» Texte / Subtiles Marketing: Dorferneuerung in Katzelsdorf

Christoph Gollner


Das Dorferneuerungs-Paradebeispiel Katzelsdorf, im südlichen Wiener Becken: Im Interview mit dérive beschreibt Bürgermeister Heinz Eder den Werdegang seines sehr persönlichen Projekts als einen 30 Jahre währenden bottom-up-Prozess und Avantgarde der Dorferneuerung. Verdankt sich die bemerkenswerte Entwicklung der patriarchalen Energie eines charismatischen Gemeinde-Übervaters? Oder wird hier die Handlungsanleitung für die nachhaltige Dorfentwicklung geliefert? Marketing, wird gesagt, hatte man hier jedenfalls nicht nötig: Während andere Gemeinden zum »Fischer«- oder »Bücherdorf« mutieren, scheint »Katzelsdorf« durch breite Medienpräsenz zur Marke an sich geworden zu sein.

Mit dem (zum jetzigen Zeitpunkt bereits ehemaligen) Bürgermeister von Katzelsdorf und Obmann des Verbands für Dorf- und Stadterneuerung Ing. Heinz Eder und dem Geschäftsführer des Verbands DI Walter Kirchler sprachen: Christoph Gollner, Christa Kamleithner und Roland Tusch. Das Interview wurde von Christoph Gollner transkribiert und gekürzt.

Rundgang in Katzelsdorf an einem freundlichen Herbsttag: gepflegtes Erscheinungsbild, Marke niederösterreichische Dorferneuerung, eher unbeeindruckend. Hinter der Fassade: eigene Stromerzeugung, alte Gehöfte als Gewerbehof, betreute Seniorenwohnungen, ein systematisch angelegtes Ortserweiterungsgebiet namens »Dorf im Dorf«, ein weitläufiges Auwaldgebiet, ein Schloss als Kulturzentrum. Dorferneuerung ist in Österreich in den 80er-Jahren zum Schlagwort geworden. Landläufig wird darunter die optische – und in ästhetischer Hinsicht meist durchaus umstrittene – Um- und Neugestaltung alter Ortskerne verstanden. Tatsächlich ist der Prozess der Dorferneuerung viel mehr: Es ist ebenso der Versuch, durch aktive Partizipation neues soziales und wirtschaftliches Leben in die alten Dörfer zu bringen. Katzelsdorf spielte diesbezüglich vor allem in den 70er- und 80er-Jahren eine Vorreiterrolle. Kern der Entwicklung ist eine umfassende Mobilisierung der Bevölkerung, durch die Projekte auf sozialem, ökologischem und ökonomischem Gebiet getragen wurden. Seit 15 Jahren werden einmal pro Jahr auf breiter Basis Entwicklungen evaluiert und neue Ziele für die Gemeinde diskutiert. Offensichtlich mit messbarem Erfolg – und das ganz ohne gezieltes Marketing, wie beteuert wird: Bürgermeister Eder ist stolz auf einen im Vergleich zum niederösterreichischen Durchschnitt fünffachen AkademikerInnen-Anteil im Ort, welcher nicht zuletzt an Grundstückspreisen ablesbar ist, die sich die »Einheimischen« kaum noch leisten können. Katzelsdorf – gut, aber zu teuer? Frisst da die Revolution ihre Kinder? Zunächst aber fragten wir Walter Kirchler nach der Bedeutung von so genannten Themendörfern in der Dorferneuerung generell.

dérive: Die Dorferneuerung arbeitet mittlerweile stark mit so genannten Themendörfern, klassische Marketing- bzw. Tourismus-Stra-tegien halten Einzug in die Stadt- bzw. Dorfplanung. Was halten Sie davon? Könnte man sich diesem Mainstream des allgegenwärtigen Vermarktens nicht auch verweigern? Eine Gemeinde ist ja in der Regel viel vielfältiger als ein Thema.

