Tendenz zum totalitären Staat
Besprechung von »Operation Spring - Der Polizeistaat läßt grüßen« herausgegeben von Kampagne zur Verteidigung politischer und sozialer RechteKampagne zur Verteidigung politischer und sozialer Rechte (Hg.)
Operation Spring – Der Polizeistaat läßt grüßen.
68 S. Kontakt: Kampagne…, c/o Amerlinghaus, Stiftgasse 8, A-1070 Wien, kampagne@gmx.at, Tel: 0699/1042698
»Sie ist kein kriminalistisches und auch kein ausschließlich juristisches, sondern vielmehr ein gesellschaftliches und politisches Phänomen,« schreiben die AutorInnen der Broschüre Operation Spring – Der Polizeistaat läßt grüßen und folglich versuchen sie die Operation Spring in eine EU-weite Entwicklung, deren Beginn sie in den 1970er Jahren festmachen, einzuordnen. 1976 wurde auf EU-Ebene die Arbeitsgruppe TREVI gegründet. Zu Beginn stand die so genannte Terrorbekämpfung im Vordergrund, später übernahm die Abwehr der Organisierten Kriminalität diese Rolle. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde TREVI in Europol umgewandelt bzw. ging in dieser auf. Mit dem Schengener-Informations-Systems (SIS) gewann die europaweite Überwachung und Kontrolle eine neue Dimension. Österreich war in diese Prozesse, obwohl in der ersten Phase noch nicht EU-Mitglied, zumindest am Rande immer involviert. Für die AutorInnen der Broschüre kennzeichnet diese Entwicklung, die sie ausführlich nachzeichnen, eine Abkehr vom Rechtsstaat und eine Hinwendung zum totalitären Staat. In Österreich sehen sie »vor allem durch die Schaffung eines OK-Begriffs, durch die Legalisierung des Lausch- und Spähangriffs und durch die Dominanz des Opportunitätsprinzips gegenüber dem Legalitätsprinzip« ihre These bestätigt. Im Anhang der Broschüre gibt es Informationen über die Sondereinheit Observation, das Bundeskriminalamt (BKA), das in Entstehung begriffen ist und wogegen sich erster Widerstand organisiert, und die Novelle des Sicherheitspolizeigesetz (SPG). Wenn in der Broschüre auch einige besondere Aspekte der Operation Spring Prozesse beleuchtet werden, so liegt hier vielleicht auch ein kleines Defizit. Die Informationen über die Gutachten des Johann Szilvassy, die Anonymen Zeugen, den umstrittenen »Übersetzer« fassen bekanntes übersichtlich zusammen, bringen aber nicht viel neues. Es lag vielleicht nicht in der Absicht der AutorInnen, zu sehr auf einzelne Personen einzugehen, weil das der Grundintention der Broschüre widersprochen hätte, ich würde es aber doch sehr interessant finden, sich die Arbeit von Leuten wie z.B. dem Verteidiger Farid Rifaat, auf den in der Broschüre kurz eingegangen wird, oder einzelnen RichterInnen, StaatsanwältInnen genauer anzusehen. Nicht zuletzt dadurch wäre es vielleicht möglich, konkreten und wenigstens in Teilbereichen erfolgreichen Widerstand zu leisten. Vielleicht heißt es aber auch nichts anderes, als dass es in Sachen Operation Spring noch viel zu tun gibt und weder mit unserem Schwerpunk in dérive Nr. 1 noch mit der vorliegenden Broschüre der Punkt gekommen ist, das Thema abzuhaken und sich zurückzulehnen. Wer an Informationen interessiert ist, dem/der ist nicht nur in diesem Zusammenhang die Website www.no-racism.net sehr zu empfehlen, auch wir wollen auf unserer Website www.derive.at weiterhin Material zur Operation Spring veröffentlichen.
Kampagne zur Verteidigung politischer und sozialer Rechte (Hg.)
Operation Spring – Der Polizeistaat läßt grüßen.
68 S. Kontakt: Kampagne…, c/o Amerlinghaus, Stiftgasse 8, A-1070 Wien, kampagne@gmx.at, Tel: 0699/1042698
Christoph Laimer ist Chefredakteur von dérive.