Integrierte Stadterneuerungsstrategien in England und Deutschland
Gegenwärtig stehen in vielen europäischen Großstädten die lokalen politisch-administrativen Systeme vor der Herausforderung, die zunehmende sozial-räumliche Polarisierung der Städte zu bewältigen. Dabei wird es unter anderem vor allem als Aufgabe des Politikfeldes »Stadterneuerung« betrachtet, Lösungen für die Erneuerung von Gebieten zu finden, in denen überwiegend von Armut betroffene und sozial ausgegrenzte Menschen leben. Diese konzentrieren sich zumeist in ökonomisch »strukturschwachen Stadtgebieten« und in Gebieten mit spezifischen Wohnungsteilmärkten (nicht modernisierter Altbau der Gründer- und Zwischenkriegszeit oder sozial geförderter Wohnungsbau in Großsiedlungen der 1960er- bis 1990er-Jahre).
In der Situation zunehmender, sich verschärfender und vermutlich für einige soziale Gruppen sich verfestigender Armut, ist man in vielen europäischen Städten vor etwa 20 Jahren dazu übergegangen, weniger auf eine räumliche Umverteilung von BewohnerInnen zu setzen, sondern mit der bestehenden Bevölkerungsstruktur umzugehen und in den Quartieren neue Interventionsstrategien zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu entwickeln. Stadterneuerung beschränkt sich dabei nicht mehr auf die Instandsetzung von Gebäuden und die Aufwertung des Wohnumfeldes. Mittlerweile ist sie Mittelpunkt einer bisweilen sehr breit angelegten integrierten Strategie. Diese Stadterneuerungsstrategien finden derzeit auf allen Politikebenen Akzeptanz (im Rahmen der Zielgebiet 2- und Urban II-Programme der EU ebenso wie in staatlichen Programmen in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland).
Um einen Einblick in die Entstehung und Durchführung dieser integrierten Stadterneuerungsprogramme zu bekommen, werden im Folgenden das britische Programm »New Deal for Communities« sowie das bundesdeutsche Programm »Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt« kurz beschrieben. Im Anschluss an diesen deskriptiv gehaltenen Teil wird eine kritische Einschätzung der integrierten Stadterneuerungsprogramme vorgenommen.
New Deal for Communities: ein integrierter Ansatz zur Bekämpfung der Probleme von sozial, ökonomisch und städtebaulich benachteiligten Gebieten (deprived urban areas)
Die Entwicklung und Durchführung integrierter Strategien zur Erneuerung von städtischen »Problemgebieten«, die heute als eine der wichtigen Aufgaben des britischen Nationalstaates angesehen werden, wurde in Großbritannien schon in den 1980er-Jahren vorangetrieben. Dies ist im Zusammenhang mit der starken Zunahme des Anteils an armen und sozial benachteiligten Menschen in Großbritannien vor allem während der Regentschaft der konservativen, stark neoliberal ausgerichteten Nationalregierung (»Thatcher-Ära«) zu sehen. Gleichzeitig konzentrierten sich diese sozialen Gruppierungen stärker in bestimmten Stadtteilen. »Over the last 20 years poverty has become more concentrated in individual neighbourhoods and estates than before, and the social exclusion of these neighbourhoods has become more marked« (Wilson 2000: 91). Um die komplexen Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der Konzentration von unteren Einkommensschichten in Gebieten mit schlechten Wohnbedingungen ergaben, wurden »gebietsbezogene« Initiativen (area based initiatives) eingeführt.
Die Stadterneuerungspolitik war bis in die 1990er-Jahre hinein von Wertvorstellungen der konservativen Regierung geprägt. »Diese sah in der Wirtschafts- und Investitionskraft des Privatsektors das einzige wirksame Mittel gegen die steigende Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Städte« (Kemper & Schmals 2000: 47). Mit dem Antritt der Blair-Regierung im Jahre 1997 veränderte sich dann Stadtpolitik dahingehend, dass area based initiatives etabliert wurden, die nun stärker ressortübergreifend und vertikal integriert durchgeführt wurden. »The mantra has become that policies should be integrated, visionary, strategic and partnership driven« (Maclennan 2002: 241).
