Raum - Identität - Politik
Zur Frage der Definition von RäumenDie Frage, ob Frauenräume für Transgenderpersonen geöffnet werden sollen, ist problematisch. Wieder werden Personen und Identitäten definiert und kategorisiert, um dann als Ein- und Ausschlusskriterien zu dienen. Meines Erachtens wäre es besser, den Zugang zu Räumen an gemeinsamen politischen Inhalten festzumachen. Transpersonen, die sich feministischen Zielen und Politiken zugehörig fühlen, sollten Zugang zu Frauenräumen haben. Das zentrale gemeinsame Interesse von feministischen und Transpolitiken liegt in der Kritik an Zwangsheterosexualität. Der Mythos der »natürlichen« Zweigeschlechtlichkeit verschleiert, dass diese der Aufrechterhaltung männlicher Macht sowie ökonomischer, politischer und sexueller Ausbeutung von Frauen dient. Das gesellschaftliche Ordnungsprinzip der Zwangsheterosexualität, das vorschreibt, dass Körper, soziales Geschlecht und Begehren einheitlich und heterosexuell gelebt werden müssen, bildet die Grundlage patriarchaler Unterdrückung. Insofern ist die Kritik an heterosexistischer Zweigeschlechtlichkeit eine feministische. Das gemeinsame Interesse einer Veränderung dieser Machtverhältnisse kann die Basis für breitere Bündnisse bilden, die gerade in Zeiten des Backlashs dringend notwendig sind.
Die Frage, ob Frauenräume für Transgenderpersonen geöffnet werden sollen, ist problematisch. Wieder werden Personen und Identitäten definiert und kategorisiert, um dann als Ein- und Ausschlusskriterien zu dienen. Meines Erachtens wäre es besser, den Zugang zu Räumen an gemeinsamen politischen Inhalten festzumachen. Transpersonen [1], die sich feministischen Zielen und Politiken zugehörig fühlen, sollten Zugang zu Frauenräumen haben. Das zentrale gemeinsame Interesse von feministischen und Transpolitiken liegt in der Kritik an Zwangsheterosexualität. Der Mythos der »natürlichen« Zweigeschlechtlichkeit verschleiert, dass diese der Aufrechterhaltung männlicher Macht sowie ökonomischer, politischer und sexueller Ausbeutung von Frauen dient. Das gesellschaftliche Ordnungsprinzip der Zwangsheterosexualität, das vorschreibt, dass Körper, soziales Geschlecht und Begehren einheitlich und heterosexuell gelebt werden müssen, bildet die Grundlage patriarchaler Unterdrückung. Insofern ist die Kritik an heterosexistischer Zweigeschlechtlichkeit eine feministische. Das gemeinsame Interesse einer Veränderung dieser Machtverhältnisse kann die Basis für breitere Bündnisse bilden, die gerade in Zeiten des Backlashs dringend notwendig sind.
