Post Skript: Manifeste jüngerer Architektur im neu eröffneten Az West
»Young Blood: I’m a Young ›Austerian‹ Architect! Positionen junger Architektur aus Österreich« und »Young Blood Export«, Ausstellungen im Az WestDer Ausstellungsraum im neueröffneten Az West ist ein Außenposten der größten Architekturinstitution des Landes und atmet dennoch den (heute schon beinahe klassischen) Flair der Off-Szene. Der roh belassene 110 m2 große Raum erinnert an eine Non-Profit-Galerie in der New Yorker Lower East Side der 80er Jahre.
Die erste Ausstellung Young Blood: I‘m a Young ,Austerian‘ Architect! ist eine von sechs Ausstellungen, die 2003 vom Centre for Central European Architecture, einer Prager Non-Profit-Organisation, ins Leben gerufen wurde, um einer neuen, zentraleuropäischen ArchitektInnen-generation (aus Tschechien, Slowenien, der Slowakei, Polen, Ungarn und Österreich) eine Plattform zu bieten. Thematischer Kern der Ausstellungsserie ist die Frage nach dem Selbstverständnis junger ArchitektInnen und einer Positionierung im gesellschaftlichen Umfeld. So werden Slogans abgefragt, die für diese Verortung stehen sollen. Unter den österreichischen Einreichungen wurden Agencyofchange.net (Sieger des Slogan-Battles mit „The future ist bright! The future is architectureal“), AllesWirdGut („AllesWirdGut“), Feld 72 („“), Grid Architekten („Das Haus ist (k)eine träge Sau“), noncon:form („noncon:form vor Ort“), Franz Sdoutz („Architektur ist die Botschaft“), transparadiso („Plan B tritt in Kraft!“), x architekten („Be a bloody idealist!“) ausgewählt. Schon die Slogans zeigen, dass zumindest die in der Ausstellung vertretenen Teams ein gegenwärtiges Selbstverständnis des Architekten/der Architektin nicht ohne Selbstironie verhandeln wollen. Die Slogans und Objekte in der Ausstellung mit popkulturellen Referenzen und Anleihen in der Konzeptkunst – die sich so auch gut ins Ambiente einfügen – weisen aber auch auf einen ernstzunehmenden Diskurs hin, der in der Disziplin nicht zuletzt zwischen den Generationen virulent geworden ist. Hat man sich einst trotz aller Differenz in der Herangehensweise an die Architektur über ein Werk (über mehr oder weniger auratische Objekte) definiert, so ist heute das Bild der ArchitektInnen als NetworkerInnen en vogue: Nicht das Objekt und seine Funktion stehen im Mittelpunkt, sondern die prozesshafte Herangehensweise an ein Projekt, die die Öffentlichkeit im Idealfall in die Planung einbezieht. Paradigmatisch für diesen Ansatz ist die Fotoserie, die von noncon:form gezeigt wird und einen derartigen offenen Planungsprozess dokumentiert - Architektur als Kommunikation.
Die Zeichen stehen allgemein auf Ausweitung des Architekturbegriffs über die disziplinären Grenzen hinweg, im Gegensatz zu einer altmodischen Frage nach der Essenz der Architektur. Insofern trifft erstaunlicherweise Hans Holleins alter Slogan „Alles ist Architektur“ auch für die Gegenwart zu. Folglich scheint sich nun heute die Frage nach Eingrenzung der Ausweitung zu stellen, damit ArchitektInnen nicht als „ExpertInnen für eh alles“ auftreten. Die Selbstironisierung, die in der Ausstellung spürbar ist, deutet das ja schon an. Da wir heute von komplexen Identitätskonstruktionen ausgehen, können auch ArchitektInnen ihre Rolle nicht ein für allemal definieren. Trotzdem stellt sich die Frage, welche traditionellen Positionen aufgegeben werden müssen, um eine neue, stichhaltige Position aufrecht-erhalten zu können. Die Figur des Mediators, der Kommunikatorin, des Netzwerkers, der Architekturkonzeptkünstlerin stehen zur alten Rolle des „ersten Baumeisters“, der, orthodox materialistisch betrachtet, Anspruch auf einen bestimmten Prozentsatz der Bausumme stellt, in einem Spannungsverhältnis, um es vorsichtig auszudrücken. Die Möglichkeit derartige Fragestellungen weiterzuverfolgen bot sich während der Ausstellung Young Blood Export, die ausgewählte Positionen der einzelnen nationalen Ausstellungen zeigte.
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Ausstellungen
Young Blood: I’m a Young „Austerian” Architect!
Positionen junger Architektur aus Österreich
19.4. bis 13.5. 2007
Young Blood Export
17.5. bis 10.6.2007
Az West
© CCEAAndre Krammer ist selbstständiger Architekt und Urbanist in Wien.