Um sich erfolgreich in Stadterneuerungsprogramme einklinken zu können, müssen die AntragstellerInnen vor allem kooperative Verfahren zur Lösung von Gebietsproblematiken entwickeln, die im Sinne eines gemeinsamen Lernens vor allem die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen, BürgerInnen und VertreterInnen der »lokalen Ökonomie« stärken sollten. Zudem wurden zugunsten dieses neuen, gebietsbezogenen und integrierten Ansatzes fachspezifische, nationale Programme zurückgefahren. »Aus der Logik der Aufgabe und ihrer Lösungsstruktur folgt, dass die Gebiete und die in ihnen herrschenden Missstände selbst zum Gegenstand politischen Handelns werden.« (empirica 2001: 8)
Der New Deal for Communities, der von der Blair-Administration Ende der 1990er-Jahre initiiert wurde, verkörpert diesen neuen Zugang am deutlichsten. Unter dem Slogan »joined up solutions to joined up problems« wird in der »National Strategy for Neighbourhood Renewal«, welche die neu gegründete ministeriumsinterne »Social Exclusion Unit« entwickelt hat, die integrierte Erneuerungsstrategie vorangetrieben. Der Fokus dieser nationalen Strategie liegt auf der Integration unterschiedlicher Politikfelder (»horizontale Integration«), auf der besseren Abstimmung der staatlichen Ebenen (»vertikale Integration«) bei der Durchführung der Förderprogramme, auf der Modernisierung des Verwaltungshandelns (im Sinne des New Public Management) sowie auf der stärkeren Zusammenarbeit von VertreterInnen der lokalen politisch-administrativen Systeme, des ökonomischen Sektors, der Zivilgesellschaft sowie der neokorporatistischen Verbände. Das Förderprogramm New Deal for Communities bezieht sich dabei auf die am stärksten benachteiligten Gebiete in England. Für die ersten zwei Förderungsrunden, an denen sich 39 »Modell-Erneuerungspartnerschaften« beteiligen, wurde ein Budget von 2 Milliarden Pfund zur Verfügung gestellt.
Bezogen auf die Finanzierung der Projekte und Partnerschaften wird betont, dass die zu bildenden Partnerschaften vor Ort eigenständig und unabhängig über die Vergabe von Mitteln aus dem nationalen Topf (u.a. aus dem »Neighbourhood Renewal Fund«) im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zur Entwicklung des Stadtteils entscheiden können. Im Gegensatz zum von der konservativen Regierung installierten »Single Regeneration Budget« gibt es seitens der Nationalregierung keine konkreten Vorgaben, sondern Themenvorschläge und Handlungsfelder, auf die sich die Projekte beziehen könnten. Es ist auch möglich, dass ein Gebiet, obwohl es die notwendigen Indikatoren der sozialen Benachteiligung aufweist, kein Geld zugewiesen bekommt, wenn nicht ein qualitativ ausreichendes Konzept vorliegt.
Im New Deal for Communities stellt die Bildung einer Local Strategic Partnership eine Voraussetzung dar, um an dem Förderprogramm teilnehmen zu können. »Die Local Strategic Partnership (LSP) ist ein Zusammenschluss von VertreterInnen der Kommunen, VertreterInnen privater und öffentlicher Organisationen, von BewohnerInnen, und gleichzeitig von VertreterInnen staatlicher Stellen« (empirica 2001: 16/17). Die LSP wird zumeist von der lokalen Behörde ins Leben gerufen und kann auf bestehende Organisationen, die sich im Rahmen der Durchführung früherer Stadterneuerungsprogramme gebildet haben, aufbauen. Die unterschiedlichen Partner in der LSP entwickeln ein umfassendes, ressortübergreifendes Programm zur lokalen Nachbarschaftserneuerung, welches u.a. die Definition von Zielen und deren Erreichung sowie das Zusammenbringen von AnbieterInnen und NachfragerInnen von Dienstleistungen beinhalten. Auf diese lokale Strategie, die sowohl einen gesamtstädtischen Bezug als auch detaillierte Maßnahmen für deprived urban areas enthalten sollte, müssen sich alle wichtigen AkteurInnen einigen.
