Axel Laimer


Heute wohnt ein Viertel aller WienerInnen in Gemeindebauwohnungen. In den Zwanzigerjahren hatte man die Vorstellung, dass Wien im Jahre 1950 4 Mio. EinwohnerInnen haben würde. Die Wohnungsnot der Zwanzigerjahre war eine Folge des Ersten Weltkrieges, des Zusammenbruchs der Monarchie und des raschen Anwachsens der Stadt seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Wiener Stadtregierung begegnete der Wohnungsnot mit einem Wohnbauprogramm. Durch ein im Vergleich mit anderen Städten sehr schlechtes Enteignungsrecht war die Stadt gezwungen, brachliegende oder unwirtschaftliche Grundstücke zu erwerben. Daher befinden sich Gemeindebauten oft an der Peripherie. Am 21. September 1923 wurde das Wohnbauprogramm inkl. einer sozial gestaffelten Wohnbausteuer beschlossen. Bis Februar 1934 wurden rund 64.000 Wohnungen für 220.000 EinwohnerInnen gebaut. Das war 70% des gesamten Wohnbauvolumens der Stadt. Vorbilder u.a.: englisches Arbeiterhaus, Jubiläumshaus Ottakring (1898), Prinz-Albert-Haus (engl. Weltausstellung), Freihaus (Biedermeier). Parallelentwicklungen gab es in anderen europäischen Städten z.B. Frankfurt/ Main, Berlin oder Amsterdam (führend im sozialen Wohnbau der 20er-Jahre). Die Gemeindebauten verfügten über Einrichtungen wie Zentralwäscherei, Badehaus, Kindergarten, Zahnklinik, Mütterbetreuungsstelle, Bibliothek, Jugendheim, Geschäfte, Apotheke und andere Gesundheitseinrichtungen. Maximaler Verbauungsgrad 50%, in den Gründerzeitbauten über 80%. Die Miete machte in den Gemeindewohnungen drei bis fünf Prozent des Monatslohns aus.


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