Die Wiener Opernkreuzung
Exerzierfeld der ModerneIm Hintergrund das mächtige Opernhaus. Davor voll besetzte Straßenbahnwaggons, von Pferden gezogen, einer nach dem anderen in rascher Folge, Kutschen mit fremdländisch aussehenden Lenkern rattern dahin, ein Radfahrer huscht vorbei, in der Mitte der Fahrbahn ein Wachmann, aufmerksam das Geschehen beobachtend, wohl gekleidete Bürgersdamen promenieren mit Sonnenschirmen umher, Männer mit Hüten und Schnurrbärten eilen auf den Betrachter zu, ein Mann duckt sich unter der Kamera hindurch: Der Dokumentarfilm Le Ring, im Sommer 1896 von der Société Lumière gedreht, lässt das Straßenleben der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien für 43 faszinierende Sekunden wieder auferstehen. Und nicht zufällig wurde für dieses erste filmische Dokument von Wien der wohl urbanste und betriebsamste Ort gewählt: die Opernkreuzung. Eine herausragende Sehenswürdigkeit im eigentlichen Wortsinn, ein bis heute hochfrequenter Repräsentationsort für die ganze Stadt.
Peter Payer, ist Historiker und Stadtforscher sowie Kurator im Technischen Museum Wien.