attraktivität des Stückes oder des Standortes überschätzt hatten. Ähnlich erging es später den Multiplex-Kinos, die als zweite Entertainment-Welle die Innenstädte überfluteten. Heute ist das Angebot größer als die Nachfrage. Nicht weiter verwunderlich. dass nun auch das UEC-Modell ins Schlingern gerät.
Als nächster Stolperstein für das Frankfurter Projekt erwies sich der Abgang von TrizecHahn. Das kanadische Unternehmen zog sich überraschend vom europäischen Markt zurück. Nachdem die Renditen weit hinter den Erwartungen zurückblieben und die Ausdehnungsmöglichkeiten auf dem Kontinent falsch eingeschätzt worden waren, rückte der Konzern von seinem Vorhaben ab, eine große internationale Immobiliengesellschaft aufzubauen und diese anschließend an die Börse zu bringen. Nun war guter Rat teuer, denn die Eisenbahnimmobiliengesellschaft GmbH (EIM) verfügte über keine ausreichende Erfahrung, um ein städtebauliches Vorhaben dieser Größenordnung in eigener Regie durchzuführen.
Doch zunächst ging die EIM im Frühjahr 2001 in der Vivico Real Estate auf, einer Tochtergesellschaft des Bundes, deren Aufgabe vor allem in der Entwicklung und Vermarktung innerstädtischer Liegenschaften besteht. Für das Jahr 2005 ist ein Börsengang geplant, bei dem man insbesondere auf das Interesse von Pensionsfonds aus den Vereinigten Staaten setzt. Während für den Entertainment-Bereich kein Investor gefunden werden konnte, gewann der Grundstückseigentümer Vivico als neuen Kooperationspartner das ECE Projektmanagement, mit dem ein Vorvertrag über den Betrieb eines Einkaufszentrums innerhalb des urbanen Erlebniszentrums abgeschlossen wurde. Es handelt sich dabei um ein Subunternehmen des Otto-Konzerns, das auf diesem Sektor als Marktführer gilt. Mit dem Projekteintritt des ECE veränderte sich auch die Vermarktungsstrategie: Um das Vorhaben effizienter und rentabler zu gestalten, musste aus der Sicht der Betreiber die Handelsfläche deutlich auf Kosten des Unterhaltungsangebots vergrößert werden.
Tatsächlich trat schließlich ein Konsortium, bestehend aus Vivico, ECE und Difa (Deutsche Immobilienfonds AG), mit überarbeiteten Plänen an die Öffentlichkeit. Das neue Konzept sah einen größeren Anteil für Einzelhandel vor und halbierte zugleich die Fläche für Entertainment. Auch das Unterhaltungsprogramm bekam ein neues Gesicht: Mit Open-Air-Bühne, Joggen, Skaten und Freeclimbing sowie anderen unglaublichen Attraktionen sollten Menschen in Scharen angelockt und Kaufkraft vom Umland nach Frankfurt umgelenkt werden. Auch diesmal fehlte nicht der Hinweis auf das Weltniveau. Das UEC werde in Europa einzigartig sein. »Eine Metropole wie Frankfurt« , erklärte Alexander Otto, Chef des ECE, »muss auch als Metropole aufgebaut werden.« An zögerliche ParlamentarierInnen erging gleichwohl die Warnung, dass eine Ablehnung des erweiterten Einkaufszentrums ein Scheitern des Gesamtprojekts zur Folge hätte.
Als vorläufig letzter Akt des Dramas stieg angesichts mangelnder Realisierungschancen die Difa aus dem Konsortium aus. Mit deren Rückzug aus dem UEC-Projekt steht damit auch das gesamte Europaviertel zur Disposition. Aus dieser »unendlichen Geschichte« lassen sich gewisse Lehren ziehen: Standardisierte Produkte wie Musicals oder urbane Erlebniszentren garantieren keinesfalls den Erfolg, den die Kommunalpolitik fast automatisch damit verbindet. Ebenso ist die Durchsetzung eines neuen Images auf eine Realitätsverankerung im Raum angewiesen. Im Gegensatz zur Medienwelt, in der der Umschlag von Zeichen und Symbolen mit einer enormen Geschwindigkeit stattfindet, weist die bauliche Umwelt eine gewisse Trägheit auf. Diese Beharrlichkeit gilt auch für den lokalen sozialen Raum, der sich nicht beliebig den Verwertungserfordernissen von Banken und Investoren anpassen lässt. Zugleich hat die Verlaufsgeschichte des UEC-Projekts einiges darüber zu Tage gefördert, wie Stadtentwicklung und Immobilienspekulation sich gegenseitig bedingen und wie wenig sich die vorherrschende Kommunalpolitik solchen Begehrlichkeiten widersetzt.
