
Wer plant die Zeit?
Macht, Planung und Dissens in der StadtentwicklungModerne rationalistische Stadtplanung setzte auf Effizienz, Kontrolle der Abläufe und nicht zuletzt auf Beschleunigung innerhalb einer meist wohlfahrtsstaatlich ausgerichteten Planungspolitik. Es ging nicht nur um die Herstellung einer neuen Ordnung, etwa durch Funktionstrennung, sondern auch um ein technokratisches Zeitregime. In der Post- und Spätmoderne bekam dieses zunehmend Risse. Kritik sowohl von Stakeholder:innen, die an der Durchökonomisierung der Stadt interessiert waren, als auch von jenen, die eine weniger top-down geplante, offenere und pluralistischere Stadt befürworteten, führte zu einer allgemeinen Informalisierung der Planungskultur. Neue Kommunikationsformen und Allianzen haben Planungsprozesse vielerorts entschleunigt – allerdings führte diese Entschleunigung nur bedingt zur erhofften Demokratisierung der Stadtentwicklung.1 Die im Paradigmenwechsel von der rationalistischen zur kommunikativen Planung gewonnene Zeit hat den zuvor hermetisch abgeschlossenen Planungsdiskurs und -prozess zwar geöffnet, wurde aber auch von den Agenden der Unternehmerischen Stadt vereinnahmt, die ihre Ziele demokratisch bzw. scheindemokratisch zu legitimieren trachtet.
Andre Krammer ist Architekt und Urbanist in Wien, Redakteur von dérive und Lehrbeauftragter am Institut für Städtebau an der TU Wien.