Christian Hlavac


Dieses Buch untersucht erstmals die Stadtparks, Schmuckplätze, Kurparks und Stadtlandschaftsverschönerungen und diesbezügliche soziale und kulturelle Zusammenhänge im großen Gebiet der ehemaligen österreichischen Monarchie und stellt sie im (west-)europäischen Kontext dar. Zeitlich ist das Thema von der Josephinischen Aufklärung, in der als wichtigste Ausdrucksform des aufsteigenden Bürgertums erstmals gestaltete Grünbereiche dem Volk zugänglich gemacht wurden, bis zum Zusammenbruch der Monarchie am Ende des Ersten Weltkrieges gespannt.

Die Forschung in Österreich kann auf einige grundlegende Arbeiten aus dem deutschsprachigen Raum und wenige Monografien zurückgreifen. Hier ist vor allem die Arbeit von Alfred R. Benesch zum Melker Stadtpark und jene von Jochen Martz über die Wiener Ringstraßenanlagen zu nennen.

Der Herausgeber des Buches bedauert zu Recht, dass eine territoriale Vollständigkeit nicht erreicht werden konnte: So sind Böhmen und Mähren mangels Unterlagen im ersten Kapitel über die Jahre 1765 bis 1867 nur unvollständig und in der Periode von 1867 bis 1918 überhaupt nicht präsent. Trotzdem beschloss der Herausgeber, die schon vor längerer Zeit gesammelten und bearbeiteten Materialien zur Entwicklung der Stadtparks in der ehemaligen österreichischen Monarchie als einen ersten Schritt in der diesbezüglich noch unvollständigen Forschung zu veröffentlichen.

Die wichtigsten Fragestellungen des Sammelbandes sind laut Herausgeber: Welche städtischen und begrünten Freiraumformen standen in den verschiedenen Epochen der bürgerlichen Entwicklung für welche Schichten der Bevölkerung zur Verfügung und für welche Zwecke? Wer veranlasste die Errichtung solcher Freiräume? Mit welchen stilistischen Mitteln vollzog sich die Verwirklichung? Naturgemäß können nicht alle Beiträge alle Fragen ausreichend und umfassend beantworten. Dazu fehlt besonders der gemeinsame Raster und inhaltliche Aufbau der Einzelbeiträge.

Walter Krause bringt es im Vorwort auf den Punkt: Stadt- und Kurparks tragen ein demokratisches Element in sich, „denn sie sind auch für denjenigen nutzbar, der keinen eigenen Garten besitzt, der sich aber als Teil der Öffentlichkeit in den von ihr zur Verfügung gestellten Anlagen dennoch zu Hause fühlen darf.“
Géza Hajós führt nicht nur gekonnt in das Thema ein, sondern liefert mit der Besprechung der Stadtparks der österreichischen Monarchie von 1765 bis 1867 im gesamteuropäischen Kontext auch den längsten Beitrag zum Buch. Um die urbanen grünen Freiräume der ehemaligen österreichischen Monarchie und deren Haupt- und Residenzstadt Wien sowie der wichtigsten Städte der mittelosteuropäischen Nachfolgestaaten (Ungarn, Kroatien, Slowenien und Südpolen) „international würdigen zu können, muss man einerseits auch die westeuropäischen Entwicklungen mit den wichtigsten Beispielen kennen lernen, andererseits die Stellung der bürgerlichen Zentren in der österreichischen Donaumonarchie herausarbeiten.“ (Vorbemerkung des Herausgebers, Hajós, S. 13). Hajós‘ Analyse und Synthese der Entwicklungsgeschichte, auch in politischer und sozialer Hinsicht, ist gelungen.

Er macht deutlich, dass im Gegensatz zu Großbritannien in Mitteleuropa kaum Stadtparkanlagen als Reaktion einer Kommunalverwaltung auf die Bedürfnisse einer durch Industrie stark expandierenden Stadt angelegt wurden. In Großbritannien verbreitete sich der neue Gedanke relativ rasch, für die breite Bevölkerungsmehrheit repräsentative, malerische und systematisch bebaute Grünräume zu schaffen, um verschiedene Zwecke zu erfüllen: Gesundheitsförderung, Bildung, Vermittlung bürgerlicher Verhaltensformen, Ablenkung von politischen Problemen und Steigerung der Arbeitsfähigkeit in Form von systematischer Erholung.

In Kontinentaleuropa war der zentrale Anlass (nicht die Ursache) für die Errichtung von neuen Grünanlagen in Städten oft ein anderer: Die Nichtmehrnutzung und spätere Abtragung der mittelalterlichen Befestigungssysteme. Diese neu gewonnenen Freiräume wurden vom Herrscher „verschönert“. Z. B. schenkte Kaiser Franz I. ab 1817 dem Wiener Publikum den „Volksgarten“, der hauptsächlich für die „gesitteten“ bürgerlichen Schichten vorgesehen war. Diese und ähnliche Anlagen in Europa dienten nicht mehr ausschließlich dem Amüsement, sondern bezweckten auch die Erziehung des Volkes.