Walter Kirchler: Das Ziel besteht darin, mit einem Thema regional hervorzustechen und sich damit eine werbeträchtige Marke aufzubauen. Natürlich kann man sich diesem Mainstream verweigern – es gibt ja auch Gemeinden, die kein Thema finden. Wir (der Verband für Stadt- und Dorferneuerung, Anm.) führen derzeit 18 Gemeinden als so genannte Themenorte. Da gibt es z. B. Opponitz, das »Fischerdorf«, oder Purgstall, das »Bücherdorf«, mit dem Ziel, als Ortschaft für Buchliebhaber interessant zu sein. In Purgstall gibt es mittlerweile über 20.000 alte, gesammelte Bücher, die in leerstehenden Gebäuden im Ortskerngebiet in Form von thematischen Bibliotheken Einheimischen und Besuchern zur Verfügung stehen. In Groß-Gerungs heißt das Thema »Kraftarena«, »mystische« Plätze des Waldviertels werden als Erlebnisplätze dem Besucher zugänglich gemacht.

dérive: An wen richtet sich das nun? Wie werden diese Themen generiert? Aus der Bevölkerung oder von MarketingspezialistInnen?

Walter Kirchler: Die Ideen kommen aus der Bevölkerung. Mit der Findung des einen Themas, des einen Markenzeichens sind natürlich auch wirtschaftliche Interessen verbunden, sei es, neue Arbeitsplätze zu schaffen, sei es, als Ort bekannt zu werden. Gleichzeitig wird die Identität mit dem eigenen Ort, der persönliche Stolz der Bevölkerung erhöht. Das kann man an Katzelsdorf sehr gut nachvollziehen. Katzelsdorf als Ort hat einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erlangt. Früher haben die Leute gesagt, sie wohnen »in der Nähe von Wiener Neustadt«, heute sagen sie, sie wohnen »in Katzelsdorf«, weil sie stolz auf ihren Ort sind. Das führt zu zusätzlichem Wohlbefinden.

dérive: Wie hat der Prozess der Dorferneuerung hier in Katzelsdorf begonnen, wie ist er gelaufen?

Heinz Eder: Katzelsdorf war eine Gemeinde in der Region mit keinem besonderen Ruf; das war nicht zuletzt an den billigen Baugründen zu sehen: wo ich wenig biete, kann ich schwer verkaufen. Viele Betriebe wurden geschlossen und von Wiener Neustadt aufgesaugt, die Infrastruktur war mangelhaft, das optische Bild der Gemeinde war höchst renovierungsbedürftig. Das war ungefähr vor 30 Jahren. Dieses ungute Gefühl, dass kaum Infrastruktur vorhanden ist, kein kulturelles Leben – vielleicht war das der Ursprung. Viele haben ähnlich gedacht, nur das gemeinsame Formulieren hat gefehlt.
Nun kann ich sagen, mein Haus ist mein privater Bereich, alle anderen Bedürfnisse decke ich in Wiener Neustadt ab. Oder man versucht, die Situation im Ort zu verändern. So hat in den 70er-Jahren ein Prozess begonnen. Das war eine gewachsene Sache, wir wussten nicht, dass wir hier »Dorferneuerung« machten. Ich habe den Pfarrer einbezogen und vor allem die Professionisten, den Tischlermeister, den Malermeister und so weiter – mir war die Mischung der Menschen, die sich am Prozess beteiligen sollten, über Partei- und Berufsgrenzen hinweg sehr wichtig. Allein dadurch gab es erste Firmenneugründungen. Das war dann die »Planungsgruppe 78«, benannt nach dem Gründungsjahr, obwohl bereits Jahre zuvor die Arbeit begonnen hatte.
Ein erstes Anliegen war, denn Ort optisch »herzurichten«. Ich ging von Hausbesitzer zu Hausbesitzer und versuchte, Überzeugungsarbeit zu leisten: Wir machten Fotos und Gegenüberstellungen und zeigten den Hausbesitzern bei Versammlungen: »So schaut’s aus und so könnte es ausschauen.« Das hat großen Eindruck hinterlassen. Keine Fläche in Katzelsdorf ist zufällig. Das ist alles mit den jeweiligen Eigentümern abgesprochen.

dérive: Das Problem war also eher mangelndes Bewusstsein als die finanzielle Situation der Gemeinde?

