Vom Gauhaus zum Landhaus: Ein Tiroler NSBau und seine Geschichte
In der wechselvollen Geschichte des Innsbrucker Landhausviertels spiegelt sich die Tiroler Vergangenheit des letzten Jahrhunderts. Unmittelbar nach der „Machtübernahme“ verwirklichen die Nationalsozialisten frühere Planungen zur Erweiterung des historischen Landhauses und errichten in kürzester Zeit einen in sich geschlossenen Gebäudekomplex. In Architektur und Ausstattung verbinden sie regionaltypische Aspekte mit Repräsentationsformen des NS-Kanons. Das Regierungsviertel beherbergt während der NS-Zeit nahezu den gesamten Parteiapparat und die staatlichen Dienststellen. Im Machtzentrum des Tiroler Nationalsozialismus findet die Planung und Abwicklung unzähliger NS-Verbrechen statt. Nach der Befreiung und Nutzung durch die Besatzungsmächte nimmt die Tiroler Politik das heutige Neue Landhaus in Besitz. Die NS-Hintergründe werden verleugnet und verdrängt. Erst in der jüngsten Vergangenheit übernimmt das Land seine erinnerungskulturelle Verantwortung und diskutiert den Umgang mit dem größten noch bestehenden Täterbau Tirols.
Christian Mathies und Hilde Strobl schildern in der reich bebilderten Publikation den Bau des Neuen Landhauses, die Verwaltungsstrukturen im regionalen NS-Machtzentrum und die Bedeutungsge schichte des Gebäudes bis in die Gegenwart. Sie beleuchten die Hintergründe des Bauprozesses aus architekturhistorischer und zeitgeschichtlicher Perspektive. Durch die Erzählung etlicher Menschengeschichten bieten sie bemerkenswerte Einblicke in den Verwaltungsalltag und werfen Fragen zur gesellschaftlichen Verantwortung am Nationalsozialismus auf.