Paul Rajakovics

Paul Rajakovics ist Urbanist, lebt und arbeitet in Wien.

Zbynek Baladran

Zbynek Baladran ist Künstler in Prag und einer der Mitbegründer der Prager Avantgarde-Galerie „Display“.


Dem 1973 in Prag geborenen Künstler Zbynék Baladran eilt der Ruf voraus ein Archäologe zu sein. Vorgefundenes, Historisches, Sprache aber auch Zukünftiges sind Themen seiner Forschung. Der Künstler arbeitet an der Grenze zwischen nicht Verständlichem und potenziell Verständlichem und mit Ankerpunkten, durch die er seine Projekte vernetzt. Er lädt die RezipientInnen quasi auf eine Forschungsreise ein, auf der verschiedenste Ebenen nebeneinander betrachtet werden können.

Das Insert ist inhaltlich auf vier Seiten aufgeteilt, wobei auf der ersten Seite oben eine große Text-Grafik mit Verbindungs­linien eine Art Überblick suggeriert. Auf der unteren Hälfte ist ein Foto mit tschechischem Text, auf dem ein Stift auf das unterstrichene Wort „musime“ weist. Dieses bedeutet „müssen“ bzw. hier als Aufforderung „wir müssen“. Der darüber stehende Satz ist ebenfalls unterstrichen und bedeutet: „Sie sind immer noch gegen die Folter, weil sie daran glauben, dass die Besitzverhältnisse auch ohne Folter erhalten werden könnten (was nicht der Wahrheit entspricht.)“ Auch der weiterführende Text bedient sich eines auffordernden programmatisch-revolutionären Sprachduktus. Auf der nächsten Seite – mit Scene4:Colhouse betitelt – führt uns ein Architekt mit einer fiktiven DVD durch räumliche Beziehungen. Das darunter abgebildete Foto zeigt eine Hand, die eine Grundrissfigur zeichnet, und in pixeliger Schrift steht geschrieben: „The dining room is part of the living room.“ Auf der darauf folgenden Seite ordnet er englische Worte in drei unzusammenhängende Spalten. Das Bild zeigt einen Stift, der scheinbar gerade für Schreibproben verwendet worden ist. (Der Betrachter beginnt die Worte zusammenzuführen.) Auf der letzten Seite knüpft Zbynék Baladran an den formal-inhaltlichen Faden der zweiten Seite an: „The architect turns into a journalist....“ Ein Geflecht von Gedankengängen über Zukunft, Vergangenheit und über den Zugang zu (Sowjet-)Architektur wird hier mit zwei abfotografierten Bücherseiten von Industriebauwerken erweitert. Der kulturelle Kontext ist nun endgültig in der eigenen (tschechischen) Geschichte zu finden bzw. kann hier aufgelöst werden.

Zbynék Baladran arbeitet hier im Sinne von Slavoj Žižek bewusst mit dem Ausgangspunkt seiner eigenen Sprache, die für „westliche“ RezipientInnen nicht verständlich ist, verweist dabei aber gleichzeitig auf die Differenz der eigenen Geschichte, ihrer Rezeption und ihrer Utopien.

Zbynék Baladran eröffnet die Secessionsvitrine in der Westpassage der Wiener U-Bahnstation Karlsplatz am 28.11.2007.


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