Heinz Eder: Finanzielle Nöte waren immer da, aber das war nicht das Thema. Der wesentliche Prozess war die Bewusstseinsänderung. Das hat Jahre gedauert. Die Frage, »Was wollen wir eigentlich?« stand jetzt im Mittelpunkt. Ich habe immer wieder gesagt, Katzelsdorf muss der interessanteste und schönste Ort im südlichen Niederösterreich werden. Das war das Ziel. Ohne Ziel geht nichts. Erst wurde ich belächelt, doch schön langsam haben die Leute wirklich daran geglaubt. Sie haben ihre Häuser hergerichtet, sich eine neue Lebensqualität geschaffen. Und man hat mit den Nachbarn diskutiert. Der gedankliche Prozess war: keiner baut für sich alleine. Damals ist es gelungen, der Bevölkerung bewusst zu machen, dass die Gemeinde nur Mittler und Helfer sein kann, sie selber müssten aktiv werden, sie selber müssten überlegen, was sie wollen, wie sie leben wollen. Daraus entstand eine Dynamik, aus der sich alles weitere im Prozess der Dorferneuerung ergab.
Aus dem erfolgreichen Projekt der Anfangsphase – der Ortsgestaltung – sind dann viele neue Projekte entstanden. Es wurde ein Leitbild mit den Schwerpunkten Ökologie, Energie, Soziales, Kultur, Ortsbild, Jugend, Freizeit entwickelt. Wir waren jene Gemeinde, die weit vor den anderen ein Abfallwirtschaftskonzept entwickelt hatte. Wir waren damals auch im Sozialbereich führend: Wir waren eine der ersten Gemeinden, die Hauskrankenpflege und Heimhilfe einführten. Es war damals auch in einem Dorf nicht mehr selbstverständlich, dass alte Menschen in ihrer vertrauten Umgebung bleiben konnten. Unter dem Motto, einen alten Baum soll man nicht verpflanzen, wurde durch zwei Seniorenwohnhäuser mit 14 betreuten Wohnungen den älteren Mitbürgern das Verbleiben in der vertrauten Umgebung ermöglicht. In Katzelsdorf kommen die Verwandten nach der Arbeit und schauen, wie es ihren Angehörigen geht. Damit fällt für die öffentliche Hand ein wesentlicher Betreuungsaufwand weg.
Wir haben so genannte »Start«- bzw. »Jungbürgerwohnungen« eingerichtet. Dort können junge Katzelsdorfer drei, maximal fünf Jahre, zu einer äußerst günstigen Miete wohnen. Auch die Gemeindewohnungen haben wir adaptiert und die Dachgeschoße ausgebaut. Dort wohnen mittlerweile überwiegend alleinstehende Frauen mit Kindern. Das ist ein soziales Thema, auch in Katzelsdorf. Wichtig ist auch, dass immer eine Wohnung für soziale Notfälle leer steht. Wenn es in einer Familie Probleme gibt, kann man diese Sozialwohnung für den Zeitraum von einem halben Jahr belegen.

dérive: Wie war das mit der wirtschaftlichen Erneuerung des Ortes?

Heinz Eder: Wir versuchten Kleinbetriebe anzusiedeln. Mein Credo war immer, bevor etwas neu gebaut wird, muss zuerst die bestehende Bausubstanz untersucht werden, ob die nicht entsprechend adaptiert werden kann. Darum ist aus den ehemaligen Stallungen ein Gewerbehof geworden. Das war auch ein Pilotprojekt. Heute weiß jeder, was Gewerbehöfe sind. Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben heißt: Verbesserung von Infrastruktur, Nahversorgung, Arbeitsplatzsituation, Lebensqualität. Da gibt es jetzt alles mögliche, vom Café über ein Restaurant, ein Geschenkartikel-Geschäft bis hin zur Töpferei. Da gibt es die Tierärztin, ein Schönheitsstudio, einen Stahlhandelsbetrieb usw. Von der Gemeinde kam nur der Impuls. Der Rest hat sich von allein entwickelt.

dérive: Für wen ist nun das »Dorf im Dorf«? Wer lebt da? Für wen ist das gedacht?

