Öffentlichkeit in einer digitalisierten Informationsgesellschaft
Gedanken über Wirkungen und NebenwirkungenZentrale Verhandlungsreferenz im Prozess der Vorbereitung eines Ladyfestes in Wien ist der Umgang mit so genannten öffentlichen Räumen. Hierbei geht es in erster Linie um eine Besetzung oder Umdeutung oder Überformung mit eigenen politischen Inhalten, die sich in ihrer Divergenz nicht vereindeutigen lassen. Ein Versuch des Labelns, eben mit dem historischen Produkt eines Events, der da organisiert und vor allem performt wird von Frauen, Lesben und nichteindeutig ge-genderten Akteur*nnen, deckt sehr viel zu.
Zentrale Verhandlungsreferenz im Prozess der Vorbereitung eines Ladyfestes in Wien ist der Umgang mit so genannten öffentlichen Räumen. Hierbei geht es in erster Linie um eine Besetzung oder Umdeutung oder Überformung mit eigenen politischen Inhalten, die sich in ihrer Divergenz nicht vereindeutigen lassen. Ein Versuch des Labelns, eben mit dem historischen Produkt eines Events, der da organisiert und vor allem performt wird von Frauen, Lesben und nichteindeutig ge-genderten Akteur*nnen, deckt sehr viel zu.
Die an den Siebziger-Jahre-Feminismus erinnernde Attitude des »Frauen produzieren ihre eigene Musik« ist da eher eine reduktionistische Präsentationspolitik. Wenn kulturelle Grammatiken neu erfunden oder zumindest die vorhandenen konterkariert werden sollen, braucht es sicherlich mehr als die Artikulation der Besetzung vorhandener Strukturen. Um nicht in identitätspolitische Fallen zu tappen, ist es meiner Meinung nach notwendig, sichtbar zu machen, dass es sich hierbei nicht um die Gegenstruktur handelt, sondern um eine Möglichkeit, in hegemoniale Diskurse einzugreifen und in diesem Zusammenhang auch mit dem Begriff des öffentlichen Raumes zu spielen.
In einer Gesellschaft digitalisierter Informationsverarbeitung mutet es schon fast antiquiert an, einen so genannten Real Space als Transformationsmedium zu wählen mit der Absicht einer das Bestehende und Normale zersetzenden Intervention, die zunächst einmal die Räume dafür öffnen soll, dass Alternativen zu herrschenden Normen und Werten wieder denkbar werden. Um sowohl Machtstrukturen in den gesellschaftlichen Kommunikationsformen als auch internalisierte Machtstrukturen auf der Ebene der Subjekte sichtbar machen zu können, bedarf es der Herstellung von Situationen, in denen wenigstens für kurze Momente erfahrbar wird, dass alles auch ganz anders sein könnte.
Das ganz Andere wird vorproduziert. Das ganz Andere soll gelebt werden. Da es aber keine eindeutige Vorstellung über Devianzen gibt und geben kann, wird die Aufgabe darin bestehen, die multiplen Vorstellungen darüber, was Identität bestimmen sollte, herzuzeigen. Jedoch stellt sich dann auch sogleich die Frage, wie dieses Herzeigen einen kulturell hergestellten Blick als Macht des Sehens unterläuft. Welche Codes kommen zur Anwendung, die nicht einem hegemonialen oder meinetwegen mehreren hegemonialen Diskursen entstammen? Da reicht es nicht aus, Selbstausbeutung als Gegenstrategie zum Akkumulationshype in durchkapitalisierten Systemen zu setzen. Denn, so wissen wir schon seit langem, kann das durchaus stabilisierende Funktion haben. Und darüber hinaus braucht es Bedingungen, die lustvolle Selbstausbeutung ermöglichen. Eigentlich relativ privilegierte Bedingungen der Sichtbarkeit, Zeit, Überlebensressourcen.
Der so genannte öffentliche Raum erlangt die Bedeutung der Öffentlichkeit über eine Anerkennung als solcher durch verschiedenste Institutionen, wird also hervorgebracht über die Konstruktion des Öffentlichen und Nicht-Öffentlichen. Und das Nicht-Öffentliche, die Nicht-Sichtbarkeit von belebten Räumen, das Nicht-Sagbare oder auch Nicht-Denkbare ist damit auch definiert (vgl. Foucault. Botschaften der Macht: Der Foucault-Reader, Diskurs und Medien.1999). Wenn dem so ist, müsste es eigentlich darum gehen, diese nicht-aussagbaren Räume zu besprechen und über diskurspolitische Aneignungen öffentlich zu machen. Andererseits könnte sich auch Devianz in akzeptierte öffentliche Räume einschleichen. Jedoch möchte ich hierbei zu bedenken geben, dass eine Einordnung in vorgefundene Strukturen nicht unbedingt die Veränderung derselben nach sich ziehen muss.
Es wäre wichtig, die hybride Struktur des Netzes der Akteur*nnen dafür zu nutzen, unerwartete Handlungen zu setzen. Dies dürfte mittlerweile eine höchst komplexe Aufgabe sein. Da diese Formen des Agierens nicht neue Erfindung sind, sollte an die zu transformierenden Inhalte dieser Anspruch schon gestellt werden. Und darüber hinaus wäre es angebracht, die Adressierung zu überdenken. Welche Subjekte beleben legitimierte öffentliche Räume? (vgl. J.Butler. Psyche der Macht. 2001) Über die unterschiedlichen Performances, welche in sich auch widersprüchlich sind, könnte eine verwirrte und verwirrende Situation entstehen, die im günstigsten Fall ein subversives Unwohlsein hervorrufen könnte. Der Unterhaltungswert sollte dabei nicht unterschätzt werden. Andererseits ist eine lustvolle Selbstbefriedigung ja auch keine verwerfliche Angelegenheit.
Yo Taubert