Die Öffnung von Frauenräumen für Transpersonen signalisiert Bereitschaft zur Diskussion und ermöglicht es, miteinander ins Gespräch zu kommen. Hierfür ist aufgrund bisheriger Raumpolitiken und Ausgrenzungen von Transpersonen eine explizite Einladung von Transpersonen notwendig. Gerade die Transleute, denen es um einen respektvollen Umgang geht, werden ohne Einladung nicht kommen. Häufig sind Transmänner [2] bereits in Frauenräumen – auch wenn sie sich nicht unbedingt outen. Daher geht es nicht nur um eine Öffnung, sondern vielmehr auch um eine Anerkennung heutiger feministisch-lesbischer Realität. Wie ich verorten sich viele Transpersonen in der feministischen Bewegung und haben sich am Kampf um Frauenräume beteiligt. Auch die Aneignung von »männlichen« Privilegien und Machtpositionen hat eine feministische Tradition – sonst würden »Frauen« noch immer keine Hosen tragen. Auch wenn ich heute als Trans lebe, positioniere ich mich nach wie vor im Kontinuum des lesbischen Begehrens und fühle mich politisch einer feministisch-lesbischen Politik verbunden. Geändert hat sich meine politische Strategie. Statt darum zu kämpfen, irgendwie in die Kategorie »Frau« zu passen und diese zu erweitern, lehne ich es ab, überhaupt in eine Kategorie passen zu müssen. Wie mir geht es vielen Transleuten nicht darum, »Mann« zu werden, sondern Raum zu schaffen für Uneindeutigkeiten und Entwürfe von »Männlichkeiten«, die nicht auf der Unterdrückung und Abwertung von »Weiblichkeiten« basieren. Trotzdem verbindet sich derzeit mit jedem Anspruch auf Männlichkeit ein Anspruch auf Machtpositionen und Privilegien. Statt die Annahme von »männlichen« Machtpositionen und Privilegien als patriarchal zu verurteilen, ist zu diskutieren, wie diese für feministische Politiken eingesetzt werden können. Transfrauen [3] sollten als Frauen in Frauenräumen selbstverständlich willkommen sein. Statt pauschaler Annahmen über Verhaltensweisen aufgrund von Sozialisation ist eine allgemeine Diskussion darüber notwendig, welches Verhalten erwünscht ist und welches nicht – unabhängig von geschlechtlichen Zuweisungen und Definitionen. Den Zugang zu Frauenräumen an Körpern festzumachen, lehne ich ab. Zweifellos lösen bestimmte körperliche Merkmale bei vielen Frauen Erinnerungen an und Assoziationen zu Gewalterfahrungen aus. Aber ein Austausch darüber, was körperliche Merkmale für unterschiedliche Personen bedeuten, ermöglicht es, zu neuen Bewertungen zu kommen und Ängste abzubauen. Denn es sind nicht Körperlichkeiten, die verletzen, sondern gewalttätige Verhaltensweisen.
Statt über Personen zu diskutieren, sollte man die gesellschaftlichen Bedingungen als heterosexistisch und transphob kritisieren, die uns immer wieder zwingen, »Mann« oder »Frau« zu sein. Auseinandersetzungen um Normen von »Männlichkeit« und »Weiblichkeit« versprechen für alle einen größeren Gestaltungsspielraum und vielfältigere Begehrensstrukturen. Über eine solche Vervielfachung von Geschlecht und Sexualität wird es vielleicht auch möglich, zu neuen, weniger hierarchischen Bewertungen von »Männlichkeiten« und »Weiblichkeiten« zu gelangen. Darüber hinaus ermöglicht eine solche Auseinandersetzung eine kritische Hinterfragung der Normen von »Frau-Sein«, wie sie sich in Frauenräumen etabliert haben. Da nicht nur Transpersonen ausgegrenzt werden, sondern sich auch zunehmend »Frauen« innerhalb der feministischen Bewegung von diesen Normen eingeengt fühlen, kann eine solche Diskussion verhindern, dass sich immer mehr Frauen aus feministischen Zusammenhängen zurückziehen.
Die Angst, dass Frauenräume von sexistischen Männern vereinnahmt werden, die keinerlei Interesse an feministischer Politik zeigen, halte ich für unbegründet. Die Erfahrungen von »geöffneten« Räumen zeigen, dass Personen in Frauenräume kommen, die der feministischen Bewegung verbunden sind. Außerdem bleibt ja die Möglichkeit, Personen aufgrund ihres Verhaltens den Zutritt zu verweigern, bestehen.
Fußnoten
Ich verwende den Begriff Transperson als Bezeichnung für alle Personen, die sich im breiten Spektrum von Transgender verorten, unabhängig von körperlichen Veränderungen. ↩︎
Als Transmänner bezeichne ich alle Personen, die bei ihrer Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeordnet wurden und sich damit nicht oder nur unzureichend beschrieben fühlen. (Vgl. bspw. Transmann e.V.) ↩︎
Als Transfrauen bezeichne ich Personen, die sich mit der Zuweisung zum männlichen Geschlecht nicht oder nur unzureichend beschrieben fühlen. ↩︎
Josch Hoenes