Udo W. Häberlin

Udo W. Häberlin studierte Stadt- und Raumplanung u. a. bei Detlef Ipsen, Ulla Terlinden und Lucius Burckhardt in Kassel. Er arbeitet bei der Stadt Wien, Abteilung Stadtplanung und -entwicklung.


Die Enttäuschung vorab: Obwohl es in Österreich fantastische Beispiele von urbanen Strukturen gibt, die gelungene Rezeptionsmöglichkeiten abgäben – der Titel des Buches verspricht einiges und beinhaltet nichts davon.
»Von jeher (...) sind die Theorien im Städtebau, ob nun inhaltlich, objektbezogen, (...) oder prozedurell, die Vorgehensweise analysierend, immer als Beschreibung einer besseren Welt verfasst worden, als wäre die Welt nicht gut genug oder als hätten wir die Welt, wie sie ist, nicht richtig verstanden.« So Joost Meuwissen im Vorwort von Örbanism - Texte aus Österreich.
Im anschließenden Text Archipel Stadt von Wilfried Kühn geht es dann überwiegend um alte städtebauliche Konzepte (Plan Voisin 1925 / Open City Berlin 1962 / Archipel 1977 / u. ä.). An deren Stelle tritt das deutlich unterschiedene »Stadtmodell, einer heterogenen städtischen Ordnung (...) das Bezug nimmt auf bestehende Kontexte (Smithsons, Ungers) und neue Urbanisierung (Kollhoff).
»Es geht vielmehr darum, das Spezifische zu finden, das sich innerhalb einer bestimmten Stadt ausbreitet« (Joost Meuwissen) Wenigstens Dorothea Erharter weiß eine Antwort darauf, die sie kurz in ihrem kleinen, aber feinen Grazer Projekt Passages vorstellt. Darin beschreibt sie in der Murvorstadt fußläufige Verbindungen unter Prinzipien von Bewegung und Wahrnehmung der Nutzer. Dabei plädiert sie dafür, 80 (versperrte) Durchgänge für Fußgeher zu öffnen. Ein wertvoller Beitrag der Spaziergangswissenschaften (Lucius Burckhardt) und für Resultate von Wohn- und Lebensqualität!
Johannes Fiedler präsentiert die nette und auf- sowie ausbaufähige Idee eines Glossarys mit sehr schönen Fotos.
In Urbanism versus Object-Oriented Planning konstruiert Michael Shamiyeh aufgrund des (Barock)-Bildes II Campo Marzio von Piranesi die Interpretation, dass heute »[...] Stadt nicht mehr gebaut [wird], sondern sie baut sich selbst.«
Er gelangt zur beachtenswerten Feststellung, dass heute der Bürger selbst zum Ausgangspunkt der sich verändernden (...) räumlichen Strukturen« wird. In den Kapiteln reflexives Konditionieren und reflexives Programmieren ist jedoch fragwürdig, ob das Beispiel Disneyland für alle »westlichen Gesellschaften« und insbesondere für die europäisch gewachsene Stadtentwicklung glücklich gewählt ist. Dennoch ist das Ergebnis zu unterstreichen, dass Stadtplanung die (Infra-)Struktur (unter vielen beteiligten AutorInnen) für die differenzierte Natur der Stadt gestattet.

Elise Feiersinger, Jost Meuwissen, Heidi Pretterhofer (Hg.)
Örbanism - Texte aus Österreich
Wien 2002 (Edition Selene)
deutsch/ englisch
127 S., EUR 15,40


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