Barbara Holub

Barbara Holub ist Künstlerin und Mitglied von transparadiso, einer Platform für Architektur, Urbanismus und Kunst.

Eva Engelbert

Paul Rajakovics

Paul Rajakovics ist Urbanist, lebt und arbeitet in Wien.


In Stilllegung befindliche Eisenbahnareale sind seit einiger Zeit zum wesentlichen Thema in den Arbeiten von Eva Engelbert geworden. Waren es vor einem Jahr im Rahmen der Ausstellung in der Startgalerie im MUSA (Wien) Fotoarbeiten über den ehemaligen Wiener Nordbahnhof (Tokyo Blue und Congo Blue) die durch das blau gefilterte Licht gleichermaßen Ausblick und Rückblick für das derzeit brach liegende Areal freigeben,1 so widmet sich dieses Kunstinsert dem benachbarten Nordwestbahnhof.
Es ist kaum bekannt, dass das Gebiet des späteren Nordwestbahnhofes zwischen 1843 und 1870 ein beliebter Vergnügungspark namens Das Neue Universum gewesen ist. Die Künstlerin hat bei ihrer Recherche in der Sammlung des Wien Museums eine Mappe mit Lithographien aus der Zeit des Vormärz gefunden, die den Park mit seinen Attraktionen im damals dort befindlichen Auwald zeigen. 2008 fand ein städtebaulicher Architekturwettbewerb für das Areal des Nordwestbahnhofs statt. Die dort eingereichten Projekte wurden ebenfalls von der Künstlerin recherchiert und dann als Skulpturen in die Lithographien einmontiert. Konkret ist auf der Mittelseite ein Ausschnitt aus dem Projekt von Coop Himmelb(l)au zu sehen.
»Auf der Basis dieser reproduzierten Lithographien und verschiedenen (Sprach-)Muster, die ich sowohl in den Einreichungen eines Architektur-Wettbewerbs zur Neugestaltung des aufgelassenen Frachtenbahnhofs als auch in der politischen Rhetorik auffinde, konstruiere ich collagierte Bilder in Wechselwirkung zwischen Nostalgie und Science-Fiction. Die ausgeschnittenen Formen geben zum einen Blicke auf darunter liegende Universen frei und eröffnen zum anderen ein Spannungsfeld von sprachlicher Repräsentation, optischer Präsenz und Geschichte.« (Eva Engelbert)
Das Projekt New Univers beginnt jedoch am Ort selbst, wo Eva Engelbert an der Wand eines verlassenen Lagergebäudes den Schriftzug »TRANS« aus einer vorhandenen Werbeschrift durch Übermalung herausschält. »TRANS« steht alleine und wartet quasi auf seinen fehlenden (Wort)teil. Dieser findet sich in einer analogen Situation an einem anderen Ort (Translokation), an einem weiteren Bahnhof – dem Innsbrucker Frachtenbahnhof, der im Insert auf der dritten Seite als Fotoarbeit abgebildet ist. Auf einem von Größe und Proportionen ähnlichem verlassenen Gebäude am Innsbrucker Frachtenbahnhof steht der zweite Wortteil »FORM«. Auch dieser Bahnhof ist schon längst im Fokus zukünftiger städtebaulicher Verwertungen.
Eva Engelbert arbeitet auf mehreren Ebenen, die letztlich immer wieder die essenzielle Frage nach dem Ort selbst stellen. Was ist die postindustrielle Funktion des Frachtenbahnhofs, seine Vergangenheit, seine Zukunft, seine Analogie in der Translokation? Die Künstlerin setzt dabei fast gleichzeitig die Mittel der Realintervention, der Fotografie und Montage ein und knüpft ganz unwillkürlich an der Frage von Site und Non-Site im Sinne von Robert Smithson an.

Eva Engelbert lebt und arbeitet derzeit in Wien. Sie hat an der Universität für angewandte Kunst Wien sowie an der École Nationale Supérieure des Arts Décoratifs Paris studiert. Derzeit ist eine Arbeit der Künstlerin, noch bis 10. April 2015, in der Ausstellung Invisible Violence im Salzburger Kunstverein zu sehen.

Barbara Holub/Paul Rajakovics


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