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Peter Hinterkörner


Wer im Restaurant das Degustationsmenü wählt, kann sich die Speisen zwar nicht aussuchen, doch er darf wohl annehmen, dass der Koch beherrscht, was er serviert. Wer im Plattenladen den neuesten House-Sampler ersteht, möchte wohl die Stimmung der letzten durchtanzten Nacht konservieren und nimmt dabei auch schwächere Tracks in Kauf. Auch für das architekturinteressierte Publikum gibt es neben gewichtigen Monographien und anspruchsvollen Theoriewälzern jene Bildbände, die unter wechselnden Überschriften ArchitektInnen aller HerrInnen Länder und deren Projekte präsentieren. Nun gibt es auch aus Österreich Nachschub für den Markt der kalorienarmen Baukunst-Lektüre.
Ausgangspunkt für 20 x 3 Projects by Young Austrian Architects waren die Vorträge im Rahmen der Initiative »architektur – in progress«, die seit Dezember 1997 bis dato weniger bekannten, jungen Architekturschaffenden eine Plattform zur Präsentation ihrer Ideen und Projekte geboten haben. Mit der nun vorliegenden Publikation wird nicht nur diese Initiative gewürdigt, sondern auch versucht, das Thema des »Bekanntmachens« des österreichischen (im vorliegenden Fall fast ausschließlich Wiener) Architekturpotenzials auf einer höheren Ebene durchzuspielen. Nachdem wir seit einiger Zeit mit Jahrbüchern niederländischer Architektur und El croquis-Ausgaben über die spanische Szene bombardiert werden, soll also nun endlich auch auf dem Buchsektor der österreichischen Architektur jener Stellenwert eingeräumt werden, den sie nach Meinung der Herausgeber (und nicht nur dieser) verdient. Zu diesem Zweck bietet 20 x 3 ein modisches Layout (die absolut leseuntaugliche Kombination der beiden Leitfarben pink und silber dürfte vor Drucklegung niemand gesehen haben), zweisprachige Texte (in manchmal etwas hölzernem Englisch, teilweise auch sehr künstlich-geschraubtem Deutsch) – und eine durchaus bekömmliche Mischung aus Projekten und bereits Gebautem von 20 ArchitektInnenteams (von L.O.V.E. bis Sputnic, von Querkraft bis Rataplan).
Obstgarten light also statt Wiener Schnitzel. Ja, wenn man Kritik üben möchte, dann könnte sie wohl hier ansetzen: Das Buch möchte international wirken und verliert so im mittlerweile unüberschaubar gewordenen Angebot an Architektur-PR seine Signifikanz. Die spezifisch österreichische Note kommt lediglich – dafür aber gleich dreifach in Vorwort, Editorial und Prolog (!) – im (tatsächlich etwas zu) Kleingedruckten zu Vorschein, nämlich mit dem großen Wehklagen über die triste Situation speziell junger ArchitektInnen in Österreich. So bedauerlich und bekämpfenswert diese auch ist, der erhofften ausländischen LeserInnenschaft wird das wohl wahlweise uninteressant oder gar nicht so unbekannt erscheinen. Worin aber beispielsweise die Qualität der (meisten) vorgestellten Projekte liegt, was die österreichische Position zur zeitgenössischen Architektur ist, davon erzählen auch die scharenweise zu Textbeiträgen eingeladenen »JungjournalistInnen« nichts. Die Diskrepanz zwischen den larmoyanten Einstiegsworten und der Lust am Planen und Experimentieren, die einem aus durchaus vielen Projekten entgegenschlägt, ist wohl die größte Merkwürdigkeit dieses sonst sympathischen Bandes. Hier wäre der Spielraum gewesen, das Projekt »architektur – in progress« in ein richtig interessantes Buch zu verwandeln. So ist es eben nur ein Sampler geworden. Schließlich steht sogar auf dem Cover: Volume 1.

Volker Dienst (Hg.)
20x3
Projects by Yound Austrian Architects.
Wien, 2001 (Triton) 136 Seiten.
ATS 385.-/ Euro 27,90


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