Christoph Laimer

Christoph Laimer ist Chefredakteur von dérive.


Arbeit Leben heißt der Schwerpunkt von dérive 34. Ein Thema das vermutlich viele dérive-LeserInnen ganz persönlich betrifft. Die klaren Grenzen zwischen Privatheit und Beruf sind seit langer Zeit ebenso verschwunden wie der eine lebenslange Arbeitsplatz, der das Einkommen sichert. Für mich persönlich heißt das beispielsweise, dass ich einerseits einen Büroarbeitsplatz habe, an dem ich derzeit zwei Jobs (zwei freie Dienstverträge, ein Schreibtisch, ein Notebook, zwei Benutzerkonten, 1000 Zettel) abwechselnd (manchmal mehr oder weniger gleichzeitig) erledige und dazu natürlich auch mein Homeoffice habe, das meist abends oder am Wochenende zum Einsatz kommt. Das Notebook, das unverzichtbar zu nennen schon fast eine Untertreibung ist, wird ständig per Fahrrad hin und her transportiert. Freizeit zu genießen ohne an die Arbeit zu denken oder sie dafür zu instrumentalisieren, gelingt nicht automatisch, man muss dafür (meist gegen sich selbst) kämpfen.

Die Texte in dem von Andreas Rumpfhuber redaktionell betreuten Schwerpunkt dieser Ausgabe von dérive „beleuchten spezifische zeitgenössische Formen einer sich verändernden Architektur der Arbeit, in der Arbeit und Leben zunehmend konvergieren, was seit den 1960er Jahren in den Zentren des Kapitalismus vermehrt im Diskurs thematisiert wird.“ Alles weitere dazu in seinem einführenden Artikel.

Der Magazinteil bringt diesmal zwei Artikel, die sich mit urban design bzw. Kunst im öffentlichen Raum beschäftigen. Hilary Tsui, die sich mit der von ihr kuratierten, äußerst sehenswerten Ausstellung Cities of Desire jüngst ebenfalls mit der Thematik Street Art bzw. Kunst im öffentlichen Raum beschäftigt hat (siehe ihren Beitrag in dérive 33), hat den geschäftsführenden Direktor der Experimentadesign Biennale in Amsterdam, Wendel ten Arve, und den Kurator der Programmschiene Droog Event 2: Urban Play, Scott Burnham, für dérive interviewt. Daniel Kalt stellt die Ausstellung Zeichen-Setzung vor, die acht Beiträge rund um das Szenelokal fluc auf dem Wiener Praterstern zeigt.

Dort draußen ... im Dickicht der Weltarchitektur von André Krammer hält auf zwei Seiten Rückschau zur letzten Architekturbiennale in Venedig und Manfred Russos Serie zur Geschichte der Urbanität setzt mit dem zweiten Teil zur Moderne fort. Der Besprechungsteil ist diesmal wieder so umfangreich, dass er auf die Website ausgedehnt werden musste. Zwei Besprechungen finden sich ausschließlich dort. Die Buchbesprechungen zu dem von Elke Krasny herausgegebenen Band Urbanografien, zu Andreas Neumeisters Könnte Köln sein und zu Zukunft Alter von Volker Kreuzer u.a. werden in der kommenden Ausgabe von dérive, die Anfang April erscheinen und den Schwerpunkt Stadt & Comic haben wird, abgedruckt.

Worüber in diesem Heft eigentlich auch ausführlicher berichtet hätte werden sollen, ist das Symposium The Right to the City, das im November anlässlich des 80. Geburtstags von Peter Marcuse an der TU in Berlin stattgefunden hat. Die Veranstaltung bot Vorträge einiger der wichtigsten VertreterInnen der Critical Urban Theory, darunter beispielsweise Neil Smith und David Harvey, um neben Peter Marcuse, der nicht nur vorgetragen hat, sondern gemeinsam mit Neil Brenner (New York University) und Margit Mayer (Center for Metropolitan Studies) Mitveranstalter war, nur zwei zu nennen. Das Symposium war sehr von der Person und dem Werk Peter Marcuses geprägt und zeichnete sich durch ein außerordentliches Publikumsinteresse sowie einer äußerst positiven Aufbruchsstimmung aus. Das hatte vielleicht ein wenig mit der Wahl von Barack Obama, wenige Tage zuvor, zu tun, aber vor allem auch mit dem großen Interesse, das es im Moment für die Critical Urban Theory gibt, wie bei der Veranstaltung deutlich zu spüren war. Sämtliche Diskussionen und Vorträge der Veranstaltung können erfreulicherweise mittlerweile von der Website des Centers for Metropolitan Studies als Audiofiles http://www.kwhistu.tu-berlin.de heruntergeladen werden.

Ein gutes Neues Jahr wünscht Christoph Laimer


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