Iris Meder


Bernard Rudofsky ist selbst den meisten (jüngeren) Architekturschaffenden hierzulande bis zur derzeitigen Ausstellung im Wiener Architekturzentrum kein Begriff gewesen. Die Generation Mitte plus mag sich noch an die Ausstellung Sparta/Sybaris erinnern, die Rudofsky 1987, ein Jahr vor seinem Tod, im MAK zusammengestellt hat. Hierin liegt aber auch schon eine der prinzipiellen Schwierigkeiten, die es mit sich bringt, eine Ausstellung über Rudofsky zu machen: nicht der Versuchung zu erliegen, eine Rudofsky-Ausstellung, oder ein Surrogat einer solchen, statt einer Ausstellung über ihn zu liefern.

Rudofskys Relevanz lag nicht im Neuerfinden architektonischer Konzepte, sondern vielmehr in seinem umfassenden kultur-theoretischen Ansatz, der immer die Verbindung zum banalen Alltag und vor allem der körperlich-sinnlichen Wahrnehmung desselben hielt. Neben mehreren in diesem Sinne gestalteten Villen für sich und andere an den Meeresufern südlicher Gestade setzte Rudofsky seine ganzheitlichen Theorien eben in Ausstellungen, Buchklassikern wie Streets for People und Architecture without Architects und, darin vielleicht auch in der Tradition seiner von Adolf Loos, Oskar Strnad und Josef Frank geprägten Wiener Frühzeit stehend, beispielsweise in der Gestaltung anatomisch sinnvoller und – auch das geht! – gleichzeitig äußerst eleganter Damensandalen um (die in den USA nach wie vor produziert werden, die man im Az W-Shop aber leider nicht kaufen kann).

Die Kuratierung durch Monika Platzer und Wim de Wit hat es souverän verstanden, aus einer Überfülle an von Rudofsky zusammen-gestellten Fotoserien, Filmmaterial, Büchern, Zeitschriften, Plänen, Zeichnungen und Aquarellen eine repräsentative Auswahl zu treffen. Das glänzend gewählte Plakatsujet zeigt ein von Rudofsky in Indien aufgenommenes Foto von Kühen, auf deren Rücken sich der Schattenriss des Fotografen abzeichnet. Eben darum geht es: nicht um eine Architekturausstellung, sondern um die Reflexionen einer Persönlichkeit im Kontext ihrer umfassenden Tätigkeit.

Auch die gestalterische Konzeption der Ausstellung von polar architektur (Siegfried Loos, Margot Fürtsch) geht die Herausforderung souverän an. Architektonisch auf das Wesentliche reduziert und mit dominantem Einsatz der für Rudofsky und seinen mediterranen Lebenskreis essentiellen Farbe Weiß, mit einer „Lümmelbank“ vor der Filmprojektion als ironische Reverenz an Rudofskys Liege-Theorien und einer Installation „zum Niederknien“, bei der ein auf den Boden gedruckter Patiohaus-Grundriss von einem gepolsterten Fußschemel aus zu kontemplieren ist. Zur Ausstellung ist ein umfassender monografischer Band erschienen, der in der nächsten dérive-Ausgabe ausführlich besprochen wird.

--
Ausstellung
Lessons from Bernard Rudofsky
Architekturzentrum Wien
bis 28.5.2007


Heft kaufen