Besonderer Wert wird in der neuen Strategie auf die Etablierung von Neighbourhood Managements als Teil von Local Strategic Partnerships gelegt. Während der Erarbeitung der National Strategy for Neighbourhood Renewal beschäftigte sich ein eigenes, ministeriumsinternes Policy Action Team mit dem Thema Neighbourhood Management. Das Neighbourhood Management soll als zentrale Ansprechstelle für die lokale Bevölkerung dienen. Die NachbarschaftsmanagerInnen können von einem Partner der Local Strategic Partnership oder von einer bestehenden Nachbarschaftsorganisation eingesetzt werden. Ihr Leitungsgremium (»Board«) variiert von Fall zu Fall. Eine erste Evaluation des »Neighbourhood Management-Pathfinder-Programme« (Pilotprojekt-Programm initiiert von der ministeriumsinternen »Neighbourhood Renewal Unit«) erbrachte diesbezüglich folgende Erkenntnis: »The main variation was in the composition of the Boards with some Pathfinders adopting arrangements that were representative of the main stakeholders but others excluding service providers from decision-making and others giving residents a voting majority. There were some noteable gaps in Boardmembership, namely local businesses/traders and some local agencies, such as the Local Learning and Skills Council« (SQW Ltd & Partners 2002: 4). NachbarschaftsmanagerInnen verfügen vielfach über ein eigenes Budget und sind dafür verantwortlich, dass die Interessen der BürgerInnen in der Verwaltung Berücksichtigung finden. In ihrer Arbeit werden sie dabei etwa von beratenden »Bürgerforen« unterstützt. Prinzipiell sind die NachbarschaftsmanagerInnen weiterhin dafür verantwortlich, dass die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Gebiet im Sinne einer besseren Kundenorientierung verändert und ein systematischer Ansatz zur Gebietsentwicklung implementiert wird.
Zentrale Charakteristika der gegenwärtigen Stadterneuerungspolitik in Großbritannien sind demnach,
- der Bezug auf areas, d.h. der Bezug auf bestimmte Stadtquartiere, die physisch, ökonomisch und sozial erneuert werden sollen, und die sich daraus ergebende vertikale und horizontale Integration des Regierungs- und Verwaltungshandelns (DETR 2000: 5). Im Kern wird gegenwärtig versucht, eine Art »Quartierslogik« im Denken und Handeln der lokalen AkteurInnen zu entwickeln, sowie
- der hohe Grad an Formalisierung von so genannten Partnerships als Trägern von Stadterneuerungsprojekten und als Plattform für die Involvierung multi-sektoraler AkteurInnen und Institutionen in die Entwicklung von Quartieren.
Das Bund-Länder-Programm »Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt«: ein integrierter Erneuerungsansatz in Deutschland
Auch dieses im Jahre 1999 von der deutschen Bundesregierung initiierte Programm ist eine steuerungspolitische Antwort auf die zunehmende Konzentration von armen und sozial ausgegrenzten Menschen in Gebieten mit schlechten Wohnbedingungen und städtebaulichen Mängeln. Im Kern geht es dabei um die Verknüpfung und gleichzeitige Förderung von investiven und nicht-investiven Maßnahmen und die Implementierung eines »integrativen Handlungsansatzes« auf Stadtteilebene, der die Bündelung und Vernetzung von Ressourcen vorsieht. Aktivierung und Beteiligung von BürgerInnen sowie die Vernetzung und Integration von sektoralen politischen Feldern stehen weiterhin im Mittelpunkt dieses Programms. Dabei ist es Aufgabe des Bundes und der Länder ihre Mittel und Maßnahmen abzustimmen und zu bündeln, wobei dadurch unterschiedliche Politikfelder (etwa Wohnungswesen, Wirtschaft, Umwelt, Verkehr, Kultur, etc.) in Zusammenhang gebracht werden. Das Programm wird zu je einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kommunen finanziert. Das neue Programm wird als eine »Gesellschaftspolitik charakterisiert, mit der Stadtpolitik und Erneuerungspolitik in Stadtteilen verknüpft« werden (Walter 2002: 23).
Zentrale, im Programm formulierte Anliegen sind die Definition von räumlichen Aktionsrahmen für die Durchführung von integrativen Maßnahmen sowie die Konzentration auf die Verbesserung der Lebenslagen der in den ausgewählten Stadtquartieren lebenden Menschen, vor allem im Rahmen der Förderung von nicht-investiven Maßnahmen. Damit ist das Programm ein »lebensweltlicher Ansatz, bei dem die Individuen in ihrem Milieu in den Mittelpunkt gestellt werden« (Becker 2000: 141). Die zur Verfügung gestellten Fördermittel sollen vor allem einerseits in innerstädtische oder innenstadtnahe Quartiere fließen, die städtebauliche Mängel und schlechte Umweltqualität aufweisen, und andererseits in Großwohnsiedlungen, die bezogen auf Nutzungsmischung und Infrastruktur Defizite aufweisen. Bei der Implementierung des Programms wird betont, dass ein »gebündelter und zielgenauer Einsatz aller verfügbaren Ressourcen« sowie eine »enge Kooperation der betroffenen Fachressorts organisatorisch« gewährleistet und ein leistungsfähiges Stadtteilmanagement eingerichtet werden sollen.
