Erik Meinharter über das Symposium landscape-X-periments.
Einleitung zum Schwerpunkt "Visuelle Identität – Orte als Marken?".
Nach Olympia, Amsterdam und Hamburg wollen vom Ladyfestvirus Infizierte nun auch in Wien vom 10. bis 13. Juni 2004 ein Ladyfest veranstalten. Das ist ein Musikfestival, das auch Workshops, Filme, Ausstellungen und Orte für Auseinandersetzungen beinhaltet. Damit soll ein feministisch-politisches Statement gesetzt werden. Entstanden ist die Idee aus der Riot Grrrl-Bewegung, die Anfang der neunziger Jahre die Punkidee feministisch weiterentwickelte. Die Grrrls wollten nicht mehr nur die Freundinnen der Gitarristen sein, sondern selbst die Gitarre in die Hand nehmen. So lautete beim Ladyfest in Hamburg der Slogan »Don't fall in love with the star, be the star!«
Unter dem Label »Frauenbewegung« verbirgt sich heute eine Vielzahl an unterschiedlichen Positionen, Praktiken, Strategien und Diskurssträngen. Diese werden von einzelnen Akteurinnen, verschiedenen Frauengruppen, diversen Frauenprojekten, Netzwerken, Vereinigungen etc. lanciert und getragen. In Anbetracht der lokalen, nationalen und internationalen Verzweigungen ist deshalb die Pluralform zu wählen und von kollektiven sowie individuellen Frauenbewegungen zu sprechen. Angesichts zahlreicher Frauenbewegungen in nicht-westlichen Ländern sowie einer internationalen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Frauengruppen lässt sich das Bild von der Neuen Frauenbewegung als einer rein westlich zentrierten, weißen und mittelschichtsorientierten Solidargemeinschaft heute nicht mehr aufrecht erhalten. Auch die Auseinandersetzungen mit Rassismus und westlichem Zentrismus innerhalb von hiesigen frauenpolitischen Szenen trägt zu einer Vervielfältigung der feministischen Perspektiven bei, wenngleich diesbezüglich noch einige Arbeit zu leisten ist.
Zentrale Verhandlungsreferenz im Prozess der Vorbereitung eines Ladyfestes in Wien ist der Umgang mit so genannten öffentlichen Räumen. Hierbei geht es in erster Linie um eine Besetzung oder Umdeutung oder Überformung mit eigenen politischen Inhalten, die sich in ihrer Divergenz nicht vereindeutigen lassen. Ein Versuch des Labelns, eben mit dem historischen Produkt eines Events, der da organisiert und vor allem performt wird von Frauen, Lesben und nichteindeutig ge-genderten Akteur*nnen, deckt sehr viel zu.
Es folgen Ausschnitte aus einem Text vom August 2000, in dem wir über antirassistische feministische Öffentlichkeitsarbeit in Österreich, über ihre Möglichkeiten und Grenzen nachdenken. Viele der Überlegungen in unserem Text waren und sind Überlegungen zu antirassistischer feministischer Arbeit, aber auch Anknüpfungspunkte an ein Wissen, das von MigrantInnen erarbeitet wurde. Ohne dieses Wissen, das wir uns in Diskussionen und Kooperationen mit feministischen Migrantinnen aneignen konnten und können, hätten sie wohl kaum formuliert werden können. Wir möchten an dieser Stelle allen danken, die ihr Wissen um antirassistische Politiken und Praktiken mit uns geteilt haben. Ihr Engagement ist die Grundlage des folgenden Textes.
Das Frauenforum A room of one’s own setzt sich aus den Künstlerinnen Tanya Bednar, Carola Dertnig, Petja Dimitrova, Eva Egermann, Anita Fricek, Kristina Haider, Juma Hauser, Moira Hille, Lisa Holzer, Katharina Lampert, Ursula Mayer, Sascha Reichstein, Patricia Reschenbach, Nina Stuhldreher und Sofie Thorsen zusammen. Mit dem Titel A room of one’s own beziehen sich die Künstlerinnen auf den 1929 entstandenen Essay von Virginia Woolf und auf die Wurzeln der Frauenbewegung. Das folgende E-Mail-Interview mit Ursula Maria Probst beantworteten die Künstlerinnen im Chatroom, wodurch sich anregende Diskussionen innerhalb des Forums ergaben. Auf eine Namensnennung wurde dabei verzichtet. Gewählt wurde anstelle dessen eine numerische Unterscheidung, die mit der Abfolge der oben erwähnten Namen nicht ident ist.
