Obiora C-lk Ofoedu


Jeder, der Drogen und das mit ihnen verbundene Übel anprangert, ist ein Heiliger. So gesehen haben wir viele Heilige in unserer Gesellschaft. Die Parias wären demnach diejenigen, die von Drogen leben. Um das eigene Gesicht zu wahren, mochte schon mancher von ihnen seine Spießgesellen an Polizeiagenten verraten. Ungeachtet dessen, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt. Die Sicherheitskräfte taten ihre Pflicht und verhafteten oder töteten diejenigen, die das Glück verlassen hat. Während aber der Kampf gegen Drogen, das Krebsgeschwür unserer Gesellschaft voranschritt, ist eine Menge Geld vernichtet worden und unschuldige Leute wurden Opfer der Politik und des Rassismus.
Auch die Medien sind in den Kampf gegen Drogen verwickelt. Leider gehören viele Journalisten dem barbarischen, »gelben« Journalismus an, und versteifen sich darauf, um das Drogenthema herum einen politischen Krieg zu führen. So degeneriert die Berichterstattung zu einem kalten Krieg gegen die »Rasse« oder das Land ihres Missbeliebens.
Bill Clintons Amerika zeigt sich gegenüber Drogen äußerst kritisch und Clinton selbst hat verschiedene Gelegenheiten genützt, um ein paar Länder als Hauptlieferanten zu nennen, ungeachtet ihrer Souveränität. In einem seiner zornigen Auftritte erklärte er der Welt, er werde sich »diejenigen, die unsere Kinder killen«, zur Brust nehmen. Hingegen ist es ziemlich eigenartig, dass seine Liste immer die gleichen beschränkten Ansichten und immer dieselben Länder enthält. Sie enthält Über-Generalisierungen wie man sie auch bei der österreichischen Polizei und der Presse (besonders Profil und News) findet.
Clinton nennt nicht alle Länder beim Namen, die in Drogenhandel verwickelt sind. Oder übergehen wir die »Supermächte« des Drogengeschäfts (etwa jene, die Clinton bisher noch nie genannt hat: Russland, China, Türkei, Italien und - die USA selbst!) absichtlich? Diese einflussreichen Länder verstecken sich mühelos hinter ihrer »politischen Immunität«, während gegen die anderen schwächeren Länder unter dem Deckmäntelchen »Drogen« einmal mehr ein kalter Krieg geführt wird.
Österreich scheint eines von jenen Ländern zu sein, die sich in der Drogenfrage als »Big Brother« aufspielen. Umso trauriger, dass sie in die falsche Richtung losziehen. Sie zielen im allgemeinen auf Afrikaner und auf Nigerianer ab.
Polizei, Medien (Gott heile die Krone von ihrer Abscheu gegenüber der schwarzen »Rasse«!) und FPÖ versuchen, die Schwarzen aus Österreich durch eine Propaganda zu verjagen, die ein denkbar schlechtes Bild von ihnen zeichnet, was wiederum Ängste in der Gesellschaft schürt, Zweifel und Verdächtigungen gegenüber Afrikanern. Diese erleiden Isolation und Diskriminierung, man macht ihnen ständig Probleme und behandelt sie wie Unberührbare. Wenig passend für ein Land, welches sich rühmt, Sitz zahlreicher internationaler Organisationen zu sein.
Afrikaner fühlen, dass sie keinen Schutz mehr haben, seitdem sie täglich mit Polizeiübergriffen, Brutalitäten und öffentlichen Beschimpfungen konfrontiert werden. Es gibt genügend Anhaltspunkte dafür, dass Afrikaner in einem Lande, welches anderen Menschenrechte und Demokratie predigt, illegal verhaftet und ins Gefängnis gesteckt werden. Freilich ist nichts dagegen zu sagen, dass die Polizei legale Verhaftungen oder Kontrollen in U- und Straßenbahn vornimmt, sofern sie sich auf Leute jedweder Hautfarbe, »Rasse«, Überzeugung, Religion und Nationalität bezieht, zumal das Drogengeschäft keine Grenzen kennt.
Es ist evident, dass Österreicher nicht ganz so heilig sind, was den Verkauf und Konsum von Drogen anbelangt. Somit wäre es nur fair, dass sie in der Öffentlichkeit genau so kontrolliert würden, wie jede andere Person. Polizei und Medien und FPÖ können sicher sein, keine allzu großen Erfolge im Kampf gegen Drogen zu erringen ohne ihre Drogenkontrollen auf alle auszudehnen und von uns allen dabei unterstützt zu werden.
In einer Diskussion, die unlängst vom Afro-Asiatischen-Institut (AAI) und der Association for Democracy in Africa (ADA) organisiert wurde, stimmte der Leiter des Wiener Sicherheitsbüros, Mag. Max Edelbacher, Anfragen aus dem Publikum zu, dass es kombinierter Anstrengungen in dieser Richtung bedürfe, um effektiv gegen Drogenhandel vorzugehen. Die afrikanische Zuhörerschaft erzählte von ihren Erfahrungen mit Demütigungen, Einschüchterungen, Rassismus und Brutalität, die die Polizei ihnen angedeihen ließ. Sie forderten mehr Schutz und eine bessere Ausbildung der Polizei selbst.
Sie beschuldigen die Presse, subjektiv zu berichten und seichten Journalismus zu betreiben. Auch die Medienleute sollten besser informiert und ausgebildet werden und vor allem die Ethik journalistische Recherchen, Interpretationen und Tatsachenberichterstattung respektieren. Journalisten sollten schreiben, um ihr Publikum zu informieren, zu bilden und zu unterhalten. Das Ziel sollte aber nicht sein, die Leserschaft durch falschen und sensationsorientierten Journalismus zu unterhalten. Sie sollten objektiv sein und versuchen, ausgeglichen zu berichten. Die Polizei ihrerseits sollte Menschen respektieren, gleich welche Hautfarbe sie haben. Sie braucht eine bessere Ausbildung im Umgang mit Menschen.
Ich glaube daran, dass der Drogenmarkt über den Konsum kontrolliert werden kann. Also ist es notwendig, den Konsum zu verringern, um den Markt zu verkleinern. Im Hinblick darauf müssten Kampagnen durchgeführt werden, um die Öffentlichkeit einmal mehr über die Risken aufzuklären, die mit dem Drogenkonsum verbunden sind. Zugleich müssen wir Lösungen für diejenigen finden, die selbst Beute der Drogen geworden sind und ihnen daraus heraushelfen.

Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde erstmals in der Zeitschrift Afro Look (#4, Sommer 1997) veröffentlicht und uns freundlicherweise von Obiora C-Ik Ofoedu zum Abdruck zur Verfügung gestellt.. Wir glauben, dass der Text ein wichtiges Dokument ist und drucken ihn ab, auch wenn wir nicht der Meinung sind, dass Drogen das »Krebsgeschwür unserer Gesellschaft« sind.


Heft kaufen