Philipp Rode


        Die Protestausstellung im Graz Museum geht der Frage nach grazspezifischen Protestthemen und -formen sowie deren Verbindung mit zeitgenössischer Kunst nach. In den insgesamt sieben Ausstellungsräumen werden zahlreiche Artefakte (Fotos, Kunstwerke, Flugzettel, Modelle …) und erläuternde Texttafeln thematisch in einer schwer überschaubaren Fülle gruppiert. Der Protestbegriff ist weit gefasst, sodass Protest von links, rechts und rechtsextrem, gegen lokale, bundesweite bis globale Phänomene nebeneinander gezeigt werden. Das Grazspezifische verschwimmt dabei, wenngleich interessante Spuren gelegt sind, deren diskursive Verknüpfung mit der steirischen Landes- und Grazer Kommunalpolitik lohnend wäre (vgl. die Videomontage von Heinz Trenczak: Graz – Hauptstadt des Bettelverbots, 2011).
        Stadtplanerische Fragestellungen wie die Trassenführung der Pyhrnautobahn durch das Stadtgebiet (1973), die Radweginitiativen (ab Ende der 1970er Jahre), das Murkraftwerk (ab 2009) oder das Skaterverbot im öffentlichen Raum (2021) bildeten dafür interessante Anknüpfungspunkte, wie auch die auffallende rechtsextreme Tradition zur Kaperung von Protestthemen etwa durch den NPD-Mitgründer Herbert Schweiger 1963, den aktionistischen Protest des Aula-Chefredakteurs Herwig Nachtmann gegen den steirischen herbst (1981) bis zu den Demonstrationen der Identitären (2016), deren Zentrum sich bis 2019 in Graz befand.
        Die Verknüpfung einzelner Protestformen zu diskursiven Strängen gelingt für einige Protestthemen in der Sonderausgabe der Wandzeitung ausreisser (www.ausreisser.mur.at). Die Ausstellung bildet dagegen ein Kaleidoskop, das möglicherweise die geforderte Äquidistanz der Museumsdirektorin erfüllt, die Diskursbildung aber den Besucher:innen überlässt.


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