Handlung ist der einzige Weg zu echten Lösungen
Nach Olympia, Amsterdam und Hamburg wollen vom Ladyfestvirus Infizierte nun auch in Wien vom 10. bis 13. Juni 2004 ein Ladyfest veranstalten. Das ist ein Musikfestival, das auch Workshops, Filme, Ausstellungen und Orte für Auseinandersetzungen beinhaltet. Damit soll ein feministisch-politisches Statement gesetzt werden. Entstanden ist die Idee aus der Riot Grrrl-Bewegung, die Anfang der neunziger Jahre die Punkidee feministisch weiterentwickelte. Die Grrrls wollten nicht mehr nur die Freundinnen der Gitarristen sein, sondern selbst die Gitarre in die Hand nehmen. So lautete beim Ladyfest in Hamburg der Slogan »Don't fall in love with the star, be the star!«
Nach Olympia, Amsterdam und Hamburg wollen vom Ladyfestvirus Infizierte nun auch in Wien vom 10. bis 13. Juni 2004 ein Ladyfest veranstalten. Das ist ein Musikfestival, das auch Workshops, Filme, Ausstellungen und Orte für Auseinandersetzungen beinhaltet. Damit soll ein feministisch-politisches Statement gesetzt werden. Entstanden ist die Idee aus der Riot Grrrl-Bewegung, die Anfang der neunziger Jahre die Punkidee feministisch weiterentwickelte. Die Grrrls wollten nicht mehr nur die Freundinnen der Gitarristen sein, sondern selbst die Gitarre in die Hand nehmen. So lautete beim Ladyfest in Hamburg der Slogan »Don't fall in love with the star, be the star!«
Das erste Ladyfest fand 2000 in Olympia (USA) statt. Von dort ausgehend entstanden Ladyfeste in verschiedenen Städten. Dabei funktioniert die Idee des Ladyfestes eher wie ein Label, die konkrete Ausgestaltung und inhaltliche Orientierung liegt ganz bei den jeweiligen Organisatorinnen und richtet sich nach dem jeweiligen lokalen Kontext. So spielte sich das Ladyfest in Amsterdam primär in der autonomen Szene ab, das Ladyfest Hamburg eher in der Musik- und Journalistinnenszene. Das folgende Interview führt Ursula Maria Probst mit Guerilla Lady aus dem Organisationskollektiv.
Guerilla Lady: Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass ich als Einzelperson nicht für ein ganzes Kollektiv sprechen kann. Das ist ein ganz zentraler Punkt: die Heterogenität des Organisationsteams. Die Beteiligten kommen aus unterschiedlichen Zusammenhängen und haben mitunter auch verschiedene Vorstellungen, wie so ein Projekt konkret funktionieren soll.
dérive: Wie organisiert ihr denn?
G. L.: Prinzipiell arbeiten wir basisdemokratisch im Kollektiv. Es gibt regelmäßig stattfindende Plena, in denen alle wichtigen Entscheidungen diskutiert und getroffen werden. Das Wichtige und zugleich Schwierige daran – finde ich – ist eben diese Heterogenität anzunehmen und fruchtbar zu machen. Das heißt sie nicht aufzulösen und zu homogenisieren, die verschiedenen Ansätze zu vereinheitlichen, sondern diese Vielfältigkeit abzubilden und auch in die Gestaltung des konkreten Festivals einfließen zu lassen.
dérive: Ist das nicht ein sehr mühsamer Weg – kommen dabei auch Entscheidungen zu Stande?
G. L.: Natürlich müssen dabei, um arbeitsfähig zu bleiben, auch Entscheidungen getroffen werden, was oft sehr lange dauert, aber der Diskussionsprozess ist das eigentlich Entscheidende (im doppelten Wortsinn). Auch bei diesen Beschlüssen versuchen wir die Unterschiede in den Meinungen nicht zu nivellieren, sondern eher abzubilden.
dérive: Wie soll das konkret ausschauen?
G. L.: Ein ganz gutes Beispiel dafür sind unsere Logos. Wir haben nicht ein Logo, sondern neun verschiedene. Das soll einerseits uns als vielgestaltiges Team repräsentieren und andererseits das Konzept der Corporate Identity unterlaufen. Natürlich verlieren wir dadurch viel an Wiedererkennungswert, aber genau darum soll es ja auch gehen: Gängigen – leider auch im kritischen, politisch aktiven Kulturbetrieb gebräuchlichen – Strategien zu widersprechen und zu umgehen, die auf marktorientierte Verwertungspotenziale ausgerichtet sind. Und dazu zählen eben auch Logos, Namen und all das kulturelle und soziale Kapital, das daraus geschlagen werden kann.
dérive: Das klingt ja nach einem sehr dynamischen Prozess. Wie sehen denn eigentlich die Strukturen aus, die hinter euren Projekten stehen?
