
Zeitlandschaft und Stadt
Über die Differenz des Wachstums von Stadt und ihrer Freiräume»Landschaftsarchitektur ist eine langsame Disziplin, naturbedingt.« Bornhauser und Kiesling (2014)
Die Stadt und ihre Freiräume wachsen in unterschiedlichen Dynamiken. Diese unbebauten Räume selbst entwickeln sich – je nach Typologie – in unterschiedlichen Zeiträumen und Geschwindigkeiten. Der urbane Freiraum der Kernstadt entsteht zwar schneller, doch Bäume etwa werden an diesen Standorten nicht alt. Ihre Lebenserwartung unterscheidet sich – trotz Klimabaumarten – erheblich von denen in Stadtrandgebieten und größeren zusammenhängenden Freiräumen. Ein Stadtbaum hat die halbe Lebenserwartung eines Baumes in günstiger Umgebung, für einen Straßenbaum sinkt die potenzielle Lebensspanne sogar auf ein Viertel (Roloff 2013). Und große zusammenhängende Freiräume wie etwa der Frankfurter Ring oder der Wienerwald brauchen ausreichend lange Zeit, um ihre stadtökologisch wertvolle Bedeutung zu etablieren. Viele Freiräume dieser Art sind in europäischen Städten in den letzten Jahrzehnten in einen aktiven Zustand versetzt worden: dazu zählen etwa der Mauerpark und der Gleispark in Berlin oder der Landschaftspark Duisburg-Nord, ein Vorzeigeprojekt einer gelungenen Deindustrialisierung von Landschaft, dessen planerische Transformation nun, wo sie sichtbar wird, bereits Jahrzehnte zurückliegt. Aufgrund der langen Zeiträume, die für die Entwicklung urbaner Freiräume nötig sind, wird diese von einer gewissen Ungeduld begleitet.
Erik Meinharter ist Landschaftsarchitekt bei PlanSinn Büro für Planung und Kommunikation und Redakteur bei dérive – Zeitschrift für Stadtforschung.