Dem Instrument des Quartiersmanagements kommt im Rahmen der lokalen Umsetzung des Programms eine große Bedeutung zu. Obwohl unterschiedliche Meinungen über die Definition von Quartiersmanagement zwischen VertreterInnen aus Politik, Verwaltung, Sozialarbeit und Wissenschaft bestehen, wird von AutorInnen des Deutschen Instituts für Urbanistik, welches für die Programmbegleitung zuständig ist, Folgendes festgehalten: »Allgemein sollen durch die Einrichtung eines Quartiersmanagements Strategien und Akteure der Quartiersentwicklung integriert, vernetzt, ökonomische und soziale Entwicklungsmaßnahmen miteinander verknüpft sowie die Handlungsmöglichkeiten und -kompetenzen der Bewohnerschaft gestärkt werden. …In diesem Rahmen (der integrierten Handlungskonzepte) übernimmt das Quartiersmanagement Aufgaben der Bewohneraktivierung, Stadtteilkoordination (z.B. Aufbau von Kooperationen auf gesamtstädtischer und Stadtteilebene), Projektinitiierung, Mittelakquisition, Öffentlichkeitsarbeit und ErfolgskontrolIe/Berichterstattung. Es ist die ,antreibende Kraft‘ vor Ort« (Franke & Löhr 2002: 2).
Der systematische Aufbau selbsttragender Strukturen zur Entwicklung des Wohnquartiers, die horizontale Vernetzung von Verwaltungsressorts sowie von Akteuren im Quartier, die Förderung von modernisiertem Verwaltungshandeln und eine partizipativ engagierte Stadtteilarbeit sollen durch das Quartiersmanagement ermöglicht werden. Nach Franke & Grimm (2002: 7ff.) lassen sich drei Funktionsbereiche des Quartiersmanagements unterscheiden: die Verwaltungsebene mit einem/einer Gebietsbeauftragten, die intermediäre Ebene mit einem/einer GebietsmoderatorIn und die Quartiersebene mit QuartiersmanagerInnen in einem Stadtteilbüro:
Mit dem Bund-Länder-Programm »Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt« wird versucht, die Probleme dieser Stadtteile mit einem integrierten, ressortübergreifenden und raumbezogenen Handlungsansatz zu bewältigen. Neue Kooperations- und Verhandlungsformen zwischen Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und der »Zivilgesellschaft« werden ebenso gefördert wie die Anziehung von nicht-staatlichem Kapital bei der Erneuerung dieser Gebiete (etwa durch die Gründung von public-private-partnerships). Weiterhin sind die Aktivierung der Quartiersbevölkerung und die Vermittlung zwischen der Lebenswelt der Menschen und der Welt der Verwaltung über den Einsatz von Quartiersmanagement-Modellen zentrale Anliegen des Erneuerungsprogramms.
Eine kritische Würdigung integrierter Stadterneuerungsstrategien in England und Deutschland
Integrierte Stadterneuerungsstrategien bringen in stadtpolitischen Diskussionen vielmals eine neue Qualität ein, weil sie vor allem einen horizontalen, integrativen Politikansatz (Stadterneuerung, Arbeitsmarkt und Berufsqualifikation, Integration), einen vertikalen integrativen Politikansatz (die Zusammenarbeit zwischen Stadtteil- und Stadtentwicklungsstrategie – häufig auch eingebunden in eine regionale Entwicklungsstrategie), eine neue Haltung des »aktivierenden Staates« durch Ermöglichung und Ermächtigung (empowerment), Hilfe zur Selbsthilfe, Anregung zu Projekten und Unterstützung bei der Durchführung, »Anschub-Finanzierung statt Durchfinanzierung«, Eigenanteile der NutzerInnen sowie Akquisition privaten Geldes sowie weitere Maßnahmen und Strategien, welche der Verwaltungsmodernisierung zuzurechnen sind (Benchmarking, Outsourcing zu »intermediären Organisationen«, Dezentralisierung von Entscheidungen, Kooperation mit BürgerInnen als neue Stufe der Partizipation), forcieren.
