Der ideologische Park
Wie der Garten des Zaren in Kyjiw zu einem modernen politischen Raum wurdeDie Euromaidan-Revolution in der Ukraine (2013–14) hat ihren Namen von Kyjiws zentralem Platz, dem Maidan Nezalezhnosti oder Unabhängigkeitsplatz, erhalten. Dort kampierten die Anhänger*innen der Revolution und die Kyjiwer*innen strömten in Scharen dorthin, als eine Niederschlagung drohte. Bei der Wahl dieses Ortes stützten sich die Revolutionär*innen auf eine lange Tradition öffentlicher Protestkundgebungen, die insbesondere während des Hungerstreiks der Student*innen 1990 und der Orangenen Revolution 2004–2005 dort abgehalten wurden. Zu Sowjetzeiten diente der Chreschtschatyk-Boulevard, der den Platz kreuzt, auch als wichtigster Paradeplatz der Stadt und der ukrainischen Republik; dies machte ihn und den Hauptplatz, auf dem sich in der späten Sowjetzeit die Ehrentribüne der Regierung befand, zum wichtigsten Ort für symbolische politische Aktionen in der Ukraine. Indem sie auf dem Maidan kampierten, bedrohten die Demonstrant*innen nicht die eigentlichen Sitze der Behörden, denn das Parlament und die Regierungsgebäude befanden sich im oberen Teil der Stadt, zwar nicht weit vom Maidan entfernt, aber auf einem steilen Hügel. Stattdessen forderten sie die Behörden im öffentlichen Raum heraus, indem sie den Hauptplatz der Stadt und den traditionellen Knotenpunkt des politischen Spektakels für sich beanspruchten (siehe Jekelchyk 2015, 1–4).
Geboren und aufgewachsen in der Sowjetunion, promovierte Serhy Yekelchyk an der University of Alberta. Er hat mehrere Bücher über die ukrainische Geschichte und die russisch-ukrainischen Beziehungen veröffentlicht.