Heinz Eder: Dort leben zur Hälfte »Urkatzelsdorfer«, zur Hälfte »Zuag’raste«. Ich habe da als Bürgermeister massiv bei der Planung mitgesprochen. Es war eines der ersten Modelle, wo Freiraum bewusst für eine Siedlung zur Verfügung gestellt wurde. Durch die Bebauung in Form eines Hufeisens kann beim Hauseingang jeder jeden sehen. Das funktioniert ausgezeichnet. Damit ist auch dokumentiert, dass die Bauweise einen wesentlichen Einfluss auf die Teilnahme der Individuen bzw. der Familien am Gemeinwesen hat. »Wohnungsmenschen« legen ein anderes soziales Verhalten an den Tag als Leute, die in einem Reihenhaus wohnen oder selber ein Haus bauen. Mehr als die Hälfte der Bewohner stammt, wie gesagt, nicht aus dem Ort und trotzdem waren die zum Großteil von Anfang an bereit, sich aktiv am Gemeinwesen zu beteiligen. Ich führe das zu einem guten Teil auf die Anlage der Siedlung zurück.

dérive: Zum Verfahren: War das »Dorf im Dorf« auch ein Resultat eines breiten Entscheidungsfindungsprozesses im Rahmen der Dorferneuerung? War das ein Wunsch der Bevölkerung?

Heinz Eder: Dass kann man nicht so trennen. Das Projekt »Dorf im Dorf« wurde nicht von der Bevölkerung, sondern von den politischen Entscheidungsträgern entwickelt. Am schönsten wäre es ja, wenn die Kommunalpolitiker von vornherein den geistigen Gedanken der Dorferneuerung leben würden, dann bräuchten wir keine offizielle Aktion »Dorferneuerung«. Die Mobilisierung, Aktivierung und Einbindung der Bevölkerung ist ja ein massiv durch die Dorferneuerung unterstützter Prozess. Ob das von der Basis eingeleitet wird oder von den Entscheidungsträgern initiiert wird, ist letztlich egal, das ist der gleiche Prozess. In jedem Fall braucht man einen Moderator, jemanden, der das »Handwerkliche« macht.
Insgesamt sind ja zum Teil 200 Aktive im Einsatz! Es gibt Projekte, die fast ausschließlich von der Bevölkerung getragen werden, wo die Gemeinde nur unterstützt. Das ist ein vollkommen unorthodoxer politischer Weg. Es gibt grundsätzlich sehr viele Menschen, die man aktivieren kann, aber halt nur zu ganz konkreten Themen, je nach den individuellen persönlichen Bedürfnissen.

dérive: Ab wann war der Zeitpunkt, wo man an Siedlungserweiterung denken musste? Wurde Katzelsdorf durch die Erfolge der Dorferneuerung attraktiver? War da ein Punkt, wo man sich mit der Abdeckung der Bedürfnisse innerhalb des Ortes nicht mehr zufrieden gab und sich nach außen wandte, in Richtung Zuzug und damit auch in Richtung Ortswerbung und -marketing?