Allerdings sind bei der Erstellung, Zielsetzung und Durchführung solcher Stadterneuerungsstrategien folgende Punkte kritisch anzumerken:
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Es bestehen berechtigte Zweifel daran, ob mit diesen Ansätzen die Verräumlichung von Armut in ihren Ursachen bekämpft (vgl. Madanipour 1998, Alisch & Dangschat 1998, Alisch 2001, 2002, Andersen & van Kempen 2001, Friedrichs & Vranken 2001, Walther 2002) und ob damit die vielfältigen Probleme sozial, ökonomisch und städtebaulich benachteiligter Gebiete gelöst werden können. Die Ursachen für dieses sozial-räumliche Phänomen liegen zumeist auf struktureller und überlokaler Ebene, nämlich etwa im Wohnungs- und Arbeitsmarkt sowie im sozialen Sicherungssystem. Vor allem, wenn es darum geht, den »Erfolg« von Stadterneuerungsstrategien zu beurteilen, sollten diese Zusammenhänge nicht übersehen werden. »Area-based approaches are valuable ways of addressing the problem of social exclusion once it has emerged. Explicit urban strategies can make a difference, but mainstream programmes make a greater one. In responding to social exclusion, the wider comparative lesson is, that prevention, rather than cure, is the more intelligent strategy« (Parkinson 1998: 34).
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Zum Quartiersmanagement ist mit Krummacher (2003: 202) Folgendes zu bedenken: »Quartiersmanagement als strategisches Instrument garantiert für sich genommen noch keine sozialintegrative Politik zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung in benachteiligten Stadtteilen. In Abhängigkeit von den politisch gesetzten Leitzielen der Kommunalpolitik, der Steuerungsphilosophie von Politik und Verwaltung sowie der Umsetzung ,vor Ort‘ kann Quartiersmanagement genauso als Spar- und Befriedungsstrategie und als Instrument zur Kolonisierung und weiteren Ausgrenzung durchsetzungsschwacher Minderheiten im Stadtteil genutzt werden.« Diese kritische Bemerkung bezieht sich einerseits auf die immer noch stark Mittelschicht-orientierten Beteiligungsformen, die im Rahmen des Quartiersmanagements eingesetzt werden, und andererseits auf den teilweisen »Rückzug des Sozialstaates«, der Teile seiner staatlichen Agenden an vielfach auch »ehrenamtlich tätige Gremien« abgibt und in einigen Fällen sektorale Förderprogramme zurückschraubt.
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Integrierte Erneuerungsstrategien sind im weiteren Feld der aktuellen Veränderung von Staatlichkeit und der Einführung neuer Formen der Steuerung zu betrachten. Dabei werden unter den Stichworten »aktivierender Staat« und »governance« Verwaltungsmodernisierungen und Reformen des Staatsaufbaus diskutiert. Im Rahmen der Neudefinition und Neuorganisation der Staatlichkeit (etwa durch Dezentralisierungs-, Privatisierungs- und Outsourcingmaßnahmen) ist kritisch zu hinterfragen, ob nicht bestehende Formen repräsentativer Demokratie ausgehöhlt werden, ob staatliche Verantwortlichkeit und Kontrolle des öffentlichen Handelns durch die Gesellschaft nicht mehr eindeutig festlegbar wird und ob berücksichtigt wird, wer die tatsächlichen ProfiteurInnen einer solchen Politik des gemeinsamen Verhandelns, des Netzwerkaufbaus, des Konsenssuchens und der Modernisierung des Staates sind. Vor allem im Rahmen der Auslagerung von staatlichen Aufgaben an den Markt sowie bei der Gründung von public-private-partnerships muss die Frage der Kontrolle des öffentlichen Handelns sowie der Frage nach den ProfiteurInnen gestellt werden. Aus den Erfahrungen mit Verwaltungsmodernisierungen in unterschiedlichen europäischen Städten kann gelernt werden, dass Privatisierungs- und Outsourcingmaßnahmen erst nach eingehender Prüfung ihrer »Sozialverträglichkeit« mit Bedacht durchzuführen sind. Falls dies nicht geschieht, besteht die Gefahr, dass durch solche Modernisierungsbestrebungen weitere sozial-räumliche Polarisierungen induziert werden.
Dieser Beitrag basiert auf der Studie »Städtestrategien gegen Armut und soziale Ausgrenzung – Erfahrungen aus europäischen Städten«, die von der MA18, der MA50 und der Arbeiterkammer Wien in Auftrag gegeben und vom Institut der Soziologie für Raumplanung und Architektur (TU Wien) durchgeführt wurde.
Alexander Hamedinger
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