Christoph Laimer

Christoph Laimer ist Chefredakteur von dérive.


In den ersten Diskussionen zum Schwerpunkt Stadterneuerung stellte sich für uns die Frage nach der Problemsicht der Stadterneuerung. Wann wird was und warum von wem als Problem erkannt oder zum Problem erklärt? Was sagen die „Problemfälle“ dazu? Standen vor 30 Jahren relativ konkrete Probleme im Mittelpunkt der Stadterneuerung – z.B. die Lösung von Verkehrsproblemen –, ist sie mittlerweile zum „Quartiersmanagement“ gewachsen und für mehr oder weniger jedes Problem zuständig, für das sich der Staat nicht mehr zuständig fühlt. Jens Dangschat sieht in seinem Artikel „Vom Abriss zum Abriss – der Wandel von Stadterneuerungsansätzen“, der den Schwerpunkt Stadterneuerung einleitet, im Quartiersmanagement „ein oftmals hilfloses Bemühen städtischer Verwaltungen, die Probleme von Armut und sozialer Ausgrenzung dort in den Griff zu bekommen, wo sie als Erscheinungsform auftreten, während ein Großteil der Ursachen außerhalb zu suchen ist“. Die Vorstellung durch „Gebäudereparatur (…) eine bauliche Aufwertung, eine ,bessere‘ Zusammensetzung der Bevölkerung, zufriedenere Menschen und die Wieder-Erlangung nachbarschaftlicher Netze und gesellschaftliche Integration zu erreichen – notfalls auch mit Mitteln der Verdrängung“–, ist für ihn ein „verwegener Gedanke“. Trotzdem macht seiner Meinung nach Quartiersmanagement Sinn, vor allem dann, wenn es nicht überfordert wird.

Hartmut Häußermann schildert in seinem Artikel „Stadterneuerung – postmodern“ ausgehend vom Widerstand gegen die Kahlschlagsanierungen der 1960er- und 1970er-Jahre, am Beispiel Prenzlauer Berg in Berlin, den verunglückten Versuch den Bestand an (Altbau-)Wohnungen der DDR mittels privatem Kapital und Mieterschutz zu erneuern, ohne die soziale Zusammensetzung der Quartiere zu ändern.

Alexander Hamedinger präsentiert integrierte Stadterneuerungsstrategien wie „New Deal for Communities“ oder „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt“ in England und Deutschland und hegt trotz der „neuen Qualitäten“, die er in einer „kritischen Würdigung“ feststellt, ebenfalls Zweifel, „ob mit diesen Ansätzen die Verräumlichung von Armut in seinen Ursachen bekämpft und ob damit die vielfältigen Probleme sozial, ökonomisch und städtebaulich benachteiligter Gebiete gelöst werden können“.

Philipp Rode stellt in seinem Beitrag „Bottom-Up, Empowerment, Sustainability, Upgrading: Aktuelle Stadterneuerungsstrategien in Wien“ ebensolche im Detail vor und diskutiert sie anhand von Evaluierungsergebnissen. Einer der wichtigsten Aspekte ist dabei, „die relevanten AkteurInnen in den Erneuerungsprozess zu integrieren“.

Wolfgang Förster gibt in seinem Artikel „Wiens Stadterneuerung zwischen Staat und Markt?“ einen Rückblick und Ausblick auf die Stadterneuerung in Wien aus Sicht eines verantwortlichen Vertreters der Stadt: ausgehend von den Anfängen, den bloßen Wohnhaussanierungen, über die Aufwertung des Wohnumfeldes hin zur Verflechtung von baulicher Struktur, sozialem und ökonomischem Handeln.

Den Abschluss des Schwerpunkts bilden drei Beiträge zur Veranstaltung „Kurze Nacht der Stadterneuerung – Neue Strategien der Stadterneuerung“, die anlässlich des 30jährigen Jubiläums der Wiener Stadterneuerung am 19. Juni 2004 im Bezirk Ottakring durchgeführt wurde. Zwei Beiträge, der eine verfasst von Lilli Licka und Dagmar Grimm-Pretner (Institut für Landschaftsarchitektur; Universität für Bodenkultur Wien), der andere von Erich Raith und Michael Surböck (Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen, TU Wien), zeigen die Perspektiven auf Stadterneuerung der jeweiligen Universitätsinstitute. Der dritte Beitrag von Oliver Frey, Gesa Witthöft und Mona El Khafif berichtet über die Ergebnisse eines interdisziplinären Seminars.


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