Ganz besonders hervorzuheben ist das sehr früh errichtete Pester „Stadtwäldchen“ („Varosliget“), welches von der 1808 gegründeten Verschönerungskommission mit Spenden des Bürgertums und der Unterstützung des Palatins Erzherzog Joseph vom Architekten Heinrich Nebbien ab 1813 (nach einem Wettbewerb!) zu einem richtigen Stadtpark entwickelt wurde. Das „Stadtwäldchen“ ist die erste nicht von einem Herrscher geschenkte anspruchsvolle Anlage dieser Art in Europa. Dies hing vor allem mit dem sehr stark ausgeprägten nationalen Bewusstsein der Magyaren in den Napoleonischen Kriegen zusammen, einer Zeit, die in Ungarn den Beginn einer Reformbewegung bedeutete.

Der Autor macht klar, dass sich der politische Inhalt der Stadtparks in der Monarchie nach dem Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn im Jahr 1867 gewandelt hat. Der Park als künstlerische Aufgabe war ab der Aufklärung auch ein „Denkmalhain“ geworden, wo die Heroen der jeweiligen Nationen z.B. mittels Büsten verehrt wurden.

Ein Blick nach Deutschland wirft die Frage nach der Stilrichtung der Stadtparks auf: Nach Nehring ist der Klosterberge-Park die erste öffentliche Stadtparkanlage in Deutschland. Der Volksgarten in Magdeburg wurde ab 1825 von Peter Joseph Lenné geplant. Erstmalig war ein solches Projekt durch bürgerliche Initiative entstanden und auf kommunaler Ebene durchgeführt und finanziert worden. Während Hirschfeld der formalen Gestaltung von Volksgärten das Wort redete, sprach sich Sckell für den Landschaftsparkstil aus. Nach Lektüre des Sammelbandes zeigt sich, dass die meisten Stadtparks im so genannten gemischten Stil errichtet wurden. Typisch waren auch die Ausstattungen der Stadt-(und Kur-)parks im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts: Blumenrondelle, Blumenteppiche, (Musik-)Pavillons, Wetterhäuschen, Springbrunnen, exotische Bäume und Denkmäler passten zur Erholungs- und Bildungsfunktion der Anlagen.

Unabhängig von den nationalen und regionalen Unterschieden und den verwendeten Stilrichtungen herrschte in der ganzen österreichisch-ungarischen Monarchie gegen Ende des 19. Jahrhunderts der einheitliche Wunsch des Bürgertums vor, die Grüngestaltung als ein wichtiges Instrument der Selbstdarstellung bewusst und stolz in den urbanen Modernisierungsprozessen einzusetzen.

Cordula Loidl-Reisch beschäftigt sich in ihrem kurzweiligen Beitrag mit den Stadtparks in Wien und Österreich in der Zeitepoche von 1867-1918. Positiv ist anzumerken, dass sie sich auch den Gärtnern und Gartengestaltern widmet. Sie macht die Vorbildwirkung zahlreicher Wiener Anlagen für den Rest der Doppelmonarchie deutlich.

Dem Beitrag von József Sisa über die städtischen Parkanlagen in Ungarn im gleichen Zeitraum wäre ein besseres Lektorat zu wünschen gewesen. Zahlreiche Stilblüten schmälern den Text erheblich.

Im Gegensatz zu den ersten drei Beiträgen liefert das Ehepaar Obad-Šc´itaroci eine etwas lieblose Aufzählung von kroatischen Anlagen aus der Zeit 1867-1918 ab. Der Auflistung von Daten und Ausstattungen fehlt die nötige inhaltliche Klammer. Gleiches gilt teils auch für den Text von Alenka Kolšek über die slowenischen Anlagen der gleichen Zeitepoche. Wojciech Balus hingegen gelingt es in seinem kurzen Beitrag über die Stadtparks in Krakau (1850-1918), einen disziplinenübergreifenden Ansatz zu erreichen.

Ein Personenregister ist im Anhang vorhanden. Ein zusätzliches Orts- bzw. Anlagenverzeichnis wäre sinnvoll gewesen, um Querverweise nachvollziehbarer zu machen. Vorbildlich ist die Illustration des Sammelbandes: Zahlreiche selten oder noch nie veröffentliche Fotografien, Pläne und Postkarten erhöhen die Verwendbarkeit des Werkes. Abschließend möchte man dem Herausgeber beipflichten: „Es mögen weitere Publikationen auf diesem Gebiet folgen.“


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