Heinz Eder: Der Zuzug ist »passiert«, das ist nicht auf Werbung zurückzuführen. Grundsätzlich ist das eine natürliche Sache. Alle Gemeinden im Umfeld einer Stadt sind mit Siedlungsdruck und Bevölkerungszuwachs konfrontiert. Eine zentrale Frage ist die Bevölkerungsstruktur. Zu uns ziehen jetzt jene Leute, die früher in andere Umlandgemeinden gezogen sind. Damit wird dort der Grund billiger. Wenn der Grund billiger wird, ziehen dort jene Leute hin, die sich nur diesen billigeren Grund leisten können – das ist keine Bewertung. Wenn diese Leute jedoch zuziehen, zieht der »Herr Primar« nicht mehr dort hin, sage ich jetzt einmal. Damit gibt es hier diese Spirale nach oben und woanders die Spirale nach unten. Wir haben in Katzelsdorf jetzt gegenüber dem niederösterreichischen Durchschnitt den fünffachen Akademiker- und Maturantenanteil! Und das ist innerhalb von 20 Jahren passiert. Das lässt sich an den Grundstückspreisen deutlich ablesen. Man kann das steuern, das muss man nicht bewerben. Die Frage ist: Was ist das Besondere einer Gemeinde – und wie viel ist mir dies wert?
Man muss natürlich schon sagen, dass uns die Medien mit ihrer Berichterstattung über den Dorferneuerungsprozess und über die sozialen Einrichtungen im Ort geholfen haben. Da gab es unzählige Zeitungs- und Fernsehberichte. Es ist nicht nur wichtig, die notwendige Ver- und Entsorgung zu haben, entscheidend sind die zusätzlichen Qualitäten.
Wenn ich in eine Gemeinde komme und sehe, mein Kind kann hier auch musikalisch erzogen werden (weil es eine Musikschule gibt, Anm.), dann ist das einfach ein Pluspunkt. Und wenn ich weiß, dass ich meine alten Eltern im Ort betreuen lassen kann, dann ist das auch ein Pluspunkt. Wenn ich weiß, in der Gemeinde gibt es einen großen Auwald als geschütztes Erholungsgebiet, ist das auch ein Pluspunkt. Oder wenn ich weiß, es gibt in der Gemeinde ein aktives Kulturleben.
Diese Pluspunkte wurden durch die Berichterstattung transportiert, da haben wir wenig dazu beigetragen. Ich sage, bei jedem Kirtag, bei dem wir uns der Region präsentiert haben und bei jeder Fernsehsendung ist der Grundpreis sicher gestiegen.

dérive: Bezüglich der Veränderung der Sozialstruktur haben wir vor allem vom Zuzug von AkademikerInnen gehört. Gab es da auch negative Effekte?

Walter Kirchler: Ja, negativ ist sicher, dass für viele »Ureinwohner« des Ortes die Grundpreise zu stark gestiegen sind, sodass sie sich kaum ein Haus im eigenen Ort bauen können. Einwohner von Katzelsdorf, die ein Haus bauen wollen, müssen sich heute überlegen, ob sie nicht in der Nachbargemeinde bauen sollten, wenn in Katzelsdorf ein Quadratmeterpreis von 100 bis 150 Euro zu bezahlen ist, in der Nachbargemeinde aber vielleicht nur 60 bis 80 Euro.

dérive: Ist da nicht etwas gekippt? Zuerst wurde das Bedürfnis befriedigt, eine schönere Gemeinde zu haben, und dann wird es für die eigentlichen BewohnerInnen des Ortes »zu gut« und zu teuer.

Walter Kirchler: Die Gemeinde versucht, dem Phänomen insofern entgegenzusteuern, als Grundstücke mit Hilfe des Landes Niederösterreich angekauft und seitens des Landes gefördert werden und somit an »Einheimische« sehr günstig verkauft werden können. (Baurechtsaktion des Landes Niederösterreich).

dérive: Nun ist ja der überdurchschnittliche AkademikerInnen- und MaturantInnenanteil für die Sozialstruktur in einem Dorf eher unüblich. Führt das nicht zu sozialen Problemen?

Walter Kirchler: Probleme gibt es damit eigentlich nicht. Bei bestimmten Projekten ist es der Fall, dass Akademiker plötzlich auf der Baustelle mit dem Besen gemeinsam mit nicht-akademischen »Häuslbauern« arbeiten. Man lernt sich da auch gegenseitig mehr schätzen, da spielt sich sozial auch sehr viel Positives ab.

dérive: Nach so viel Positivem: Wie gehen Sie mit der Kritik an der Ortsgestaltung von Architektenseite um?

Heinz Eder: Theoretische Kritik berührt mich wenig. Ich versuche schon, den Rat von Architekten an die Leute weiterzugeben. Natürlich gab es Fehler. Aus Fehlern muss man lernen, das macht Sinn. Aber es macht keinen Sinn, einem Menschen, der eh wenig verdient, sein Haus herrichtet und sich einbildet, er will zu seiner gelben Fassade einen dunkelbraunen Sockel, zu sagen, das sei Unsinn, weil das gehöre grau. Diesen Freiraum muss man den Leuten lassen.


Heft kaufen