Chinese Garden, 2010
Kunstinsert von Sonia LeimerSonia Leimer schloss vor ihrer künstlerischen Karriere ein Architekturstudium ab, das ihr heute als Basis zur Hinterfragung zeitlicher und räumlicher Kontexte dient. So finden sich in ihrer Arbeit vielfach räumliche und materielle Arrangements, die Referenzen zu weitläufigen Spuren setzen. Scheinbar nebensächliche Versatzstücke eröffnen ganze Welten von Verstecktem oder Vergessenem.
Diese rückt sie ins Zentrum, jedoch ohne die Scheinwerfer auf sie zu richten. Vielmehr versucht Sonia Leimer Spuren zu fragilen Verbindungen zwischen einer Arbeit und deren Ausgangspunkt zu setzen.
Bei Chinese Garden war es ihre Ausstellung Neither in motion nor at rest in der Bawag Foundation. Das Haus am Franz-Josefs-Kai 3, in dem sich heute die Galerieräume der Bawag befinden, war ursprünglich Sitz der Firma Schwadron, die jene Fliesen produzierte, die heute noch in verschiedenen Ausführungen in Wien auftauchen und Themengrundlage dieses Inserts sind. Der ehemalige Fliesenschauraum der Firma Schwadron wurde kurz vor Sonia Leimers Ausstellung von der Architektengruppe propeller z umgebaut. Nach wie vor zeigen sich Spuren der ursprünglichen Verwendung. Sonia Leimer faszinierte die Geschichte der Gebrüder Schwadron, die wie viele jüdische Familien enteignet und aus Wien und Österreich vertrieben wurden. Ernst Schwadron, der bereits in Wien auch als Designer und Architekt bekannt war, konnte sich im New Yorker Exil erneut als Chefdesigner einer Einrichtungsfirma etablieren.
Die im Insert gezeigten Fliesen befinden sich in einem chinesischen Restaurant in der Capistrangasse gegenüber dem Café Kafka. Die gezeigten Fotos waren auch in der Ausstellung zu sehen. Sonia Leimer kommentierte dies folgendermaßen: »Die künstlerische Arbeit bezieht sich auf die Geschichte des Raums. Da ich die Kacheln in der Capistrangasse schon seit vielen Jahren kannte, wollte ich diese in meiner Arbeit thematisieren und ›in den ehemaligen Schauraum bringen‹ – es war mir wichtig, diese Kacheln in der Überlagerung zu zeigen. Zeitlichen und Räumlichen. Wie historisches Material (Dekor) im Außenraum der Stadt mit gegenwärtigem Material (Dekor) zusammenfällt und darüber verschiedene Zeiten in einem Stadt-Bild ihren Platz finden und Stadt immer in der Überlagerung von Geschichte begriffen wird.«
Sonia Leimer hat seit kurzem einen Lehrauftrag an der Akademie der bildenden Künste in Wien in der Klasse Kunst und Fotografie (Martin Guttmann). Sie stellt demnächst im Museion Bozen (ab 3. Februar) und Anfang Juni in der Galerie Nächst St. Stephan und in der Artothek Köln aus.
Barbara Holub ist Künstlerin und Mitglied von transparadiso, einer Platform für Architektur, Urbanismus und Kunst.
Paul Rajakovics ist Urbanist, lebt und arbeitet in Wien.
Sonia Leimer