Kunst und List
Besprechung von »Artful Transformation« von Bettina SpringerBettina Springer behandelt in ihrem Buch mit dem zweideutigen Titel Artful Transformation – bedeutet artful doch gleichermaßen kunstvoll wie auch listig, verschlagen – ein Thema, das in der kritischen Stadtforschung der letzten Jahre einen zentralen Platz einnimmt: der Einfluss und Einsatz von Kunst als Impulsgeber für Veränderungen im Stadtmilieu. Springer setzt sich nochmals - und in durchaus adäquater Weise - die Bourdieu‘sche Brille auf und wendet das diskursive Instrumentarium, das bei Bourdieu im Begriff der Distinktion kulminiert, auf die Mechanismen an, die zwischen Kunst und ihrem Umfeld wirksam werden. Was passiert, wenn sich kulturelles Kapital in symbolisches verwandelt, um schließlich als ökonomisches Kapital Rendite zu generieren und wem nützt das? Bisher gab es auch unter den kritischen StadtforscherInnen ein spürbares Unbehagen der eigenen, unversöhnlichen Position gegenüber. Einerseits erschien es wichtig aufzuzeigen, wie Kunstprojekte (oft als temporäre Zwischennutzung) dazu missbraucht werden können, um ein Viertel mit der Absicht aufzuwerten, Immobilienwerte zu erhöhen und eine Gegend für neue KonsumentInnen attraktiver zu machen, was wiederum Phänomene wie das der Gentrifizierung auslösen kann. Anderseits lässt sich nicht jede Form der kulturellen Aufwertung durch Kunstprojekte und Initiativen per se verdammen.
Springers Buch ist ein gelungener Beitrag, einen vereinfachten Schwarz-Weiß-Moralismus durch ein differenzierteres Bild aufzuweichen, indem sie nicht nur die Entwicklungen seit der Umwandlung New Yorker Lofts in KünstlerInnen-Ateliers in den 60er und 70er Jahren beschreibt, sondern auch anhand konkreter gegenwärtiger Fallbeispiele in Berlin und Amsterdam die für sie entscheidenden Parameter genauer untersucht. Ein zentraler Aspekt der Evaluierung für Springer ist der Bezug von Kunstprojekten zu den Interessen und Potenzialen diverser Gruppen vor Ort; anders ausgedrückt, die soziale Wirksamkeit von Kunst, beziehungsweise der soziale Anspruch, der einem Projekt immanent ist. Ihr Buch kann als die Ermunterung gelesen werden, eine kritische, aber oft unbewegliche Position durch das Nachdenken über Formen eines aufgeklärten Handelns zu erweitern.
Andre Krammer ist selbstständiger Architekt und Urbanist in Wien.