Editorial dérive 30
„Es ist undenkbar, dass sich der Film ohne Stadt entwickeln hätte können.“ schreiben Thomas Ballhausen, Julia Fischer und Günter Krenn in der Einleitung zum Schwerpunkt Cinematic Cities – Stadt im Film, den sie konzeptioniert und redaktionell betreut haben. Genauso undenkbar ist es in einer Zeitschrift, die sich der Stadtforschung verschrieben hat, Film unbelichtet zu lassen. In den allerersten Konzepten für dérive war deswegen bereits geplant regelmäßig über Film zu schreiben, ein Vorhaben, das wir bisher nur teilweise im Rahmen von Besprechungen und Interviews umsetzen konnten. Umso schöner, dass der Schwerpunkt der 30. Ausgabe ganz dem Thema Film und Stadt gewidmet ist, und dabei wird es nicht bleiben. Eine Fortsetzung ist bereits in Planung. Der Schwerpunkt umfasst diesmal nicht nur die Artikel, die im Heft abgedruckt sind, sondern findet auf der Website www.derive.at eine Erweiterung in Form einer umfassenden Bibliographie. Alles weitere zu Cinematic Cities – Stadt im Film entnehmen Sie bitte dem einleitenden Text der SchwerpunktredakteurInnen.
Den Magazinteil eröffnet diesmal André Krammer mit einem Beitrag über den Wandel der chinesischen Stadtplanung, der aus einem einleitenden Artikel und einem Interview mit dem Architekten Rainer Pirker, Gewinner eines internationalen und prominent besetzten Städtebauwettbewerbs im chinesischen Shenzen, und seiner Mitarbeiterin Chen C besteht. „Nach einer Periode, in der amerikanische Modelle einer autogerechten Stadt dominierten und auch umgesetzt wurden – was nicht zuletzt zu einem massiven Umweltproblem führte –, steigt heute das Interesse an europäischen Stadtmodellen und europäischen ArchitektInnen, von denen man sich mehr Sensibilität bezüglich Ökologie und die Schaffung identitätsstiftenden öffentlichen Raumes erwartet.“
Den zweiten Beitrag im Magazinteil hat diesmal Alena Pfoser verfasst. Thema ist der Umbau des „Allrussischen Ausstellungszentrums“ in Moskau und die damit zusammenhängende Mythologisierung der Vergangenheit. „Die Entwicklung von Moskau zu einer global city ist eine grundlegende Intention der Moskauer Administration; entsprechende städtebauliche und architektonische Planungen sollen dazu beitragen.“
Manfred Russos Serie über die Geschichte der Urbanität widmet sich erneut der Utopie, diesmal geht es um Die Natur als Quelle der Utopie. Der Besprechungsteil ist diesmal besonders umfassend ausgefallen und umfasst Symposien, Ausstellungen, Theaterstücke, Websites und natürlich Bücher.
Ein kurzer Rückblick auf das vergangene Jahr 2007 fällt für dérive äußerst positiv aus. Die Zahl der Abonnements ist ebenso gestiegen wie die Zahl der im Buchhandel verkauften Hefte. Auch Anzeigen konnten wir dieses Jahr mehr verkaufen als die Jahre zuvor, was unser Budget insgesamt ein wenig verbessert hat. Das ändert nichts daran, dass dérive nicht existieren könnte, wenn nicht alle AutorInnen schreiben würden, ohne ein Honorar bezahlt zu bekommen; auch sämtliche andere Arbeiten, die für die Produktion der Zeitschrift notwendig sind, können nur sehr gering entlohnt werden.
Ein großes Dankeschön an alle die für dérive schreiben und bei dérive mitarbeiten und es ermöglichen mit sehr geringen Mitteln eine Zeitschrift zu produzieren, die „immer den neusten und kleversten Scheiß für den politisch-planerischen Diskurs um das Städtische am Start“ hat, wie es Jesko Fezer (An Architekur, Pro qm und ifau) jüngst so herzergreifend formuliert hat. Ja, und falls uns wer dabei unterstützen will, doch zu mehr Geld zu kommen, sagen wir natürlich auch nicht nein. Das nächste Heft hat den Schwerpunkt Gouvernementalität (Redaktion Christa Kamleithner) und erscheint Anfang April.
Christoph Laimer ist Chefredakteur von dérive.