G. L.: Einerseits wollen wir eine Plattform für alle schaffen, die künstlerisch und kulturell tätig sein wollen, unabhängig von ihrer Professionalität und von ihren Ressourcen. Andererseits haben alle im Organisationsteam unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten beispielsweise im Organisieren von Konzerten, im Abwickeln von Öffentlichkeitsarbeit, Leute mobilisieren etc. Dabei geht es sehr stark darum, Netzwerke zu entwickeln – auch auf der informellen Ebene. Oft muss mensch ja entweder eine Ausbildung zumindest begonnen haben oder sich lange genug in einem bestimmten Umfeld aufhalten, um Strukturen kennen zu lernen und Zugänge zu bekommen. Dazu wollen wir Alternativen etablieren, zum Beispiel indem wir einen Aufruf gestartet haben, Filme einzuschicken, bei dem wir nur thematische Vorgaben machen und keine nach Professionalität.
dérive: Ihr betont stark, wie wichtig es euch ist, unterschiedliche Positionen zuzulassen und nicht zu vereinheitlichen. Kannst du ein Beispiel für inhaltlich unterschiedliche Positionen nennen?
G. L.: Ein Beispiel ist die Frage, wieweit wir uns in Bezug auf die Veranstaltungsorte auf etablierte, kommerzielle Strukturen einlassen. Da gibt es sehr unterschiedliche Meinungen wieweit wir auch in Orte des Mainstreams eindringen sollen, diese in Beschlag nehmen und nach unseren Vorstellungen gestalten, oder ob wir nur in selbstverwalteten Räumen veranstalten wollen, die eine prinzipielle politischen Übereinstimmung gewährleisten. Im Festival wird sich diese Auseinandersetzung so niederschlagen, dass es einerseits im EKH Veranstaltungen geben wird, andererseits aber auch in nicht gerade selbstverwalteten Räumen und aus anderen Kontexten bekannten Orten wie der Künstlerhauspassage. Ein weiterer Punkt ist die Frage der Finanzierung. Wie weit können wirklich alle Gelder »autonom« durch Solidaritätsveranstaltungen aufgetrieben werden und von wem. Ist es akzeptabel doch Geld von öffentlichen Stellen zu nehmen? Da gibt es die unterschiedlichsten Meinungen und so bleibt es jetzt jeder Kleingruppe, die für einen bestimmten Bereich zuständig ist, überlassen, das für sich zu entscheiden. Wobei aber der Großteil über Solidaritätsveranstaltungen finanziert wird.
dérive: Läuft alles unter der Prämisse Do it yourself und wird dadurch auch das Handlungspotenzial forciert?
G.L.: Ja, ganz genau! Es geht darum, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, bei aller Möglichkeit des Scheiterns es einfach mal zu probieren und die eigenen Ideen Gestalt annehmen zu lassen. Damit wollen wir vor allem in den öffentlichen Raum gehen, ihn erobern und besetzen.
dérive: Wie soll das gelingen, wenn das Ladyfest nur drei Tage dauert?
G.L.: Ich glaube, in der temporären Beschränkung liegt auch eine Chance. So können wir vielleicht Orte wie z. B. die Künstlerhauspassage in Beschlag nehmen, neu besetzen und inhaltlich umdeuten, was längerfristig wahrscheinlich nicht machbar wäre. Das heißt aber, dass wir diese Orte schon nachhaltig verändern wollen. Wir wollen dort nicht nur Spuren hinterlassen, sondern den Bedarf für nichtkommerzielle, securityfreie und selbst bestimmbare Räume aufzeigen. Dabei wurde schon diskutiert, wie weit es möglich ist, in bestehende Strukturen hineinzugehen und diese umzudeuten oder ob mensch damit nicht viel eher vereinnahmt und als politisch korrektes Feigenblatt verwendet wird.
dérive: Bezieht ihr den öffentlichen Raum da auch mit ein?
G.L.: Ja, das möchten wir auf jeden Fall. Dazu wird es Projekte geben, worüber wir gerne in der nächsten dérive Ausgabe sprechen können.
Ladyfest