Weltstadtniveau II
Schon Anfang 2001 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) das Gelände der Großmarkthalle im Frankfurter Ostend als Standort für ihr künftiges Headquarter favorisiert. Ein Gutachten der EZB schlug damals ein Cluster von drei Türmen vor – obwohl das Gelände im Frankfurter »Hochhausentwicklungsplan« dafür nicht ausgewiesen war. Nach Jahrzehnten des Turmbaus unter Ausschluss oder ungeachtet der kritischen Öffentlichkeit hatte die Stadtverordnetenversammlung 1998 endlich Leitlinien für die nächste Generation von Wolkenkratzern beschlossen, um die Bausünden der Vergangenheit zu vermeiden. Als wichtige Maßnahme sah der Plan eine »Nachverdichtung« im Innenstadtbereich vor. Hochhäuser sollten nur noch in Pulks auftreten, Zufallsstandorte so verhindert werden. Und die ausgewiesenen Flächen befanden sich, eingedenk früherer sozialer Konflikte, nicht mehr in Wohngebieten.
Gleichwohl bekundete die EZB öffentlich, man gehe davon aus, dass eine Turmbebauung auf dem Gelände der Großmarkthalle möglich sei. Tatsächlich versicherten führende KommunalpolitikerInnen umgehend, man werde der Bank keine Steine in den Weg legen. Lediglich die Grünen kündigten damals Widerstand gegen das Hochhausprojekt an. Die faktische Bedeutungslosigkeit des Planungsausschusses demonstrierte die Europäische Zentralbank nun auch mit ihrer Entscheidung, zur Jury für den ArchitektInnenwettbewerb um den Neubau ihres Hauptsitzes keine VertreterInnen des Stadtparlaments einzuladen. Mehr oder minder deutlich gab man zu verstehen, dass es hier schließlich nicht um Lokalpolitik, sondern um ein Architekturprojekt mit Weltniveau gehe.
Kein Zweifel, die ökonomischen Eliten halten die Stadtabgeordneten für Provinztrottel. »Diese Stadt« , forderte kürzlich ein Vertreter der Deutschen Bank gegenüber Frankfurter KommunalpolitikerInnen, »muss auf Vordermann gebracht werden.« Und zwar ruck zuck. Seit die EZB ihr Interesse am Gelände der Großmarkthalle geäußert hat, entdeckt auch die Immobilienbranche das Entwicklungspotenzial des Frankfurter Ostens. Man hofft, dass mit der Ansiedlung der Hauptverwaltung ein regelrechter Boom von Bauprojekten in der Umgebung einsetzen wird.
Allerdings handelt es sich beim Ostend um einen sensiblen Raum. Nahe der Kernstadt gelegen, diente das Altbauquartier bislang als Puffer für den unteren Bereich des lokalen Wohnungsmarktes; man konnte hier noch relativ billige Wohnungen finden. Waren der Frankfurter Osthafen und die Großmarkthalle früher wichtige Einkommensquellen für Geringqualifizierte und TagelöhnerInnen, so ist es heute an diesen Orten still geworden. Stattdessen sind in den letzten Jahren die »Kreativen« und die New Economy in den Stadtteil gezogen. Das Quartier erfährt also einen tief greifenden Transformationsprozess.
Angesichts dieser Dynamik ist das Schweigen des Stadtparlaments zu den sozialen Folgen der Restrukturierung erstaunlich. Ähnliches konnte man auch bei der Verlagerung der Universität aus dem Stadtteil Bockenheim in das IG-Farben-Haus beobachten. Damals standen vor allem die städtebaulichen Konsequenzen des Umzugs im Mittelpunkt der parlamentarischen Debatten, die strukturellen Folgen für die Quartiersökonomie fanden hingegen kaum Beachtung. Aber auch das Bürgertum hält sich in dieser Hinsicht zurück. Während gegen die drohende Wiederwahl des faden Kulturdezernenten Hans-Bernhard Nordhoff (SPD) Prominente jeder Couleur öffentlich aufbegehren, bleiben vergleichbare gesellschaftliche Initiativen aus, wenn es um die »Zukunft des Städtischen« geht.
Diese Haltung hängt sicherlich auch mit dem gegenwärtigen politischen Klima zusammen. Während frühere »Krisen der Stadt« mit hoher sozialer Mobilisierung einhergingen, zeigte der Widerstand gegen das Modell der globalisierten Urbanisierung im letzten Jahrzehnt kaum Wirkungen. Die Expansion von weltstädtischen Ökonomien schien unaufhaltsam und ohne Grenzen. Insofern könnte man sagen, dass die städtische Politik der letzten Dekade eine Kombination von siegreichem Neoliberalismus und marginalisiertem Widerstand kennzeichnete. Aber dieser Zustand muss ja nicht ewig gelten.
Dieser Text wurde für das Projekt 5m2stadtverschiebung (siehe Kasten) verfasst.
Klaus Ronneberger studierte Sozialpädagogik, Ethnologie, Politik und Soziologie. Er war langjähriger Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung Frankfurt am Main. Gegenwärtig freier Publizist. Arbeitsschwerpunkte: öffentlicher Raum, urbane Konsumtion, innere Sicherheit.
Klaus Ronneberger, Stadtsoziologe, Schwerpunkt Stadt- und Raumplanung, Frankfurt