Monica Bonvicini/ Sam Durant
Breakt it/ Fix it
Secession, Wien
28.11.2003 - 1.2.2004
Michael Zinganel
Real Crime
Architektur, Stadt und Verbrechen
Wien: edition selene, 2003
353 S., EUR 25
Museen, Sammlungen, Archive, Bibliotheken, sie stellen Räume der Öffentlichkeit dar. Wie die Öffentlichkeit in und an diesen Räumen partizipieren kann, wie die Öffentlichkeit in diesen Räumen eingeschrieben ist, führt uns zu den schwierigen Verhältnissen zwischen Anteilhabe und Repräsentation, zwischen Einschlüssen und Ausschlüssen. Museen und Sammlungen legen Zeugnis ab. Aus dem Bewahrten schaffen sie über die Zeit einen Kanon des Bewahrenswerten. Und so stellen diese öffentlichen Räume auch Zeugnis aus über das, was von vergangenen Öffentlichkeiten geblieben ist, sie repräsentieren, wie die Gegenwart über dieses Verbliebene befindet.
Dörte Kuhlmann, Kari Jormakka (Hg.)
building gender
Architektur und Geschlecht
Wien: edition selene, 2002
218 S., EUR 18,60
Dörte Kuhlmann, Sonja Hnilica, Kari Jormakka (Hg.)
building power. Architektur, Macht, Gender
Wien: edition selene, 2003
279 S., EUR 18,60
Am Morgen des 1. Mai 1996 begann eine KünstlerInnengruppe um Friedemann Derschmidt öffentliche Räume zu befrühstücken und hörte nicht mehr auf damit. Die das Schneeballprinzip einbeziehende Grundidee ist schlicht und durchschlagend: Eine Person lädt zum Frühstück. Die geladenen Personen (in der Regel vier an der Zahl) verpflichten sich, am nächsten Tag (oder zum ihnen nächstmöglichen Zeitpunkt) jeweils ein weiteres öffentliches Frühstück abzuhalten, dessen Gäste wiederum ehebaldigst frühstücken und so fort. Tatsächlich wurde das öffentliche Frühstücken mehr und mehr Kult, konnten immer öfter Menschen beobachtet werden, die sich – auf Plätzen und in Parks, in leeren Springbrunnen und in freien Parklücken – um einen gepflegten Frühstückstisch versammelt hatten, wovon neben der Vielzahl von mündlich überlieferten Frühstücken hunderte von postalischen Rückmeldungen nebst Fotos (u. a. von FrühstückerInnen aus Prag, Berlin, Oslo, Taichung und New York) zeugen
Der Häuserkampf in den 1970ern und `80ern war in Deutschland eines der wichtigsten Betätigungsfelder der linksradikalen Bewegung. Anders als in Österreich gelang es in vielen Städten allen voran Frankfurt, Hamburg und Berlin über einen relativ langen Zeitraum zahlreiche Häuser zu besetzen. Mit der zunehmenden Repression zerfiel die Bewegung in solche deren Ziel ein alternativer Lebensstil war und andere die Hausbesetzungen nur als einen Aspekt ihres politischen Tätigkeit sahen.
Temporäre Nutzungen tauchen seit einiger Zeit und immer öfter als neuer Begriff, als eine neue städtebauliche Methodik im Planungsdiskurs auf. Vor dem Hintergrund spezifischer Beispiele scheint klar zu sein, worum es sich dabei handelt; will man die einzelnen Phänomene jedoch verallgemeinern, treten einige Fragen auf: Was unterscheidet eine »temporäre Nutzung« von einer »normalen Nutzung«? Zeichneten sich städtische Nutzungen nicht immer schon durch ihren temporären Charakter aus? Tendieren gegenwärtig nicht alle Nutzungen dazu, kurzlebiger zu werden? Was ist überhaupt eine »Nutzung«? Was temporäre Nutzungen jedenfalls zu leisten scheinen, ist jede Menge Dekonstruktionsarbeit: Sie stellen Planung und mehr noch deren Voraussetzungen ganz grundsätzlich in Frage.
In seinem Beitrag für das Projekt tempo...rar versucht das Büro für kognitiven Urbanismus eine Vorstellung des Temporären zu vermitteln, die in der temporären und zwischenzeitlichen Nutzung leerer oder verfügbarer Räume weniger den experimentellen Prototyp für eine längerfristige Verwendung erkennt, sondern in der Temporalität, im limitierten Zeitraum, auch Züge einer räumlichen und urbanen Qualität begreift.
Mit Fragen zum Thema des Temporären, des Flexiblen, Kurzzeitigen und Vorübergehenden sowie des damit verbundenen Anstiftungspotenzials zur Identität von Orten durchwanderten wir im Mai 2003 in Form des Symposions tempo..rar die Stadt Wien. Unterschieden werden sollte der temporäre Ort von einer temporären Nutzung des Ortes, die Frage war, worin denn die Beziehung zwischen Ort und Nutzung/NutzerIn bestehe.
Wir, transparadiso, arbeiten gerade an einem urbanen »Forschungs«projekt, welches weniger einer »Lösung« für innerstädtische Brachflächen (zu diesen würde man in einer traditionellen Begrifflichkeit auch leerstehende Geschäftslokale hinzuzählen) nachgeht, sondern das vielmehr aus diesen urbanen Symptomen eine neuartige Interpretation der jeweiligen »brachen Orte« zulassen soll. Wir nennen dieses Forschungsprojekt »Indikatormobil«.