» Texte / Ausschweifendes Reden ist ein schöner Laster

Andreas Fogarasi

Andreas Fogarasi ist bildender Künstler und Redakteur von dérive.


Cäcilia Brown beschäftigt sich mit dem öffentlichen Raum und seinen Ordnungen und Hierarchien. Sie wählt dafür das Medium der Skulptur mit dessen ihm ganz eigenen Ordnungen und Hierarchien. Manche davon sind ganz profan – Gewicht, Volumen, Können, Farbe, Schmutz  – und manche Luxusprobleme, wie sie unlängst eine Einzelausstellung betitelt hat. Die Werktitel in jener Ausstellung lauteten dementsprechend: Aktivbürger, Aktivbürger (Kopie), Innerstädtischer Grillgeruch, Er zieht ein und ich zieh aus und auch Ohne Titel (ein typisches Luxusproblem der Gegenwartskunst in ihrem Bemühen die Welt zu fassen und für prekäre Momente ein organischer Teil von ihr zu werden).
Cäcilia Brown schweißt und gießt Stahl, Beton und Gips zu teilweise beweglichen Objekten, die Elementen des städtischen Raumes ähneln, wie Mistkübeln, Zäunen, Toren und Mauern. Doch auch destruktive Akte wie Verbrennen oder Aus-dem-Fenster-Werfen sind Teil ihrer Methoden, ebenso wie die Kopie (s.o.) und die Sammlung.
Ihr Beitrag für dérive startet mit einer Installationsansicht aus dem Leopold Museum in Wien, wo derzeit eine umfangreiche Installation von ihr zu sehen ist. Im Bildvordergrund sehen wir Auftürmungen gebogener Wachsobjekte, die hängend Raum okkupieren und den Spann­gewichten von Stromleitungen nachempfunden sind. Dahinter einen raketenförmigen Anhänger, der dem Wiener Wagenplatz Treibstoff als Toilette dient. Als letztes Bild ihres Beitrags sehen wir Cäcilia Brown selbst, die ein halbfertiges Traggerüst in Augenschein nimmt. Derzeit hat der Wagenplatz Treibstoff bestehend aus rund einem Dutzend Wagen einen temporären Platz (mit Toiletten) im 12. Bezirk gefunden. Auf Betreiben des Bezirksvorstehers wohl nur für kurze Zeit, obwohl der Grundstückseigentümer einer längeren Zwischennutzung zustimmen würde. Daher die museale Zwischennutzung des voll funktionalen Objekts, das in größtmöglichem Kontrast zu den gediegenen Museumsräumen steht, deren dunkler Holzboden und steinverkleidete Foyers den Geist des Wiener Fin de Siècle evozieren sollen.
Holzverkleidungen ganz anderer Art verwendet Brown für eine weitere aktuelle Arbeit, deren Nahsicht sie für die folgende Doppelseite gewählt hat. Ihre Sammlung von Fotos öffent­licher Toiletten in Tokio ist auf Sperrholzplatten montiert, die als Träger von Wahlkampfplakaten dienten. Deren teils idealisierte, teils gehässige Botschaften sind zur Wand gedreht, die im Raum der Zeitschrift illusorisch und papierdünn erscheint. Auf der Folgeseite schließlich sind Fragmente von Gesprächen zu lesen, die Brown mit befreundeten KünstlerInnen zu Themen wie Pünkt­lichkeit, Politik und Alltagsritualen führte.

Cäcilia Browns Arbeit ist noch bis 26. Februar 2018 im Rahmen der Ausstellung Spuren der Zeit im Leopold Museum in Wien zu sehen.