Fifty Fifty – »Ein Museum«
»Fifty Fifty. Kunst im Dialog mit den 50er-Jahren«, Ausstellung im Wien MuseumAm Dach des Wien Museums sind derzeit einige Buchstaben vertauscht: Der slowakische Künstler Roman Ondák hat die Lettern von „Wien Museum“ zu „Ein Museum“ umgestellt. Tatsächlich öffnet die Allgemeingültigkeit von „ein Museum“ noch weiter den Fokus dieses Hauses, welches ja in Wirklichkeit räumlich und organisatorisch nur ein Teil einer Reihe von Museen ist (zum Wien Museum gehören fast 20 Museumsorte, die über die ganze Stadt verteilt sind). Das Historische Museum der Stadt Wien, wie es von 1897 bis 2000 hieß, war ursprünglich im Rathaus untergebracht. Erst 1953 wurde der Entschluss gefasst, einen eigenen Bau dafür zu errichten. Schließlich wurde der Viertplatzierte eines großen Wettbewerbes, Oswald Haerdtl, mit der Realisierung beauftragt. 1959 wurde der „Musterfall einer halbherzigen Moderne und der ideologischen Stimmung der Nachkriegszeit“, wie es im Pressetext heißt, feierlich eröffnet. Anlass von Fifty Fifty ist die Wiederkehr des 50jährigen Bestehen eines Museumsgebäudes, welche gleichzeitig willkommener Anknüpfungspunkt für eine Auseinandersetzung mit der Zeit um 1960 und deren Betrachtungsweisen ist. Im teilweise zerstörten Nachkriegswien der 1950er-Jahre wurde ja auch jene Sammlung von historischen Exponaten der Stadt Wien propagiert, die bis heute die Basis der permanenten Ausstellung des Wien Museums ist.
Fifty Fifty ist eine Gegenüberstellung der Architektur eines Nachkriegsgebäudes und dessen Sammlung mit aktuellen Kunstpositionen. Dies geschieht konkret über 25 künstlerische Arbeiten an verschiedensten Orten des Gebäudes. So entsteht immer wieder ein Dialog zwischen künstlerischer Intervention oder Kunstobjekt, sei es mit dem Gebäude selbst, dem Außenraum des Museums oder zwischen den Exponaten der permanenten Sammlung. Der Parcours der beiden KuratorInnen Gudrun Ratzinger und Wolfgang Kos (als Historiker und Direktor des Hauses) mit künstlerischen Projekten führt uns auch zu bis dato nicht zugänglichen Orten. Die nun leergeräumten ehemaligen Direktionsräumlichkeiten im zweiten Stock (mit auffallend schönem Interior design) werden mit Arbeiten von Jakob Kolding in das Ausstellungskonzept eingebunden.
Bei Fifty Fifty ist das Gebäude immer wieder Ausgangspunkt für die Schaffung eines zeitlichen und räumlichen Kontextes künstlerischer Arbeiten. So transferiert Werner Feiersinger das innenliegende Geländer zu einem skulpturalen Objekt im Außenraum, und Andreas Fogarasi bedient sich des dort verwendeten Marmors, den er ebenfalls skulptural vor den Eingangsbereich setzt. Monica Bonvicinis Video im zweiten Stock setzt mit dem Vorschlaghammer gegen das Gebäude an. Adrien Tirtiaux kippt einen Teil einer Wand im ersten Stock, so dass der Blick nach Außen wieder freigegeben wird, aber auch das gleich daneben befindliche Video von Isa Genzken wirkt, wie viele andere Positionen, als sei es speziell für diese Ausstellung entstanden. Insgesamt haben neun der eingeladenen KünstlerInnen für diese Ausstellung jeweils eine neue Arbeit produziert.
Weiters kann man im Hause Arbeiten von Marc Adrian, Lukasz Gorczyca, Szymon Kobylarz, Pia Lanzinger, Dorit Margreiter, Christian Philipp Müller, Gerwald Rockenschaub, Hans Schabus, Margherita Spiluttini, Lorenz Straßl, Gerold Tagwerker, Sofie Thorsen und Heimo Zobernig entdecken. Sogar die „historische“ Sammlung wurde durch Fifty Fifty erweitert: So haben die 387 Sondermodelle des Peter Fritz aus der Sammlung von Oliver Croy und Oliver Elser mit dieser Ausstellung eine endgültige Bleibe gefunden.
Fifty Fifty kann aber auch als eine postmoderne Auseinandersetzung mit einer veralteten chronologischen Geschichtsauffassung betrachtet werden, wo nun offene Räume des Dazwischen (des Dialoges) den eigentlichen Fokus einer neuen Betrachtung bilden. Dies bedeutet natürlich auch eine radikale Hinterfragung der eigenen historischen Sammlung, die nun nach 50 Jahren mit dieser Ausstellung endlich einen neunen Kontext definieren darf.
Ausstellung
Fifty Fifty
Kunst im Dialog mit den 50er Jahren
14. Mai 2009 bis 11. Oktober 2009
Wien Museum Karlsplatz, 1040 Wien
Paul Rajakovics ist Urbanist, lebt und arbeitet in Wien.